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Referendum über ZuwanderungMehr Schweizer gegen Ausländer

Die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei möchte strenge Quoten für Einwanderer einführen. Die Zustimmung dazu wächst laut einer Umfrage.

Initiative gegen „Masseneinwanderung": Linke Politiker lehnen das Referendum ab. Bild: reuters

GENF afp | Knapp zwei Wochen vor einer Volksabstimmung über die Wiedereinführung von Einwanderungsquoten in der Schweiz wächst der Zuspruch für die Initiative. Insgesamt 43 Prozent der Wahlberechtigten würden die Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ unterstützen, wie aus einer Umfrage hervorgeht, die der Schweizer Rundfunk am Mittwoch veröffentlichte. Demnach lehnen 50 Prozent sie ab. Sieben Prozent der Befragten sind noch unentschieden. Das Referendum findet am 9. Februar statt.

Die Umfrage wurde von dem Institut GfS Bern für den Rundfunk erhoben. Bei einer Umfrage, die am 10. Januar veröffentlicht worden war, hatten 37 Prozent der Befragten angegeben, die Initiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP) zu unterstützen. Die Ablehnung lag da noch bei 55 Prozent. Die Unentschiedenen spielen bei Schweizer Referenden meist bis zuletzt eine wichtige Rolle.

Die rechtspopulistische SVP ist die stärkste Partei im Parlament. Sie vertritt die Ansicht, dass die Schweiz die Kontrolle über ihre Zuwanderungsregeln verloren habe. Dies habe fatale Folgen, so etwa Niedriglöhne für einheimische Arbeiter und eine Überlastung der Gesundheits- und Bildungssysteme. Die SVP fordert daher die Wiedereinführung strenger Kontingente. Diese waren 2007 abgeschafft worden.

Besonders die Schweizer Wirtschaft lehnt die Initiative der SVP entschieden ab und verweist auf den Bedarf an Fachkräften. In der Schweiz sind rund 23 Prozent der Bevölkerung Ausländer.

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21 Kommentare

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  • D
    Denkverbote

    Irgendwie wird suggeriert, als wenn Volksentscheide etwas Schlechtes sind. Erst einmal wird hier nicht über Menschenechte bzw. das Asylgesetz abgestimmt, sondern über ein Gesetz, welches es bereits bis 2007 gab. Wenn Volksentscheide Transparenz schaffen und populistische Diskussionen langfristig befrieden, kann wirklich niemand etwas dagegen einzuwenden haben. Gibt es eigentlich eine Begrenzung von Zuwanderungsquoten in Deutschland? Wie viel Zuwanderung ist sinnvoll und gesellschaftlich verkraftbar?

    Alles Fragen über die sachlich diskutiert werden kann. Es sollte hier keine Denkverbote geben.

  • VL
    Viel Lärm

    Viel Lärm um nichts!

    Hier geht es nur um eine Quote bei der Zuwanderung und um ein Gesetz, was bis 2007 bereits gültig war.

    Die Aufregung ist übertrieben. Die Wirkung wird gering sein. Die Wirtschaft wird so oder so wieder Wege finden, das Gesetz zu umgehen. Also alles nur Populismus mit wenig Wirkung. Zuwanderungsdebatten lenken nur von den notwendigen Umverteilungsdebatten ab. Das wirkliche Problem ist das Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich in den jeweiligen Nationalstaaten und auch global gesehen.

  • D
    D.J.

    @Frederik Nyman,

     

    "Asyl ist ein Menschenrecht"

     

    Gut, dass Sie nunmehr präzisiert haben. Richtig. Aber es geht ja bei der Schweizer Abstimmung nicht um das Asylrecht, soweit ich sehe.

  • R
    Ruhender

    Die Schweizer sollen erst mal froh sein, daß sie heute nicht von Berlin regiert werden. Da hat nicht viel gefehlt, seinerzeit.

