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Vivat Kettensäge!

■ Fantasyfestival: »The Guardian« im Kant Kino

Vorweg: Der neue Konsalik ist raus, sein aktueller Beitrag zur Vernichtung der Regenwälder Südamerikas. Doch da ein Konsalik von seinen Fans bevorzugt im Bett geschmökert wird, bleibt auch hier wieder das übliche Problem: Die Story bringt den Bürger um den Schlaf, weniger wegen des Inhalts, sondern wegen der 952 Gramm, die einem beim Eindösen ins Gesicht klatschen und einen sogar ersticken können, wie erst neulich der Hausfrau Ulla Schmied-Wiebke (52) in Wuppertal widerfahren. Gott hab sie selig!

Dabei wäre dieses Opfer gar nicht nötig gewesen, befinden sich doch die Leser des neuen Konsalik auf dem Holzpfad, wenn sie in der langatmigen Story nach wirklichen Gefahren für die Menschheit forschen. Nicht wir sind es nämlich, die die Wälder bedrohen, sondern die Wälder bedrohen uns. Wieviele Vermißte mögen es jährlich sein, deren Spur sich in aller Welt in jenen mörderischen Ansammlungen von Bäumen, verharmlosend Wald genannt, verlieren?

Friedkin, unvergessener Regisseur von French Connection (1) hat sich wieder dieses wichtigen Themas angenommen und einen schockierenden Bericht gedreht, der jeden Waldschützer verstummen läßt. Bescheidener Titel des authentischen Reports: The Guardian. Ergreifend und unterhaltsam bringt uns der Meister des Suspense der Wahrheit näher und gibt uns eine klare Antwort auf die von sorgenden Eltern so oft bang gestellte Frage: »Aus welchem Holz ist eigentlich unser Kindermädchen geschnitzt?« Laut Friedkin, aus mörderischem.

Denn immer wieder geschieht es, daß — wie in The Guardian (Der Babysitter) — sich Menschen dunkler Herkunft in das Vertrauen der Kleinfamilien einschleichen, um zum rechten Zeitpunkt mit dem Kleinsten auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden und sie in einem blutrünstigen Baum zu opfern. Nur frisch muß das Baby sein, möglichst genau drei Monate zart, das schmeckt dem Mörderbaum am besten.

Doch ein lehrreicher Unterhaltungsfilm wäre nicht sinnvoll, gäbe es keine vorbildlichen Helden wie die mutigen Eltern in diesem Öko-Thriller, die in den Wäldern der amerikanischen Westküste auch vor dem Gebrauch der Kettensäge nicht zurückschrecken, um ihren kleinen Stammhalter zu verteidigen. Deutsche Eltern also aufgepaßt, überlegen Sie sich ihren geplanten Urlaub im Harz noch einmal. Und sollten Sie nach dem Kinogenuß von The Guardian — nun der wahren Gefahr bewußt — sich ihrer unaktuellen Konsaliks schämen, ein Trost: Die zwei Meter fünfzig Konsalik in ihrem Wohnzimmerschrank sind ein wesentlicher Beitrag zur Abholzung der Killerwälder. S.A.F.T.

»The Guardian« und andere skrupellose Reports sind ab heute eine Woche lang auf dem Fantasyfilmfest im Kantkino zu sehen.

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