■ Volleyball: In Berlin wird weiter gehamstert
Berlin (dpa/taz) – Nach 70 Minuten war alles vorbei und allen klar: Die Titelhamster stammen wieder einmal aus Berlin: Der CJD Berlin bleibt Deutschlands weibliches Volleyball-Dream-Team. Nach dem Hattrick im Vorjahr (Europacup, deutsche Meisterschaft, Pokalsieg) nun das nationale Double. Im vierten Play-off- Finale gegen den Schweriner SC machten die Frauen aus dem christlichen Jugenddorf vor 1.600 Besuchern ihre zweite deutsche Meisterschaft perfekt – dank eines überraschend glatten 3:0 (15:11, 15:9, 15:11). Was Wunder, hatten ihre Vereinsvorgängerinnen zwischen 1962 und 1991 als SC Dynamo und SC Berlin eifrig geübt und 20 DDR-Meistertitel nach Hohenschönhausen geholt. Und die christlich-jugendliche Nachfolgerinnen der sozialistischen Sportclubs vor 13 Wochen den deutschen Pokal zum dritten Mal in Folge.
Trotz der Titel vom Fließband, mehr als sieben Stunden Fernsehübertragungen mit Berliner Beteiligung und einer für die mediale Mauerblümchen-Sportart vergleichsweise beachtlichen Resonanz in den lokalen Medien schwebt man in Berlin nicht im Himmel über Berlin. 30.000 Mark Miese in einem Etat, der von ursprünglich 800.000 Mark auf 720.000 gestutzt wurde, schlagen auch Siegertypen aufs Gemüt. Und so muß gar CJD-Präsident Norbert Bücker ein bißchen weinen: „Jedes Jahr wird bei uns ein Drahtseilakt, zumal der Senat die Zuschüsse weiter kürzt.“
Ebenso unsicher ist die Personalpolitik. Hatte sich im Vorjahr noch alles um eine gedreht – Susanne Lahme (Model und Ausnahmespielerin), die sich dann gen Italia verabschiedet hatte, stehen heute Fragezeichen gleich hinter mehreren – Grit Naumann und Maike Arlt. Auch Rita Göbert will sich lieber um ihren eigenen Nachwuchs kümmmern, als immer wieder Bälle übers Netz zu schmettern. Das schert Siegbert Brutschin wenig. Der Manager macht in Optimismus: „Ich gehe davon aus, daß keine Spielerin den Verein verläßt.“
Reformbedürftig scheint der Modus. Das muß selbst Trainer Volker Spiegel zugeben, einer derjenigen, der sich den Unwillen der Konkurrenz zugezogen hat, weil er dessen Lücken am geschicktesten auszunutzen verstand und sich deshalb großzügig in der Vorrunde mit Platz vier zufriedengeben konnte. Aber auch Spiegels Selbstverteidigung ist eines Siegers würdig: „Die Nörgelei, ich kann sie nicht mehr hören, kommt doch nur aus der Ecke der Unterlegenen.“ The winner takes it all.
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