Volksbegehren als unzulässig abgelehnt: Senat haut auf den S-Bahn-Tisch
Senat hält das Volksbegehren "Rettet unsere S-Bahn" der Initiative S-Bahn-Tisch für unzulässig. Nun soll das Verfassungsgericht die Rechtmäßigkeit klären.
Der rot-schwarze Senat hat die Forderungen der Initiative S-Bahn-Tisch zurückgewiesen und das von dieser initiierte Volksbegehren "Rettet unsere S-Bahn" als unzulässig eingestuft. Zum einen seien viele vorgesehene Maßnahmen in der festgeschriebenen Zeit nicht umsetzbar, hieß es, zum anderen würden die Forderungen in bestehende Verträge eingreifen. Die Initiatoren sehen in der Absage des Senats einen "Schlag ins Gesicht" ihrer mehrere zehntausend Unterstützer. Sie wollen, falls das Abgeordnetenhaus nicht wider Erwarten binnen vier Monaten ihre Forderungen übernimmt, nach den Sommerferien weiter sammeln und einen Volksentscheid erreichen. Den letzten Entscheid gab es 2011 zur Offenlegung der Wasserverträge.
Der S-Bahn-Tisch - so genannt in Anlehnung an die Initiative Wassertisch - wendet sich gegen einen allein profitorientierten Betrieb der S-Bahn und fordert mehr Personal. Als erste Stufe zum Volksentscheid sammelte er über 28.000 gültige Unterschriften, rund 8.000 mehr als nötig. Den Entscheid gibt es, wenn in einer zweiten Stufe rund 170.000 Unterschriften zusammenkommen. Die Argumentation der Initiative: Bei einer vom Senat angestrebten Ausschreibung bestehe die Gefahr, dass Gewinnstreben die Probleme vergrößere. Nach Wartungsmängeln steht seit 2009 nur ein Teil der S-Bahn-Waggons zur Verfügung.
Faktisch wird die S-Bahn schon derzeit privat betrieben: Die S-Bahn GmbH ist ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen, genauso wie ihre Mutter, die zwar bundeseigene, aber auf Gewinnkurs getrimmte Deutsche Bahn AG. Deren lange geplanter Börsengang gilt als Ursache der Einsparungen und Wartungsmängel, die zu vielen Ausfällen bei der S-Bahn führten.
Verkehrssenator Michael Müller (SPD) hatte erst am Montag angekündigt, im März die Details einer Ausschreibung festzulegen. Dann soll es einen "vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb" geben (taz berichtete).
Weil der Senat den Gesetzestext, über den bei einem Volksentscheid abgestimmt würde, für problematisch hält, soll nun das Landesverfassungsgericht die Rechtslage klären. Schon beim Volksbegehren zu den Wasserverträgen hatte der Senat eine solche Prüfung beantragt, vom Gericht aber gehört: Das geht nur nach dem Volksentscheid. Nach einer Gesetzesänderung soll das nun anders sein.
Der Verein Mehr Demokratie hält das Vorgehen des Senats für fragwürdig: Man hätte den S-Bahn-Tisch bei einem verpflichtenden Beratungstermin auf Mängel hinweisen müssen, findet Vorstandssprecher Michael Efler. Er hofft auf eine schnelle Gerichtsentscheidung, damit der Senat nicht zwischenzeitlich Fakten schaffen kann: "Wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit zu lange hinausgezögert wird, macht ein Volksbegehren möglicherweise keinen Sinn mehr."
Der Sprecher des S-Bahn-Tischs, Rouzbeh Taheri, wandte sich mit harten Worten gegen den Senat. Dieser habe deutlich gezeigt, dass er von Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie nichts hält. "Der Senat hat Angst vor dem Willen des Volkes", sagte Taheri. "Diese Angst ist angesichts breiter Mehrheiten gegen Privatisierung in der Bevölkerung begründet."
Die Linksfraktion stellte sich klar hinter die Initiative: Berlin müsse einen eigenen Fahrzeugpark aufbauen, um unabhängig von der Deutschen Bahn zu werden. "Die Alternative zur Bahn ist kein profitorientierter Betreiber, sondern ein öffentliches Unternehmen", sagte ihr neuer verkehrspolititischer Sprecher, der langjährige Wirtschaftssenator Harald Wolf.
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