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Volksentscheid Baum BerlinVetrauen sieht anders aus

Die Initiative Volksentscheid Baum lässt sich auf Verhandlungen mit der Koalition über ihr Gesetz ein. Die Skepsis ist aber noch nicht verflogen.

Auch bei den Verhandlungen mit der Koalition ist jetzt Coolness gefragt Foto: IMAGO / IPON

Berlin taz | Die Initiative Volksentscheid Baum lässt sich auf Verhandlungen mit den Fraktionen von CDU und SPD über eine Kompromisslösung ein – und doch herrscht bei den AktivistInnen weiterhin Skepsis, ob die Koalitionsparteien es wirklich ernst meinen. Am Donnerstagnachmittag beschloss das Baumentscheid-Plenum, Gespräche mit den Fraktionsspitzen aufzunehmen, sobald diese konkrete juristische Änderungsvorschläge vorlegten. Man bewerte deren Liste an inhaltlichen Fragen als „überschaubar und lösbar“. Allerdings verlangt die Gruppe, dass auch umweltpolitische FachpolitikerInnen der Fraktionen an den Verhandlungen teilnehmen.

Diese und andere Forderungen übermittelte die Initiative am selben Tag in einem Schreiben den Fraktionen von CDU und SPD. In einer Pressemitteilung erläuterte sie ihre Sicht auf die noch „offenen Fragen“ der Fraktionsspitzen, die am Mittwoch bekanntgegeben hatten, das Gesetz zusammen mit dem Baumentscheid überarbeiten zu wollen. Einige dieser Themen seien im Rahmen der juristischen Zulässigkeitsprüfung längst einvernehmlich mit der Senatsinnenverwaltung gelöst worden, hieß es in der Mitteilung. Insbesondere zum geplanten „Kontrollrat für Klimaanpassung“ und zur Frage, wer Bäume pflanzen dürfe, sei damals schon „seitenweise juristische Prosa verfasst worden“.

CDU und SPD hätten „seit Monaten keine konkreten juristisch formulierten Verbesserungs- oder Alternativvorschläge übermittelt“, kritisierte die Initiative. Nun erwarte sie bei den Gesprächen „volle Transparenz von der Gegenseite“, die Einbindung der FraktionsexpertInnen sowie den Versuch, auch die Opposition mitzunehmen: „Mit Fachpolitikern statt nur mit Machtpolitikern zu sprechen und eine parteiübergreifende Einbindung des Parlaments – das wäre der Sache angemessen“, formulierte es Mitinitiator Heinrich Strößenreuther.

Strößenreuther hatte als realistischen – und aus seiner Sicht wohl wünschenswerten – Ausgang der Auseinandersetzung um den Volksentscheid vor Kurzem folgendes Szenario skizziert: Parlament und Initiative einigen sich auf einen Kompromiss, bei dem „alle am Ende ein wenig unzufrieden sind“, aber 90 Prozent des Vorhabens erhalten bleiben.

Alternativ dazu könnten die regierenden Parteien den Gesetzentwurf so stark verwässern, dass die Initiative vors Verfassungsgericht ziehen müsste, wollte sie verhindern, dass unter dem Label ihres Vorhabens etwas verabschiedet würde, was diesem gar nicht entspräche. Mit diesem Szenario, das aktuell eher nicht mehr im Raum steht, könnte die Koalition die Initiative gewissermaßen austricksen: Der Abstimmungstermin für einen Volksentscheid – sollte das Gericht zu Gunsten der AktivistInnen entscheiden – fiele dann womöglich nicht mehr auf den Wahltag im kommenden Jahr. Das aber ist eine wichtige Voraussetzung, um das Teilnahmequorum zu erreichen.

Die Initiative bleibt skeptisch

Auch jetzt bleibt man beim Baumentscheid misstrauisch, was mögliche Verzögerungstaktiken angeht. Um den fristgerechten Termin eines Parlamentsbeschlusses am 3. November einhalten zu können, werde jetzt alles getan, um mit den Fraktionen noch vor Beginn der Herbstferien zu einem abgestimmten Beschlussentwurf zu kommen. Dass die PolitikerInnen immer noch „Verständnisprobleme“ haben, sorgt beim Baumentscheid für Skepsis: „Das Hin und Her hilft nicht zu vertrauen“ sagte Mobilisierungsmanagerin Julia Pohl. Sollte das Gesetz nicht zügig und eindeutig beschlossen werden, „gehen wir an den Start“. Sprich: Dann werden eben doch Unterschriften für einen Volksentscheid an den Wahlurnen gesammelt.

Auch wenn die CDU zuletzt Entgegenkommen signalisiert hat: Spannend wird es auf jeden Fall noch beim Thema Parkraum. Denn mit der Umsetzung des aktuellen Gesetzentwurfs würden wohl deutlich mehr Straßenparkplätze für Autos wegfallen, als CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hinzunehmen bereit ist. Dem schwebt eher vor, im Zweifel Teile des Gehwegs für Pflanzungen zu opfern.

In einem Statement zu den offenen Punkten erläuterte die Initiative nun noch einmal, dass die Breiten von Fuß- und Radwegen schließlich vom Berliner Mobilitätsgesetz vorgegeben seien. Außerdem: „Bäume schützen primär vulnerable Gruppen, die wiederum primär zu Fuß unterwegs sind. Die Bäume nun auf genau die Flächen zu stellen, wo vorgenannte Menschen unterwegs sind, wäre gegen die Zielsetzung des Gesetzes.“

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