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Volksentscheid Münchner Flughafen"Koa Dritte"

München lehnt die dritte Startbahn des Flughafens ab. Die Initiatoren des Volksentscheids sind glücklich, Betreibergesellschaft und Landesregierung weniger.

Auch weiterhin im Anflug auf eine der nur zwei Landebahnen: Flugzeug am Münchner Flughafen. Bild: dapd

MÜNCHEN taz | Die Münchner BürgerInnen haben am Sonntag den umstrittenen Bau der geplanten dritten Start- und Landebahn am Flughafen im Erdinger Moos per Bürgerentscheid verhindert.

Laut dem vorläufigem Endergebnis stimmten 54,3 Prozent gegen das rund 1,2 Milliarden Euro teure Projekt. 45,7 Prozent waren dafür. Nun muss die Stadt München, die neben Bayern und dem Bund Mitanteilseignerin ist, in der Gesellschafterversammlung gegen den Bau votieren.

Flughafen-Chef Michael Kerkloh bedauerte den Ausgang des Bürgerentscheids und sprach von einem negativen Signal für München und den gesamten Freistaat Bayern. Es sei nun schwieriger, die vor 20 Jahren begonnene Erfolgsgeschichte des Airports weiterzuführen. „Die Münchner denken nicht so weit in die Zukunft, wie sie es tun sollten“, sagte der Flughafenchef.

Bayerns Staatsregierung unter CSU-Chef Horst Seehofer hatte ebenso wie der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) massiv für den Ausbau geworben. Durch diesen sollte die Kapazität des Flughafens von 90 auf 120 Starts und Landungen pro Stunde erhöht werden.

Nötig ist der Ausbau nach Auffassung der Befürworter, weil der Flughafen nach Prognosen bald an seine Kapazitätsgrenzen stößt. So werden für dieses Jahr an die 40 Millionen Passagiere in München erwartet, bis 2025 soll die Zahl auf über 58 Millionen und damit ähnlich viele wie derzeit am größten deutschen Flughafen Frankfurt steigen.

Doch eine politische Stadt

Auf Seiten der Ausbaugegner indes war die Freude über den Ausgang des Entscheids groß. „Die Münchnerinnen und München haben Solidarität mit dem Umland bewiesen“, sagte die Sprecherin des Bündnisses „München gegen die 3. Startbahn“ Katharina Schulze der taz. Sie hätten gezeigt, dass ihnen die Nachhaltigkeit bei Infrastrukturprojekten am Herzen liege und das ökonomische Prinzip Wachstum um jeden Preis abgewählt.

Insgesamt beteiligten sich 32,8 Prozent der 1,04 Millionen Wahlberechtigten an dem Bürgerentscheid. „In Herbst wurden wir noch belacht“, so Schulze. „Aber jetzt hat sich gezeigt, dass München doch eine politische Stadt ist.“

Im Vorfeld der Abstimmung war immer wieder befürchtet worden, dass den MünchnerInnen der Ausbau des Flughafens egal sein könnte, denn von den negativen Auswirkungen einer dritten Startbahn sind sie kaum betroffen. Die unmittelbaren Anwohner durften bei der Abstimmung am Sonntag nicht mitentscheiden, weil nur die Stadt München, nicht aber die Umlandregion, über eine Stimme in der Gesellschafterversammlung der FMG verfügt. Deshalb hatte die Anwohnerinitiative AufgeMuckt das Bürgerbegehren gemeinsam mit den Münchner Grünen initiiert.

An den Bürgerentscheid ist die Stadt München nun ein Jahr lang gebunden. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der im nächsten Jahr bayerischer Ministerpräsident werden will, machte aber im Vorfeld deutlich, dass das Votum für die Stadt „eine endgültige Bedeutung“ habe.

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11 Kommentare

 / 
  • DW
    Das war kein Volksentscheid!

    Startbahn hin oder her, das war kein Volksentscheid. Der Flughafen ist nicht in München. Es ist ein bayerischer Flughafen in Erding. Deshalb müsste der Volksentscheid ein bayerischer Volksentscheid sein. Ich bin gegen die Startbahn aber was die SPD abzieht ist ein Mißbrauch der Demokratie, nichts anderes. Man versucht bei gewogenem Publikum abstimmen zu lassen und mit juristischen Haken und Ösen etwas zu verhindern was man demokratisch fürchtet nicht verhindern zu können. Da kann der nächste "Volksentscheid", sagen wir zur Ökosteuer, beim ADAC abgehalten werden. Oder ein Volksentscheid zum Länderfinanzausgleich Berlins in Bayern. Diese Einstellung zur Demokratie habe ich mir gemerkt. So eine Einstellung wählt man als Demokrat nicht. Die taz wäre eigentlich dazu da daruf hinzuweisen, es sei denn man sieht Demokratie nur als Vehikel um als Minderheit seinen Willen anderen aufzuzwingen.

  • RF
    Rainer Fendt

    Nun ist ein Votum auf dem Tisch. Wenn man beklagt dass die Wahlbeteiligung besser hätte sein können, das Argument stimmt immer.

    So wie der Flughafen derzeit konditioniert ist, kann er seine Aufgabe erfüllen und man sollte es nun gut sein lassen. Demokratie zu oft als Zerrspiegel der Wirklichkeit aussehen zu lassen, das beschädigt sie dann auch mehr und mehr.

    Man sollte sich in der CSU dringend besinnen.

  • SS
    Sonja Sonne

    Erstaunlich:

     

    Die MünchenerInnen sind vernünftiger als die Baden-WürttembergerInnen!

