Völkermordurteil gegen Rote Khmer: Bittere Gerechtigkeit in Kambodscha
Ein von der UNO gestütztes Sondertribunal in Kambodscha hat erstmals zwei Ex-Anführer der Roten Khmer wegen Völkermordes verurteilt.
Beide Männer wurden des Völkermordes an ethnischen Vietnamesen für schuldig befunden, Nuon Chea außerdem noch wegen desselben Verbrechens an Angehörigen der muslimischen Cham-Minderheit.
Die greisen Angeklagten standen seit 2011 vor Gericht und waren im August 2014 wegen anderer Gräueltaten während der Herrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden, unter anderem wegen vielfachen Mordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gewaltsamer Verschleppung. Weil die Anschuldigungen so schwer wogen, war die Strafverfolgung in mehrere Verfahren unterteilt worden.
Für Überlebende der Schreckensherrschaft und Menschenrechtler ist dieses Urteil längst überfällig. Viel zu lange habe die Welt darauf warten müssen, sagte Nicholas Bequelin, Regionalchef von Amnesty International für Ost- und Südostasien. Zugleich sprach er von einer „bitteren Gerechtigkeit“ und davon, dass das Sondertribunal 13 Jahre nach seiner Einrichtung mehr hätte erreichen müssen.
Der Regierungschef will keine weiteren Verfahren
Ähnlich äußerte sich der Vize-Asienchef von Human Rights Watch: „Durch die Verurteilung dieser beiden hochrangigen Anführer der Khmer Rouge hat das Gericht die unbestreitbare Wahrheit bekräftigt, dass in Kambodscha ein Völkermord stattfand, während die Welt weggeschaut hat,“ sagte Phil Robertson. Er kritisierte jedoch, dass andere mutmaßlich Verantwortliche wahrscheinlich nie belangt würden.
Den Hauptgrund sehen Beobachter in den Verbindungen zwischen dem jetzigen Staatsapparat unter dem autokratischen Regierungschef Hun Sen und den einstigen Roten Khmer, unter deren Terrorregime etwa zwei Millionen Menschen ermordet und gefoltert wurden oder verhungerten.
Hun Sen, selbst ein übergelaufener Exoffizier der Roten Khmer, hatte sich vor dem offiziellen Start des Tribunals 2006 öffentlich darüber mokiert, wer eigentlich wofür vor Gericht gestellt werden solle. Außerdem hatte er wiederholt erklärt, dass er über den Kreis von ursprünglich fünf angeklagten früheren Funktionären hinaus keine weiteren Gerichtsverfahren zulassen werde. Der Premier, unter dessen Herrschaft das südostasiatische Land mittlerweile zu einem „Ein-Parteien-Staat“ verkommen ist, hatte gar vor einem neuen Bürgerkrieg gewarnt, sollten noch mehr Details aus der Vergangenheit zutage gefördert werden.
Obwohl gegen weitere mutmaßliche Täter ermittelt wurde, werden die Urteile gegen Nuon Chea und Khieu Samphan somit wohl die letzten sein, die das aus kambodschanischen und internationalen Juristen bestehende Gericht gefällt hat. Entsprechenden Versuchen von Co-Anklägern war die Regierung einst mit der höhnischen Aufforderung entgegen getreten: „Sollten internationale Juristen des Tribunals zusätzliche Fälle vorantreiben wollen, sollten sie ihre Koffer packen und Kambodscha verlassen.“
Mittlerweile hat sich selbst der überschaubare Kreis der offiziell fünf Angeklagten gelichtet: Zwar war 2010 mit Kaing Khek Iev alias „Duch“ der frühere Leiter des Foltergefängnisses „Tuol Sleng“ zu über 30 Jahren Haft und nach einem Berufungsprozess 2012 zu lebenslang verurteilt worden. Doch der Außenminister der Roten Khmer, Ieng Sary, konnte nicht mehr juristisch belangt werden, er verstarb 2013. Seine Frau, Ex-Sozialministerin Ieng Thirith, war an Demenz erkrankt und deswegen für prozessunfähig erklärt worden. Ihr Tod wurde im August 2015 bekannt. Der als „Bruder Nummer Eins“ bekannte Diktator Pol Pot starb bereits 1998.
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