    • VS
      viel spass beim einmarsch in die schweiz!
      @Ruhender:

      Bereits ältere schweizer Offiziershandbücher lesen sich wie eine Anleitung zum Guerillakrieg. Eine Meldung aus dem Jahr 2009 bekräftigt diese Ausrichtung der Armee: "Oberst Blocher verlangt nach einem radikalen Umbau der Armee. Von der «Weltwoche» nach einem Vorbild für die von VBS-Chef Ueli Maurer als Ziel genannte «beste Armee der Welt» befragt, sagte Blocher: «Alle kleinen Armeen, die in der Geschichte im Land gewonnen haben. Die spektakulärste ist wohl der Vietcong.» Er habe den Kampf mit einfachsten Mitteln unter Ausnützung der lokalen Verhältnisse und der Schwäche des Gegners praktiziert. [...]

       

      Blocher bezeichnete auch die Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg als Vorbild, die Armee im Gebirge, das den Gegner abgeschreckt habe. Zu dem von ihm entworfenen SVP-Armeepapier sagte Blocher, Bundesrat Maurer sei von Anfang an eingeweiht gewesen. In der Fraktion habe er gesagt, er könne mit dem Positionspapier leben und er habe die Untersuchungen über Varianten bereits in Auftrag gegeben. Armeeeinsätze im Ausland bezeichnete Blocher als Leerläufe. Sie brächten nichts."

  • D
    D.J.

    @Frederik Nyman,

     

    vollkommene Überseinstimmung, dass Volksabstimmungen nicht zu Grundrechten abgehalten werden können.

    Doch: Weder nach der Schweizer Verfassung, noch nach den Grundsätzen des Europ. Gerichtshofes für Menschenrechte, noch nach der UN-Charta, noch nach einem mir bekannten Völkerrechtler gibt es ein Grundrecht auf Einwanderung in das Land meiner Wahl (sieht man einmal von Flüchtlingen im Sinne des UNHCR ab). Der Einwand, so berechtigt er prinzipiell auch ist, ist hier also nicht anzuwenden.

    • A
      Asyl
      @D.J.:

      Richtig, dann wird einfach die Asylquote erhöht. Asyl ist ein Menschenrecht. Darüber können die Schweizer nicht abstimmen. Ansonsten würde die Schweiz gegen alle möglichen Menschenrechtskonventionen verstoßen.

      Ob dann natürlich noch gut ausgebildete Deutsche in die Schweiz gelangen, halte ich für zweifelhaft. Na ja, dann müssen halt in den Krankenhäusern die Schweizer mit weniger deutschen Ärzten zu Recht kommen. So ein Referendum kann nur ein Eigentor werden.

  • SW
    schweizer werden

    "Wann kann ich die Schweizer Staatsangehörigkeit beantragen?

     

    Wer seit zwölf Jahren in der Schweiz wohnhaft ist – die zwischen dem vollendeten 10. und 20. Lebensjahr verbrachten Jahre in der Schweiz zählen doppelt – kann ein Einbürgerungsgesuch stellen.

     

    Ausländische Ehepartner können eine Gesuch für die erleichterte Einbürgerung stellen, sofern sie in einer stabilen Ehe, die mindestens drei Jahre dauert, leben und insgesamt mindestens fünf Jahre in der Schweiz wohnen. Die letzten zwölf Monate vor Gesuchstellung müssen am Stück in der Schweiz verbrachten worden sein. Wie alle Gesuchsteller müssen auch ausländische Ehepartner belegen, dass sie gut in der Schweiz integriert sind.

     

    Das Initialgesuch wird vom Bundesamt für Migration geprüft. Wohnkanton und Wohngemeinde haben aber ihre eigenen Anforderungen. Die zu bezahlenden Gebühren unterscheiden sich von Wohnort zu Wohnort.

     

    Die endgültige Entscheidung trifft die Wohngemeinde. In einigen Gemeinden entscheidet eine entsprechende Kommission, in anderen eine Abstimmung bei den Einwohnern der Gemeinde." Quelle: http://www.swissworld.org/de/faq/schweizer_staatsbuerger_werden/

  • S
    spassvogel

    Meine Freunde in der Schweiz sind ganz sicher keine Fans der SVP, sehen aber deren Behauptungen im Wesentlichen als begründet an. Zu den Einwänden der Wirtschaft hörte ich von ihnen nur "Das kennst Du ja alles schon von Eurer Wirtschaft - sie sagen alle das Gleiche."

