Villa Feltrinelli am Gardasee: Luxus für Nostalgiker
Das Grand Hotel a Villa Feltrinelli ist ein unter Denkmalschutz stehendes Monument. Am Gardasee ist die Luxusvilla ein Nischenprodukt.
Wer in dem kleinen Örtchen Gargnano am Gardasee die Villa Feltrinelli besuchen möchte, sollte den Weg bereits kennen. Denn ein schmiedeeisernes Tor zu einer parkähnlichen Anlage, die hinter Mauern verborgen liegt, ohne jeglichen Hinweis auf die Nobelherberge ist der unscheinbare Zugang zu einer luxuriösen Welt. Öffnen sich die Pforten, beginnt die Entschleunigung schon während der Anfahrt.
Mit höchstens fünf Kilometern pro Stunde kann sich ein Fahrzeug die von uralten Baumbeständen umgebenen Serpentinen entlangschlängeln. Bis die Fahrt vor einem eindrucksvollen Jugendstilgebäude endet: dem Grand Hotel a Villa Feltrinelli. Das prunkvolle Gebäude, 1892 von einer der wohlhabendsten Industriellenfamilien Italiens als Sommersitz erbaut, ist seit 2001 Anlaufpunkt für Betuchte aus den Vereinigten Staaten, Europa, Russland und Asien.
Dass es überhaupt so kam, war Zufall. So berichtet Markus Odermatt, von Beginn an Geschäftsführer der edlen Unterkunft: Der Gründer der Hotelkette Regent International, Robert Burns, hatte eigentlich einen Alterssitz in angenehmem Klima gesucht und das Anwesen zu diesem Zweck in den 90er Jahren erworben. Es war dann wohl doch zu groß, denn der Hausherr entschied sich, ein „kleines“ Boutiquehotel daraus zu machen. Allein fünf Jahre dauerten schließlich die Umbau- und Renovierungsarbeiten. Keine ganz einfache Angelegenheit wegen der zahlreichen Auflagen der italienischen Behörden. Denn die Villa ist ein nationales Monument, das unter Denkmalschutz steht.
Heute erleben die Gäste ein Ambiente, das sie in vergangene Zeiten zurückversetzt. Viele Kostbarkeiten verweisen auf die bewegte Geschichte dieses historischen Schauplatzes, angefangen beim Porträtgemälde der ersten Hausherrin bis hin zu Benito Mussolinis überdimensioniertem Arbeitstisch oder den gigantischen goldgerahmten Spiegeln, die der „Duce“ extra aus Rom in sein neues Domizil hatte bringen lassen. Denn genau hier fand der italienische Diktator, bewacht von dreißig SS-Leuten, für anderthalb Jahre sein neues Zuhause, nachdem er aus der „ewigen“ Stadt geflüchtet war.
Mussolini schließlich ist es zu verdanken, dass heute überhaupt eine Klimaanlage betrieben werden kann. Für ihn wurden 1944 die entsprechenden Vorbereitungen getroffen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ging die Immobilie wieder in den Besitz der Familie Feltrinelli zurück. Spross Giangiacomo Feltrinelli wurde in dieser Zeit einer der wichtigsten Verleger des Landes, der Autoren wie Boris Pasternak oder Tomasi di Lampedusa einer breiten Öffentlichkeit vorstellte, und – politischer Aktivist in der Kommunistischen Partei. Mit den Jahren radikalisierte sich der Multimillionär und Freund von Fidel Castro immer mehr und schloss sich terroristischen Gruppen an, sodass das Anwesen ihm 1970 als Versteck vor der internationalen Polizeifahndung diente. 1972 starb Giangiacomo bei dem Versuch, in der Nähe von Mailand einen Hochleistungsmast zu sprengen. Das Dynamit, das er bei sich trug, explodierte zu früh.
