Volksbegehren in Brandenburg: Kompromiss lässt Bauern schäumen
Der Brandenburger Landtag nimmt das erfolgreiche Volksbegehren gegen Massentierhaltung an. Doch die Bauern demonstrieren vor dem Parlament: Sie sind wütend.
Das Volksbegehren wurde daraufhin auf Antrag der Initiatoren vom Landtag einstimmig für erledigt erklärt. Damit ist auch ein Volksentscheid über die Forderungen vom Tisch.
Gegen die Einigung zwischen der Landesregierung und den Tierschützern hatten am Mittag hunderte Landwirte mit einem Trecker-Korso vor dem Landtagsschloss demonstriert. „Es stinkt zum Himmel, dass sich der Brandenburger Landtag nicht für die Bauern und ihre Familien einsetzt, sondern gegen die Menschen entscheidet“, sagte der Präsident des brandenburgischen Landesbauernverbandes, Henrik Wendorff. „Die Verantwortlichen sollten sich Gedanken um das Überleben der gebeutelten Betriebe machen, stattdessen beschließen sie neue kostenträchtige Auflagen.“
Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) erklärte, die Landwirtschaft sei der wichtigste Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. „Landwirtschaft und Tierhaltung gehören zusammen und sichern Einkommen, ohne die der ländliche Raum für die Bewohner ökonomisch nicht existieren kann.“ Aber auch die Ansprüche der Verbraucher müssen berücksichtigt werden. „Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft und um die Akzeptanz“, sagte Vogelsänger. „Beides zusammen zu bringen ist die Zielsetzung und die große Herausforderung.“
Auch SPD-Fraktionschef Mike Bischoff erklärte, man müsse auf die demografischen Veränderungen im Land und auf die neuen Erwartungen vieler Menschen an ihre Nahrungsmittel zu reagieren. Eine wochenlange Auseinandersetzung mit einem anschließenden Volksentscheid hätte viele Verlierer und kaum Gewinner gebracht, sagte Bischoff. Im übrigen gingen viele Maßnahmen – etwa ein verringerter Einsatz von Antibiotika und Düngemitteln – in eine Richtung, die die Landwirtschaft schon selbst eingeschlagen habe.
Bischoff betonte, dass das geforderte Klagerecht von Tierschutzverbänden gegen neue Mastställe abgewendet worden sei. Damit wären notwendige Modernisierungen von 30 bis 50 Jahre alten Ställen ausgebremst worden, meinte der Fraktionschef. „Wir haben uns dagegen verwahrt, über ein Verbandsklagerecht die notwendigen Investitionen zu blockieren.“
Für die CDU-Opposition begrüßte der Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann den Wegfall des Verbandsklagerechts. Auch er sprach sich für gute Haltungsbedingungen für die Tiere in den Anlagen aus. „Die Haltung darf sich nicht nach der Größe der Ställe richten, sondern nach dem größtmöglichen Tierwohl“, sagte er. Die CDU forderte zudem eine Nutztierstrategie, mit der die Wirksamkeit der öffentlichen Förderung von Ställen, der Viehbestand und Entschädigungen für Land- und Teichwirte bei Schäden durch geschützte Tierarten wie dem Kormoran und den Wölfen geprüft werden sollen.
Linken-Fraktionschef Ralf Christoffers sagte, die Landwirtschaft leide nicht an dem für das Volksbegehren gefundenen Kompromiss, sondern an den niedrigen Milch- und Fleischpreisen. „Das ist die Stellschraube, an der wir gemeinsam drehen müssen“, sagte er. Die von der CDU geforderte Nutztierstrategie könne Bestandteil des geplanten Tierschutzplans werden, meinte er.
Der Grünen-Abgeordnete Benjamin Raschke erklärte, die Grünen würden nun aufmerksam verfolgen, ob Rot-Rot die zugesagten Maßnahmen umsetzen. Die Grünen bedauern, dass das Klagerecht für Verbände dem Kompromiss zum Opfer gefallen ist. Daher enthielt sich die Fraktion bei der Abstimmung. Die Gruppe BVB/Freie Wähler lehnte den Kompromiss ab, die AfD stimmte mehrheitlich dafür.
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