     

    Und was hier überhaupt nicht angesprochen wurde, sind die Folgen der massiven Zuwanderung für die Natur und Infrastruktur des kleinen Landes Schweiz. Im deutschen Großraum Rhein-Main beispielsweise ist sowieso schon alles zersiedelt, kaputt und häßlich, da mag es keinen Unterschied mehr machen, ob noch mehr Beton-Bettenburgen auf frühere Wiesen geklotzt werden. Aber die kleine Schweiz lebt von ihrer Landschaft und Natur in einem Ausmaß, wie man sich das in Deutschland nicht einmal ansatzweise vorstellen kann.

  • D
    D.J.

    Also fassen wir zusammen: Es geht um die Wiedereinführung eines 2007 abgeschafften Gesetzes. Ist da die reißerische Überschrift "gegen Ausländer" nicht etwas seltsam? Es kamen vorher sehr, sehr viele Ausländer in die Schweiz und sie werden weiter kommen. Mag sein, dass es u.a. für Deutsche etwas schwieriger wird. Denkbar, dass es mich oder Bekannte von mir auch betreffen könnte. Aber das ist zu akzeptieren. Die Schweiz ist ein souveräner, überaus demokratischer Staat und weltoffener als die meisten Staaten.

  • V
    Volker

    "Besonders die Schweizer Wirtschaft lehnt die Initiative der SVP entschieden ab"

     

    interessant, dass sich die taz auf die seite der wirtscchaft stellt, wenn es ihrer ideologie entspricht.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Das ist halt die Gefahr von Volksabstimmungen, das verdammte Volk stimmt nicht immer so ab, wie es die Politiker wollen. Ich denke auch in Deutschland wachsen die Vorbehalte gegen die steigende Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge. Momentan halten die Gemeinden noch still, da Geld fließt, wenn aber die Zahlen steigen und die Kosten nicht kompensiert werden, haben es die Rechtspopulisten auch in Deutschland leicht.

    • K
      Kimme
      @738 (Profil gelöscht):

      Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.

      Leider verpennt es die Politik aktuell aktiv zu werden und irgendeine gangbare Lösung zu finden. Das macht es populistischen Rattenfängern extrem leicht. Aber die politischen Führungskader haben halt Angst sich an diesem schwierigen Thema die Finger zu verbrennen, denn eine leichte Lösung gibt es nicht. Ich z.B. wüsste auch keine die allen Seiten gerecht wird.

    • @738 (Profil gelöscht):

      Volksentscheide ergeben nur Sinn, wenn diese sich an den Menschenrechten bzw. der Verfassung, die als Grundlage die Menschenrechte hat, orientieren. Ansonsten könnte man auch das Volk abstimmen lassen, die Demokratie abzuschaffen. Allerdings haben dies bisher nur die demokratisch gewählten antidemokratischen Parlamentarier bestehend aus Nationalen, Konservativen, Klerikalen und Liberalen 1933 mehrheitlich in Deutschland geschafft. Heute verbietet dies unser Grundgesetz.

      In der Schweiz wollte ein kleines rückständiges Kanton auch noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert gegen das Frauenwahlrecht einen Volksentscheid vornehmen lassen. Das hat dann das Schweizer Verfassungsgericht untersagt, da es nicht mit den Menschenrechten / Verfassung zu vereinbaren ist.

      Ergo: Volksentscheide, die nicht mit den Menschenrechten zu vereinbaren sind, wie bspw. Referenden hinsichtlich gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Phänomene wie Rassismus, Xenophobie, Sexismus, Homophobie u.a.), sind logischerweise auszuschließen bzw. müssen durch das Bundesverfassungsgericht letztendlich auf Verfassungskonformität hin geprüft werden. Die Gewaltenteilung kann also auch nicht durch Referenden aufgehoben werden.

      • G
        Grast
        @Frederik Nyman:

        Also ganz im Sinne von:

         

        "Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit dem durchschnittlichen Wähler." - Winston Churchill

        • 2G
          2097 (Profil gelöscht)
          @Grast:

          Churchill sagte allerdings auch:

          Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.