Jeder Stuhl, jeder Teppich, alles ist hier einmalig
„Ja, es kommen Leute, die die Geschichte kennen“, versucht Odermatt den Reiz der Destination zu erklären, „aber viele kommen nur wegen der Schönheit. Die Villa muss einem ja gefallen, alles hier ist einmalig, jeder Stoff, jeder Teppich, jeder Stuhl, die unzähligen historischen architektonischen hochwertig verarbeiteten Details, die auch dafür sorgen, dass sich das Haus so gut erhalten hat.“
Die Gäste, die in der Villa ihren Urlaub verbringen, darunter Schauspieler Richard Gere mit Familie oder der US-Finanzminister, suchen hier jedenfalls nicht das aufregende Nachtleben oder große Shoppingerlebnisse, betont der Hotelier. Die würden eher nach Sardinien gehen, Venedig oder Portofino. „Wir sind eine Erholungsoase, eine Art Kirche in der Wüste.“
„Mit so einem Team können Sie wachsen. Es ist die Seele des Hotels. Das merken die Gäste“
Damit spielt der Geschäftsführer auf die Lage an: „Der Gardasee passt eigentlich nicht zu unserem Produkt, er ist nicht wie der Comer See von Villen umgeben, sondern er ist ein sportlicher See, wurde vor allem von Campern und Windsurfern entdeckt, es gibt hier keine Luxusdestination, es gibt auch keine großen Grandhotels wie am Comer See, insofern sind wir ein Nischenprodukt.“
Odermatt macht erst gar nicht den Versuch, die Villa als Vorzeigehotel in Sachen Ökologie darzustellen: „Hier geht es um Luxus und auch um den Denkmalschutz. Was etwa den Stromverbrauch und die Wäscherei angeht, da gibt es keine Restriktionen, denn die Wünsche des Gastes stehen im Vordergrund.“ Dafür sorgen auch 80 Bedienstete, die sich um maximal 40 Gäste kümmern. Und die rund 30 Prozent der Gäste, die in Brescia mit ihrem eigenen Flieger anreisen, werden mittels Helikopter zum Hotel transportiert, da die Zufahrtstraßen in der Hochsaison sehr „verstopft“ sind.
In der Küche ein Meisterkoch
Nur was den Garten angeht, da sei man vorbildlich, um den alten Baumbestand sowie die Pflanzen zu schützen und zu hegen. Unter anderem finden sich dort auch 200 eigene Kräutersorten, die Stefano Baiocco, der Meisterkoch des Zweisternerestaurants, das sich ebenfalls in der Villa befindet, gern verwendet.
Die größte Herausforderung für den Manager beim Betrieb des Luxusresorts bestand darin, ein festes Mitarbeiterteam aufzubauen und über so lange Zeit zu motivieren: „Sie brauchen ‚Hände‘, denn Service bedeutet Hände. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn Sie immer wieder neue Leute haben.“ Seit fünfzehn Jahren, so der Hausherr, ist der Mitarbeiterstamm zu 80 Prozent unverändert geblieben: „Mit so einem Team können Sie wachsen, es ist die Seele des Hotels. Das merken die Gäste. Und die Mitarbeiter kennen die Gäste, ihre Bedürfnisse.“ Selbst im Winter, wenn die Anlage geschlossen ist, sind immer noch 30 Angestellte im Einsatz, um alles instand zu halten.
Für Odermatt jedenfalls ist das Hotel das „perfekte Produkt“, denn es gebe keine Bank oder Investoren als Besitzer im Hintergrund, die nach immer höheren Profiten und Gewinnmaximierung verlangten: „Wir können die Gewinne reinvestieren.“
Für ihn scheint sein Job selbst so etwas wie Urlaub zu sein, könnte man denken, wenn man ihn so entspannt in der Bibliothek der Villa Feltrinelli parlieren hört. Aber etwas Abstand muss selbst hier mal sein – und den genießt der Chef auf der eigenen Karibikinsel.