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Vizepräsident Biden in SarajevoUSA treiben Balkan-Reformen voran

US-Vizepräsident Biden ist zu Gesprächen nach Bosnien und Herzegowina, Serbien und in den Kosovo gereist. Dort sind die Erwartungen an die neue US-Regierung hoch.

Gedränge am Flughafen: US-Vizepräsident Biden und Bosniens Außenminister Alkalaj in Sarajevo. Bild: dpa

SARAJEVO taz | Das Gedränge auf dem Flughafen Sarajevo war Nachmittag groß, als der US-amerikanische Vizepräsident Joe Biden gelandet war. Groß sind auch die Erwartungen an die neue amerikanische Administration. Denn man hofft hier, dass der Vorankündigung eines Sprechers des Weißen Hauses, "der Balkan werde eine Schlüsselstellung" in der Außenpolitik Obama-Biden einnehmen, auch Taten folgen. Und man hofft, dass Biden die Gelegenheit bei seiner Reise nach Bosnien und Herzegowina, Serbien und Kosovo nutzt, die Installierung eines US-Sondergesandten für den Balkan zu verkünden.

Hinter den Kulissen wurde schon in den letzten Monaten klargestellt, dass die neue Administration die Politik der Europäischen Union in der Region als zu konzeptionslos ansieht. Die EU habe die Dinge treiben lassen und damit ein politisches Vakuum geschaffen, hieß es vor dem Besuch in amerikanischen diplomatischen Kreisen in Sarajevo. Es wäre höchste Zeit, die Zügel wieder etwas anzuziehen.

In dem durch das Abkommen von Dayton 1999 in zwei Entitäten aufgespaltene und von Kroaten, Serben und Bosniaken (Muslime) bewohnte Bosnien und Herzegowina müssten die Reformen in Richtung einer Stärkung des Gesamtstaats und der Installierung einer neuen, die Menschenrechte aller garantierenden Verfassung energisch vorangetrieben werden, erklärte auch der Sprecher des Weißen Hauses vor dem Besuch.

So ist es wohl kein Zufall, dass der erste Gesprächspartner Bidens in Sarajevo der Regierungschef der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, war. Der in Korruptionsskandale verwickelte Dodik betreibt in den Augen der EU und der USA eine Politik der Obstruktion und will die serbische Teilrepublik zu einem eigenständigen Staat ausbauen. So hofften bosnisch-serbische Oppositionelle und die bosnisch-kroatische Öffentlichkeit in dem zweiten Teilstaat auf klare Worte von Biden gegenüber dem fast diktatorisch regierenden Dodik.

Jo Biden hatte sich schon während des Kriegs für Sarajevo engagiert, seine Stimme gegen den Genozid an den Bosniaken erhoben und 1993 die Aufhebung des UN-Waffenembargos gegenüber den Verteidigern der Stadt gefordert. Deshalb genießt er hohes Ansehen bei den Bosniaken, den Opferverbänden und nichtnationalistischen Parteien.

Gerade deshalb stößt Biden in Belgrad auf Skepsis. Zudem gilt er als einflussreicher Befürworter der Unabhängigkeit Kosovos in den USA. Biden wird nach den Worten des Sprechers in Washington in Belgrad aber die Möglichkeiten für Serbien betonen, in internationale Strukturen eingebunden zu werden. Auch die USA befürworteten eine Annäherung Serbiens an EU und Nato. Trotz der Angriffe serbischer Demonstranten auf die US-Botschaft nach der Unabhängigkeit des Kosovo 2008 wollten die USA einen "Neuanfang in den Beziehungen zu Serbien," erklärte der Sprecher.

Dennoch wird es Biden bei seinen Gesprächen in Belgrad nicht leicht haben. Denn gerade sein Besuch im Kosovo wird in der serbischen Öffentlichkeit als offener Affront verstanden. In Bezug auf das Kosovo bleiben die USA aber kompromisslos. Die Unabhängigkeit und territoriale Integrität eines multiethnischen Kosovo würden von den USA garantiert, hieß es in Washington.

ERICH RATHFELDER

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