piwik no script img

Videoüberwachung in Großbritannien1000 Kameras für aufgeklärte Straftat

Großbritanniens öffentlicher Raum ist gepflastert mit Überwachungskameras. Nur bringt das nicht sehr viel - wie eine Studie enthüllt. Und die teure Observation gerät in die Kritik.

Teuer und ineffektiv? Überwachungskamera im Einsatz. Bild: dpa

Auch den Briten kommen langsam Zweifel am Sinn ihrer omnipräsenten Videoüberwachung im öffentlichen Raum. So enthüllte eine interne Studie der Metropolitan Police in London, dass nur ein einziges Verbrechen pro 1.000 Überwachungskameras aufgeklärt worden konnte.

In einem Monat konnten gerade einmal acht von 269 gemeldeten Raubüberfällen in der britischen Hauptstadt durch das Material aus den Videokameras aufgeklärt werden. Kein besonders guter Schnitt bei mehr als einer Million Kameras im gesamten Stadtgebiet - und Kosten von 500 Millionen Pfund (572 Millionen Euro) für die Anschaffung.

Michael McNally, Detective Superintendent der Polizei, der die Studie in Auftrag gegeben hatte, räumte gegenüber der BBC ebenfalls "einige Bedenken" ein. Generell aber betonte McNally, die Polizei betrachte die Videoüberwachung als wichtigen Teil der Ermittlungsarbeit und Verbrechensprävention.

David Davis, ehemaliger Schatten-Innenminister, ist dagegen wegen der Ergebnisse aufgebracht. "Dies sollte zu einer längst überfälligen Überlegung führen, wie man das Budget für Kriminalitätsverhütung verwendet", sagte er der britischen BBC. Videoüberwachung erzeuge hohe Kosten und einen minimalen Effekt. Davis kritisierte den "großen Eingriff in die Privatsphäre" und kritisierte, dass dadurch kaum mehr Sicherheit entstehe.

Chefinspektor Mick Neville versuchte zu beschwichtigen. Er sagte gegenüber der Zeitung Independent, dass die Menschen hohe Erwartungen hätten, wenn sie den kompletten Tag über gefilmt werden. Die Realität hingegen sei häufig anders - in manchen Fällen würdne die Kriminellen selbst dann nicht der Justiz überstellt, wenn sie auf Video aufgenommen und identifiziert worden seien.

Die Metropolitan Police hingegen zeigte sich von den Untersuchungsergebnissen wenig beeindruckt. "Wir schätzen, dass über 70 Prozent der Mordfall-Ermittlungen mit Hilfe von Überwachungskamera-Aufzeichnungen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnten - und dass die meisten Ermittlungen schwerer Straftaten durch eine Videoüberwachungs-Strategie unterstützt werden", teilte man der BBC mit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • S
    Studentin

    Nichts neues. Das wussten wir doch schon vor einigen Jahren.

  • M
    Makeze

    Naja, ist nur bedingt zu teuer. Wär doch toll für Schäuble wenn er mit Steuergeldern so konservative Stimmen haschen könnte...

    Und dann noch die Bundeswehr hinzuziehen, um terroristische Aktivitäten wie Schanzenfest, Chiemsee Reggea Summer oder MP3s runterladen mit null-toleranz-Gewalt zu verhindern!

  • SL
    Sam Lowry

    ...das Prinzip "Gesetze > Schuld > Strafe > Resozialisierung" existiert nicht, da Resozialisierung überhaupt nicht stattfindet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es sich lediglich um eine Unterbringung unter niedrigsten Bedingungen handelt, die gegen jede Konvention verstößt. 2-Mann-Zellen mit 10 qm ohne Abtrennung von Toilette, Sichtschutz vor den Fenstern, dass man nicht hinausschauen kann, dadurch Gewalt, die wiederum dazu führt, dass die Entlassenen noch kaputter sind als vorher. Dazu das sog. Führungszeugnis, das einem die Rückkehr in die Normalität versagt. Das fast alle meiner Bekannten das weitermachen (müssen), was sie in die Abgrenzung brachte, ist lediglich logische Konsequenz eines Systems, das menschenverachtend, egoistisch und dumm ist. In dem Menschen darüber bestimmen, was gemacht wird, die entweder keine Ahnung haben oder befangen sind. Wie kann man ein Opfer einer Straftat zum Richter machen ??? Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma wäre eine komplette Umstrukturierung der aktuellen "Rache-Macht-Gier-und-Besitz-Ordnung" (oder Auswandern).

  • AD
    Axel Dörken

    Verhaltensökonomisch ist das längst eindeutig.

     

    Doch wofür Otto-Normal-Verbraucher sich nicht informiert, was er nicht kennt, davor hat er erst einmal oftmals Angst und lehnt es folglich auch oftmals ab.

     

    In England wurde nun also nachgewiesen, dass immer mehr Überwachungskameras nicht die erwünschte Lösung bringen. Einfach Menschen wie mich fragen, die sich mit der Psychologie und dem Bewusstsein befassen. eine solche Beratung kostet Geld, doch sicherlich nicht so viel, wie 100 Kameras und deren Installation.

     

     

    Dass das Prinzip, Gesetze > Schuld > Strafe > Resozialisierung, nicht zum gewünschten Ziel, "Sozialeres Verhalten" führt, haben solche wie ich schon längst bemerkt. Andere, die Masse der Einzelnen, schlafen dementsprechend noch immer.

     

    Logischer Rückschluss meiner Kernaussage:

    Wenn Gesetze, Schuld und Strafe zur Resozialisierung führen würden, sollten dann unsere Gefängnisse nicht mindestens leerer, wenn nicht gar leer sein?

     

    Der Weg zur Reduktion von Straftaten ist der Weg der Liebe, der Weg des Trauens, der Weg des "Miteinander auf Augenhöhe" und des VERGEBENS und nicht nach RACHE (legale Rache = Bestrafung auf Basis von Gesetzen).

     

    Rache und Ausgrenzung führen selbst bei Androhung und Durchsetzung der Todesstrafe nicht dazu, dass Ausgegrenzte weniger durch so genannte "kriminelle Handlungen", auf sich aufmerksam machen.

     

    Viele Kinder kennen das zugrunde liegende psychologischen Prinzip "Lieber negativ auffallen, als gar keine Aufmerksamkeit bekommen.". Und ihre Eltern, zu eingeschränkt, um andere Lösungen, als Missachtung, Strafe und Ausgrenzung, nämlich URSACHENFINDUNG und URSACHENLÖSUNG, zu finden, lassen sich terrorisieren.

     

    Naja, ist ja auch wichtiger zu konsumieren, als die Grundprinzipien des Lebens zu erfassen, zu begreifen und umzusetzen, oder?

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • EM
    Eumel Müller

    Mehr als eine Million Kameras im Stadtgebiert???

    Ach du Schande, das is ja richtig heftig. Wundert mich nich, dass die Aufklärungsquote mager ist. Wer soll denn das alles auswerten?

     

    @philip

    wär ihm zuzutrauen

  • P
    Philip

    na, is doch klar, dass herr schäuble jetzt 100 000 kameras aufstellen lassen wird, um 100 verbrechen aufzuklären