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Volksabstimmungen in der SchweizMit Knarre, aber ohne Burka

Das Kanton Tessin stimmt für ein Verhüllungsverbot. Parallel wurde in der ganzen Schweiz über die Wehrpflicht abgestimmt: Sie bleibt mit großer Mehrheit.

Hübsch: Plakat der „Gruppe für eine Schweiz ohne Armee“ (GSoA). Bild: dpa

GENF/BERN afp/dpa | Als erster Schweizer Kanton führt das Tessin ein Verhüllungsverbot ein. Nach einer Hochrechnung des Rundfunksenders RSI votierten 65 Prozent der Stimmberechtigten bei einem Referendum am Sonntag für eine entsprechende Initiative.

Diese schlägt vor, die Kantonsverfassung um einen Passus zu erweitern, in dem es heißt: „Niemand darf sein Gesicht auf öffentlichen Straßen und Plätzen verhüllen oder verbergen. Niemand darf eine andere Person aufgrund ihres Geschlechts dazu zwingen, ihr Gesicht zu verhüllen.“

Zwar richtet sich die Initiative nicht direkt gegen Muslime, ihre Verfechter sind jedoch als Islam-Kritiker bekannt – weshalb weithin auch von einer Anti-Burka-Initiative gesprochen wurde. Bei muslimischen Verbänden in der Schweiz sowie bei Amnesty International stieß das Projekt auf scharfe Kritik.

Wehrpflicht, ja bitte

Neben dem Verhüllungsverbot wurde in der Schweiz auch über die Wehrpflicht abgestimmt: Nach Hochrechnungen und ersten Auszählungsergebnissen der Volksabstimmung am Sonntag sprachen sich mehr als zwei Drittel gegen die Abschaffung aus.

„Das Volk steht zur Miliz und zur Wehrpflicht“, sagte der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, Denis Froidevaux, in einer ersten Reaktion. Man müsse dennoch über Reformen nachdenken wie zum Beispiel darüber, ob das Militär nicht künftig auch Frauen und Ausländern offen stehen sollte.

Die Initiative zu dieser Volksabstimmung war von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) gekommen, die seit Ende der 1980er Jahre bereits zweimal mit solchen Referenden gescheitert war. Die Initiative will statt des bisherigen Systems kein Berufsheer, sondern eine Freiwilligenmiliz aus Männern und Frauen. Die Regierung hatte gewarnt, dass sich dafür nicht genügend Kandidaten melden würden.

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26 Kommentare

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  • L
    Leserin

    Die Schweiz ist ein eigener Staat der nicht der EU angehört. Wenn sich die Menschen dort gegen die Burka entscheiden dann ist das so. Ich vermisse den Aufschrei gegen die Frauenunterdrückung in Saudiarabien oder Afganistan. Warum sollten hier in Europa , wo man es noch verhindern kann, solche Verhältnisse entstehen?

  • Eine Verhüllung hat in unserer westlichen Kultur nichts verloren.

    Wenn Muslime im Westen leben, bedeutet das ja, daß ihnen irgendwas besser gefällt als in der ursprünglichen Heimat.

    Sonst würden sie ja dort bleiben.

    Das bedeutet aber auch, daß sie Sitten und Gebräuche im Westen respektieren müssen.

    Dazu gehört auch das Verhüllungsverbot.

     

    Andersrum müssen Westler sich ebenso in Islamstaaten den Sitten anpassen. Niemand würde auf die Idee kommen zu fordern, daß westliche Frauen dort im Minirock rumlaufen dürfen sollten.

     

    Daß AI das Projekt kritisiert ist völlig lächerlich.

    Die sollten mal lieber kritisieren, daß die islamische Kairoer Erklärung der Menschenrechte nur unter Scharia-Vorbehalt gilt.

     

    Politiker, die gegen Volksabstimmungen sind, machen auch lieber Politik gegen das Volk.

  • S
    Säkularer

    Es verblüfft mich immer wieder, wie gerade Linke, denen alles außerhalt ihres Sehfeldes "rechts" oder rassistisch ist, eine rassistische Religion mit totalitären ideologischen Ansätzen verteidigen.

     

    Ich hatte hier einen Vergleich von Jesus, Buddha und Mohammed zu zentralen Fragen eingestellt, der natürlich nicht veröffentlicht wurde.

     

    Die Biographie von Ibn Ishak hat Mohammeds Leben geschildert. Es war voll von Mord, Totschlag und Krieg.

     

    Das kann der Wahrheit suchende Leser gern nachprüfen. Man lese nur "Die 5 Weltreligionen" aus dem Jahr 1963 von Helmuth von Glasenapp, der nun wirklich unverdächtig ist. Ab Seite 370 wird Mohammeds Leben an Hand historischer Quellen geschildert.

     

    Wahrscheinlich wird dieser Beitrag wieder nicht veröffentlicht. Macht nix, ändert nichts am "idealen Vorbild" für Lebensführung im Islam, der u.a. ein Dutzend Frauen hatte, teilweise gewaltsam requiriert. Aber auf diesem Auge sind Linke vollblind.