     

    Die MünchnerInnen haben eine 3. Startbahn abgelehnt. Die baden-Württembergerinnen hatten (im nicht rechtsverbindlichen) Volksentscheid für den Bau des etrem tezúren und verkehrstechnisch unsinnigen unterirdischen S 21 Bahnhofs gestimmt.

  • BB
    Baumeister Bob

    Bin als Pendler haeufig in Warteschleifen und -schlangen in MUC, daher sicherlich nich unvoreingenommen. Unabhaengig davon aber absurd, die Entscheidung fuer oder gegen den Bau eines solchen Projekts mit Auswirkungen fuer das kommende halbe Jahrhundert von Laien und vor allem voellig Unbeteiligten faellen zu lassen. Jede Freisinger Buergerinitiative haette mein Verstaendnis trotz meiner anderen Meinung, auch natuerlich der Wunsch nach angemessenen Entschaedigungen der Laermbetroffnenen, nicht aber diese Blockade durch ewignoergelnde Verweigerungsbuerger in 35 km Entfernung.

     

    Eine Prise Dubai oder China wuerde unserer Infrastrujkturpolitik guttun.

  • C
    Clara

    Kann der Argumentation des Herrn Rainer nur zustimmen! Außerdem hätten ja mehr wählen gehen können. Wenn es umgekehrt verlaufen wäre und sich die Betroffenen aus dem Umland beschwert hätten, würde man sagen, sie sollen doch Ruhe geben! Und wir brauchen uns nichts vormachen, es wird trotzdem gebaut werden! Warten wir mal die Wahlen im nächsten Jahr ab und schauen wir, was plötzlich dann aus dem Hut gezaubert wird! Aber dann möchte ich die sogenannten jetzigen Antidemokratie-Schreier dann äußern!

  • R
    Rainer

    Wer sich die gegen eine dritte Startbahn sprechenden Argumente aufmerksam durchgelesen hat, konnte eigentlich nur gegen den Bau stimmen (Rückläufiger Flugverkehr, steigende Treibstoffpreise, keine neuen Arbeitsplätze (siehe Frankfurt) etc.)

    Von wegen Demokratie ad absurdum, hier wurde nur der Stadt München als einer der drei Mitgesellschafter der Flughafenbetreibergesellschaft ein Mandat gegeben, also keineswegs für ganz Bayern entschieden. Bevor hier gemeckert wird, wäre es sinnvoll den Sachverhalt zu kennen. Das ist dann Demokratie ad absurdum: mit Null Sachverstand über Dinge zu lästern, von denen man keine Ahnung hat.

  • DA
    Demokratie ad absurdum

    Eine kleine Minderheit aus der Besserverdiener-Hochburg München, dem linken Epizentrum Bayerns, bestimmt über einen gesammtbayerischen Flughafen. Die beteiligung ist mau, da bei 30 Grad der münchner der vom Flughafen nicht betroffen ist lieber beim Baden oder im Biergarten zu finden ist. Dauerengagierte Lehrer und sonstige Verbotsfreunde haben nichts besseres zu tun. Direkt Betroffene dürfen ebenso wenig mitreden wie der Rest Bayerns. Das ist doch mal Demokratie wie sie der taz gefällt. Ich bin dafür das nächste mal über Münchner Finanzen in Nürnberg abstimmen zu lassen und über Strafen für Kiffen in Kreuzberg wird im Vatikan abgestimmt. Die Startbahn kann ich nicht beurteilen, finde aber saftige finazielle Entschädigungen für Betroffene notwendig. Sonst kann man bald nichts mehr bauen. Mit einer Antidemokratie wie hier exerziert kann man bald aber nicht mehr leben.

  • P
    pengertz

    Man sollte schon mal klarstellen, dass ca. 18 % der wahlberechtigten Münchner die dritte Startbahn nicht wollten, von einer Mehrheit ist man also weit entfernt! Mir graut langsam davor, dass immer kleinere Minderheiten anderen Menschen vorschreiben wie diese zu leben haben! Das sage ich, obwohl ich Vorbehalte gegen die Startbahn habe.

  • H
    Hilmar

    Wohnen die drei komiker, Uhde/Seehofer/kerkloo, auch da in der Einflugschneise ?? Wie heißt es doch so schön: "Aus vollen Hosen ist gut stinken!"

  • G
    GER

    Nun wird München ins Mittelalter zurückfallen.

    Die meisten müssen betteln gehen und auf der Strasse schlafen.Keiner kann sich mehr die Spiele im der Arena ansehen, weil man sie sich nicht mehr leisten kann.Der Flughafen wird verwaisen und auf der Landebahn wird Gras wachsen.:-) Liebe Münchner lasst euch nicht verarschen wenn jetzt die Politiker schimpfen das das ein enormer Rückschritt für München wäre.

  • B
    Bayern-Fan

    Schon mal notieren: 15. September 2013. An diesem Tag wird Bayern eine Demokratie, und wer das Land in Zukunft regiert ist völlig unklar. So muß es sein.

     

    Denn seit gestern stehen sowohl CSU-Seehofer als auch SPD-Ude bis auf die Knochen blamiert da, und vom Baukonzernzäpfchen FDP wollen wir gar nicht erst reden:

     

    - Selbst eine horrend teure Werbekampagne hat nichts genützt.

     

    - Selbst die Beschränkung der Abstimmung auf die beim Bau der Bahn gar nicht von Fluglärm betroffenen Münchner hat nichts genützt.

     

    Der gestrige Tag hat nicht nur gezeigt, daß die Münchner keine sinnlose dritte Startbahn wollen. Er hat vor allem gezeigt, daß sie sich nicht weiter von der CSU-SPD-FDP-Mafia verarschen lassen wollen.