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Vogel contra Fischer

■ Binnenfischer schlagen Alarm: Denn der Kormoran gefährdet ihre Fischbestände Von Armin Struve

Wenn Gunnar Reese über die winterliche Teichlandschaft seines Betriebes in Sarlhusen (Kreis Steinburg) blickt, mag er sich auf den Frühling nicht recht freuen. Denn dann kehrt der größte Feind aller Teichwirte in Schleswig-Holstein zurück: Der große Kormoran. Er wird sich an den ungeschützten Teichen niederlassen, die Aale und Karpfen fangen und den 172 Betrieben das Geschäft verderben.

Schon seit einigen Jahren läuft dies so ab, genauer gesagt seit Anfang der 80er Jahre. Damals wurde der Kormoran europaweit unter Schutz gestellt. Vereinbarungen zwischen Landesregierung und Binnenfischern sahen vor, daß 200 Brutpaare im nördlichsten Bundesland geduldet werden. Inzwischen ist die Zahl auf 3.200 angewachsen. Die Vögel sind vor dem Aussterben gerettet worden, dafür kämpfen jetzt die Fischer ums Überleben: 70 Betriebe in Schleswig-Holstein haben mittlerweile dicht gemacht. Reese hat von 300 Hektar Teichflächen fast zwei Drittel aufgegeben. Sein Konzept heißt jetzt Vielfalt. Neben Karpfen zieht er auch Kleinfische für Artenschutzprogramme auf. Hans-Holger Paustian, der seinen Betrieb am Selenter See (Kreis Plön) hat, züchtet zudem noch Hühner und Schweine. Für die Fischzucht sieht er schwarz: „Es ist zu spät“, sagt er im Hinblick auf mögliche Hilfen aus der Politik.

Dort wird das ganze Problem etwas anders gesehen. Zusammen mit Naturschützern vertreten sie die Auffassung, der Kormoran fresse alles, was ihm in den Schnabel komme. So auch jede Menge Schwarmfisch. Und der ist für die Fischer völlig uninteressant. Dennoch erhalten diese Entschädigungen. Wenn auch viel zuwenig, ihrer Meinung nach. Während Küstenfischer in Mecklenburg-Vorpommern für Reusenfisch, der von Kormoranen angehackt wurde, pauschal fünf Prozent pro Fang Ausgleich erhalten, bekommen die Binnenfischer nach langem Papierkrieg nur einen Bruchteil der Schäden ersetzt. Uwe Buuck, der Aal im Schaalsee auf der Grenze von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern fängt, erhält 17 Mark pro Hektar Pacht. Den wirklichen Schaden schätzt er allerdings auf 90 Mark.

Mittlerweile belassen es die Fischer nicht nur bei Worten, sie lassen auch Taten folgen. Ende Oktober vergangenen Jahres kamen 5.000 Leidensgenossen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich vor dem Europaparlament in Straßburg zusammen, um für die Aufhebung des Vogelschutzes zu protestieren. Nach zwei Musterverordnungen der Bundesregierung, die durch Straßburg abgesegnet wurden, ist es jetzt Ländersache, Verordnungen „zur Abwehr fischereiwirtschaftlicher Schäden“ durch die Kormorane zu erlassen.

Auch Hans-Joachim Pieper vom Landwirtschaftsministerium in Kiel glaubt, daß noch mehr getan werden könne. Die jährlichen Ausgleichzahlungen von rund 400.000 Mark deckten die Schäden bei weitem nicht ab. Er hat die Hoffnung, daß etwas geschehen wird: „Die Landesregierung will jetzt konkrete Vorschläge zur Lösung des Problems ausarbeiten. Es gibt jedoch zur Zeit noch keinerlei Prognose, wo die Reise hingeht.“ Den Kormoranen ist das vorerst egal. Sie werden im Frühjahr erstmal wieder in ihr Schlaraffenland zurückkehren.

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