     

    Wenn man Frauen befreien will, dann hat die Burka in der Öffentlichkeit nichts zu suchen.

  • K
    kurt

    Menschen auf Grund ihrer angeblich ablehnenden Haltung gegenüber einer "freien" Gesellschaft in ihren Freiheiten einzuschränken ist natürlich faschistoid.

    Was passiert denn wenn die betroffenen Frauen sich dann gar nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen? Ist dann irgendwem gedient außer denen, die dann die Projektionsfläche all ihrer Ressentiments endgültig aus der Gesellschaft ausgeschlossen haben? Mit Blick auf die Entwicklungen in Griechenland, Ungarn usw. müsste doch eigentlich klar sein was die tatsächliche Gefahr für freie Gesellschaften ist.

  • D
    D.J.

    Eigentlich nicht zu fassen. Abgestimmt wird über ein Symbol tiefster Frauen- und Männerverachtung und einige, die die Dreistigkeit haben, sich links zu nennen, sehen einen neuen Faschismus am Horizont. Jede/r soll anziehen, trinken, rauchen, f****n (soweit alt genug), wen er/sie möchte. Wer sich weigert, in der Öffentlichkeit auch nur Teile des Gesichts zu zeigen (für die Dümmmeren unter uns: es geht hier nicht um Kopftuch oder Hidschab), zeigt, nein will zeigen, dass er/sie die freie Gesellschaft hasst (er/sie, da nicht immer, aber oft individueller männlicher Druck dahintersteht, kollektiver männlicher Druck ohnehin).

  • Frei und souverän!

    Wenn Demokratie immer die maximale Selbstbestimmung eines Volkes bei der Ausübung seiner Souveränität ist, ist das einzig legitime Modell die schweizer Direktdemokratie. Und sie ist keine Utopie, sie existiert - der Staat ist stabil!

    In Deutschland haben wir nur eine Parteiendemokratie. Dass das Demokratie ist, ist fragwürdig - zwingend ist diese Behauptung jedenfalls nicht.

  • C
    claudi

    Verhüllungsverbot finde ich gut, sollte bei uns auch so sein.

    • @claudi:

      Und auch ein Kopftuchverbot, so wie in der (islamischen !!) Türkei. Die Türken denken sich schon was dabei, das sie das Kopftuch verboten haben (in öffentlichen Gebäuden) - und die Türkei ist selber ein islamisches Land.

  • P
    Prochaska

    Die Schweiz ist wie schon so oft Vorbild für ganz Europa! Hervorragende direkte Demokratie, liberales Waffenrecht, hohes Wohlstandsniveau und starker identitärer Zusammenhalt. Davon könnten sich die übrigen europäischen Länder eine gehörige Scheibe abschneiden!

    • @Prochaska:

      Das schweizer System bietet seinen Einwohnern seit 500 Jahren Ruhe, Wohlstand und Frieden. Es hat sich also bestens bewährt.

      Warum sollte man es nicht übernehmen?

    • F
      FaktenStattFiktion
      @Prochaska:

      Nicht nur die Länder Europas.

  • YN
    you nargnyn

    Wann kommen eigentlich Halbmond- und "Kauft nicht bei Moslems"-Schmierereien auf sogenannten "Dönerbuden"?

     

    "Entnazifizierung" - der Treppenwitz der Moderne.

    • K
      Kimme
      @you nargnyn:

      Das Verhüllungsverbot mit dem Völkermord an den Juden zu vergleichen ist geschmacklos und zeigt eigentlich nur, dass Sie nichts kapiert haben.

      • EA
        eysicaY ancientest
        @Kimme:

        Die Tatsache, dass Sie keinerlei Parallelen zu den Entwicklungen der frühen 1920er Jahre sehen und die aktuelle Lage verharmlosen zeigt eher, dass SIE nichts kapiert haben (oder wollen).

        Vielleicht mal ein paar Bücher lesen und das Oberstübchen anstrengen... scheint aber derzeit eher 'out' zu sein.

        • SN
          sharnnu nic
          @eysicaY ancientest:

          Hören Sie doch bitte alle mal auf die Schweiz mit Nazideutschland zu vergleichen. Die Schweiz ist und war nie (bis auf ein paar sympathisierende Splittergruppen, die gnadenlos direktdemokratisch abserviert wurden)für nationalsozialistisches Gedankengut empfänglich. Die Bevölkerungsstruktur (4 Kulturen) und Geschichte (Konkordanz, keine diktatorischen Ausprägungen o.ä.) lässt dies schlicht und einfach nicht zu. Ein Schweizer würde nie willfährig seine Verantwortung und seine Kompetenzen an jemanden abdelegieren. Hitler war ein deutsches Phänomen, welches so in der Schweiz unmöglich gewesen wäre.

