Volksbegehren "Pro Reli": Gott fehlen noch 100.000 Stimmen
Zur Halbzeit hat die Initiative "Pro Reli" erst ein Drittel der notwendigen Unterschriften. Die Initiatoren des Volksbegehrens für mehr Religionsunterricht sind dennoch zuversichtlich. Kritik von der Kirchenbasis im Osten
Zur Halbzeit gibt sich die Bürgeraktion "Pro Reli" zuversichtlich. Mehr als 70.000 Unterschriften hat das Bündnis nach zwei Monaten zusammen. "Das Volksbegehren gewinnt zunehmend an Fahrt", sagt der Vorsitzende Christoph Lehmann. Zwar muss die Initiative bis Ende Januar noch 100.000 weitere Unterschriften sammeln. Nur dann kommt es zum Volksentscheid. Doch auch Michael Efler von "Mehr Demokratie e. V." räumt der Initiative gute Chancen ein, ihr Ziel zu erreichen. "Gerade in den letzten Aktionswochen ist die Resonanz immer besonders groß." Trotzdem warnt Efler: "Noch ist nichts in trockenen Tüchern."
Ziel der Bürgeraktion ist die Wahlfreiheit zwischen den Fächern Ethik und Religion. Derzeit ist Ethik Pflichfach ab Klasse sieben, Religionsunterricht kann freiwillig zusätzlich besucht werden. Neben großen Plakataktionen und Briefen an alle Kirchenmitglieder setzt "Pro Reli" vor allem auf die Unterstützung der Kirchengemeinden. Doch dort geht die Meinung über die geforderte Wahlfreiheit auseinander.
Die Beauftragte für Religionsunterricht der Stadtbezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick, Anna-Katharina Seeber, schätzt, dass nur "rund 50 Prozent die Aktion aktiv unterstützen". Der Rest sei entweder "träge" oder gegen die Initiative. "Einige Gemeindekirchenräte haben das Sammeln von Unterschriften verboten", berichtet sie. In einer Ost-Berliner Gemeinde sei eine Religionslehrerin sogar aus der Kirche geschmissen worden, als sie Unterschriften für "Pro Reli" sammeln wollte.
Kritisch zu "Pro Reli" steht auch der Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Friedrichstadt, Matthias Loerbroks. "Im Ethikunterricht kommen Schüler verschiedener Konfessionen und Anschauungen miteinander ins Gespräch. Das halte ich für wichtig", sagt er. Trotzdem hat er das Anliegen von "Pro Reli" in seiner Gemeinde vorgetragen. Gemeldet, um Unterschriften zu sammeln, habe sich aber niemand.
Anders sieht es in der katholischen St.-Marien-Gemeinde in Friedenau aus. Zweimal in der Woche sammeln Pia von Saldern und ihre Kolleginnen Unterschriften für "Pro Reli". 1.400 hätten sie bereits zusammen, sagt sie. "Und wir sammeln weiter."
Der "Pro Reli"-Vorsitzende Lehmann ist zuversichtlich, die 170.000 Unterschriften zu erreichen, auch wenn er angesichts der aktuellen Ergebnisse nicht "euphorisch" sei. Er setzt vor allem auf die Stimmen der Weihnachtschristen im Dezember. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Rücklauf am Ende enorm ist."
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