      • T
        Tommy
        @Frederik Nyman:

        Aber über Eurorettungsschirme und Zuwanderung sollte das Volk doch selbst entscheiden dürfen, denn es muss es ja auch bezahlen oder?

        • @Tommy:

          Über Eurorettungsschirme abzustimmen verstößt nicht gegen die Menschenrechte. Beim Thema Zuwanderung wird es komplizierter. Asyl ist ein Menschenrecht.

          Außerdem unterliegt Deutschland menschenrechtlichen und flüchtlingsrechtlichen Bindungen. Diese Bindungen ergeben sich nicht nur aus internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen, sondern auch aus dem Grundgesetz.

          Menschenrechtliche und flüchtlingsrechtliche Bindungen haben zur Folge, dass Deutschland Menschen Schutz und Aufenthalt zu gewährleisten hat, wenn sie andernfalls – etwa in ihrem Herkunftsstaat – existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind, wie der Folter oder anderer Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Diese durch Deutschland einzuhaltenden Schutzgarantien sind vor allem in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, in der Genfer Flüchtlingskonvention wie auch im Grundgesetz verankert.

          Auch im Bereich des Ehegatten- und Familiennachzugs unterliegt Deutschland menschenrechtlichen Bindungen. Diese ergeben sich aus dem Schutz des Familienlebens, der in etlichen Menschenrechtsnormen verankert ist, etwa in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und in Artikel 6 des Grundgesetzes.

          Ein Referendum auf diesem Gebiet halte ich daher mit den Menschenrechten und dem Grundgesetz für nicht vereinbar. Letztendlich müsste dies das Bundesverfassungsgericht bzw. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entscheiden.

          • B
            Brandt
            @Frederik Nyman:

            Sie machen das zu kompliziert. Die Nationalstaaten haben das letzte Wort bei der Zuwanderung. Da man von Zuwanderung profitieren will, werden Gesetze immer so gemacht, dass Zuwanderer weniger Rechte erhalten.

             

            Gastarbeiter-Generation ist z.B. stark von Altersarmut betroffen, weil ihre Arbeitsjahre in Anatolien nicht einberechnet werden.

             

            Durch das Fremdrentengesetz hat die Regierung aber ohne mit der Wimper zu zucken die Arbeitsjahre russlanddeutscher Kolchosebauern anerkannt - ob sie Rentenbeiträge in der Sowjetunion ansparten oder nicht. Da fliegen einfach mal so Mrd. zum Fenster raus wegen Russlanddeutscher - aber auf Türken drischt man ein.

            • 2G
              2097 (Profil gelöscht)
              @Brandt:

              Ja, das ist das Problem mit den Menschenrechten. Seit Verkündung der Menschenrechte wurde etliches hinzugenommen. Wie lange hat es gedauert, bis das Frauenwahlrecht selbstverständlich wurde. Dass Zuwanderer weniger Rechte erhalten, insbesondere in dem von Ihnen geschilderten Fall, ist sicherlich nicht vereinbar mit der Idee der Menschenrechte. Wie sagte Frau Emke in einem Interview für die taz: "Manchmal frage ich mich, warum reicht es nicht, einmal die Menschenrechte zu formulieren: 'Alle Menschen sind gleich. Die Würde des Menschen ist unantastbar.' Stattdessen müssen wir dann über Jahrhunderte erklären, wer alles als Mensch zählt."

  • F
    Fanta

    Die Schweizerische Volkspartei (SVP) ist nicht nur wirklich gross und einflussreich, sondern so weit rechts aussen, dass sogar die NPD von ihr klaut. Aber in der Schweiz heisst das noch gar nichts. Rechts der SVP gibt es dann noch die PNOS (Partei national orientierter Schweizer) die Lega dei Ticinesi (wie Lega Nord), die SVP nahe Auns (Keine Partei, dafür Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz), und natürlich kleinere und grössere Gruppierungen (z.B. "Geneve non conforme"), sowie Kameradschaften und Rechte wie in Deutschland auch.