  • Der Islam hat für alles, was der taz wichtig und wertvoll ist, nichts übrig. Deshalb finde ich die passive Unterstützung der Linken für den Islam sehr seltsam.

  • R
    Ruhender

    Minderheitendiskrimierung wie zur Morgendämmerung des Dritten Reichs. Widerlich.

    • H
      HoppSchwiiz
      @Ruhender:

      Nazis und Drittes Reich: Das wart ihr, liebe Deutsche. Muss man wieder mal dran erinnern?

      Im Tessin wurde über ein Vermummungsverbot entschieden, nicht über ein Burkaverbot. Vermummungsverbote kennt man in Deutschland des langen und breiten, ein echtes Burkaverbot in Frankreich und Belgien. Ihr dürft aber den 2-3 Burkaträgerinnen die in der CH betroffen sind gern Asyl anbieten.

  • M
    muh

    "Man müsse dennoch über Reformen nachdenken wie zum Beispiel darüber, ob das Militär nicht künftig auch Frauen und Ausländern offen stehen sollte."

     

    Das ist nur die halbe Wahrheit. Grundsätzlich sollte gelten: Gleiche Rechte implizieren gleiche Pflichten. Wehrpflicht für alle, auch für Frauen. Grundsätzlich ist die Idee einer Milizarmee in meinen Augen das beste, was ein demokratischer Staat sich für seine Verteidigung ausdenken kann; insbesondere wenn, wie in der Schweiz, sogar die Dienstwaffen zuhause verwahrt werden und ein auch ansonsten liberales Waffenrecht herrscht. Wie in so vielem ist die Schweiz auch hier wieder ein Vorbild. Schade, das dem niemand nacheifern wird.

    • A
      AndreaS
      @muh:

      ...insbesondere, wenn, wie in der Schweiz, sogar die Dienstwaffe zuhause verwahrt werden...... passiert ja auch genug damit, in der Schweiz

      • M
        muh
        @AndreaS:

        damit passiert nichts, was nicht als preis für eine so wichtige freiheit angemessen wäre ... für jede firlefanz-freiheit werden tote in kauf genommen, meinungsfreiheit, versammlungsfreiheit, reisefreiheit, sogar für das unsägliche und sinnfreie beharren auf tempo 50 innerorts, nur für waffen soll das nicht gelten? sehr skurile wahrnehmung.

  • E
    Eisvogel

    Ich finde es interessant, dass die beiden wohlhabenden und stolzen nicht-EU Völker (Schweizer und Nordweger) gerade ihre Wehrpflicht bestätigt bzw. zur Herstellung von Wehrdienstgerechtigkeit lieber auf Frauen ausgedehnt statt (wie in Deutschland aus dem gleichen Grund ) diese abgeschafft haben. Es scheint von der derzeitigen Lage und Notwendigkeiten ganz unterschiedliche Wahrnehmungen zu geben.

  • S
    Simax

    Ach die Schweizer - hätten wir doch auch so ein - einst auch von Grünen gefordertes basisdemokratisches System !

    • R
      Ruhender
      @Simax:

      Je mehr Volksabstimmungen ihre Ergebnisse zeitigen, um so mehr komme ich zur Überzeugung, daß es doch besser ist, die Politik regelt diese Fragen. Rauchverbot, Minarettverbot, Burkaverbot. Kommt eigentlich auch mal was anderes als Verbote dabei raus? Volksabstimmungen öffnen der Minderheitendiskriminierung Tür und Tor und sind daher mit demokratischen und menschenrechtlichen Aspekten nicht vereinbar. Wozu das Volk fähig ist, sah man in Deutschland 1933 bis 1945, man sah es in Ruanda 1994, man sah es viele Male in der Geschichte. Das Volk ist zu allem fähig, wenn es erst mal von der Leine gelassen ist. Es braucht deshalb ein Korrektiv, das Minderheiten vor Diskriminierung und Übergriffen schützt.

      • H
        HoppSchwiiz
        @Ruhender:

        Bitte, die CH ist das einzige Land der Welt, welches u.a. per Volksabstimmung die eingetragene Partnerschaft (ungefähr "Homo-Ehe") beschlossen hat. Was sie hier behaupten ist also kurz gesagt Quatsch mit Sosse. Ausserdem läuft Ihre Aufzählung mit Deutschland 1933-45 diametral dem dt. Geschichtsverständnis entgegen, dass nämlich die Mehrheit der Bevölkerung in keiner Art und Weise Nazis waren, sondern von der Welle mitgerissen wurden...

      • C
        Citizentm
        @Ruhender:

        Das stimmt natürlich.

         

        Umgekehrt kann man aber auch in der Burka eine massive Diskriminierung sehen, da nachweislich ein beachtlicher Anteil muslimer Frauen völlig fremdbestimmt (Männer, Imame) sind und zum Tragen dieser "Tracht" gezwungen werden und eine freie Entfaltung der Persönlichkeit in solchen Nonnen-Gefängnissen kaum möglich ist.