Videospiel „Star Wars Outlaws“: Kriminell im All
Der „Star Wars“-Kosmos ist um ein Videospiel reicher. „Outlaws“ ist unterhaltsam und imperiumskritisch, doch eine offene Spielwelt hätte es nicht gebraucht.
„Star Wars“, das ist der Krieg in den Sternen, das Gute gegen das Böse, rote und blaue Lichtschwerter, Jedi-Ritter, Sith und wilde Weltraumschlachten. Oder es ist die organisierte Kriminalität im Untergrund, die Korruption unter dem Imperium, die Frage nach Loyalitäten und der Machtkampf zwischen rivalisierenden Syndikaten.
Die zweite Seite, die unbekanntere des Science-Fiction-Epos, ist Schauplatz des neuen Videospiels „Star Wars Outlaws“. Nach knapp fünf Jahren Entwicklungszeit zählt es zu den meisterwarteten Titeln dieses Jahres. Doch der Publisher Ubisoft und Markeninhaber Disney verschenken Potenzial.
Die Banditin Kay Vess schlägt sich mit kriminellen Aufträgen durch und wird dabei stets von dem kleinen Vierbeiner Nix unterstützt. Im Outer Rim, dem äußeren Rand der Galaxie, floriert die organisierte Kriminalität und Kay lässt sich gleich zu Beginn in eine Welt aus Schmuggel, Diebstahl und Verrat hineinziehen. Doch neben dem Huttenkartell oder dem Ashiga Clan kreuzen sich auch die Wege mit dem Imperium.
„Outlaws“ wirft einen interessanten Blick auf das „Star Wars“-Universum, den es ansonsten nur in Büchern oder Serien gibt. Das Spiel zeigt, wie das faschistische Imperium sich ökonomische Vorteile sichert, indem es die organisierte Kriminalität fördert. Dabei merkt Kay schnell, dass sie sich entscheiden muss, wem ihre Loyalität gilt.
Han Solo noch in Karbonit
Die Handlung von „Outlaws“ ist zwischen Episode V und VI angesiedelt, Han Solo ist noch in Karbonit eingefroren und auf dem Weg zu Jabba dem Hutten. Letzteren trifft man auch im Spiel an, sofern man denn die richtige Edition gekauft hat. Das Spiel erscheint in drei Editionen, Standard, Gold und Ultimate für 70, 110 und 130 Euro. Die Mission mit Jabba ist nur in den Versionen ab 110 Euro aufwärts enthalten – sehr zum Ärger der Fans. Bereits im Vorfeld haben sie laute Kritik daran geäußert, dass der Publisher Ubisoft trotz Vollpreis Spielinhalte zurückhält. Überhaupt stellt sich die Frage, ob „Star Wars Outlaws“ seine 70 Euro wert ist.
Denn nach kurzer Zeit merkt man, dass es sich kaum um ein vollwertiges Produkt handelt und die Spielenden stolpern über massenhafte Programmierungsfehler. Die kontinuierlichen Makel reichen von Tonaussetzern bis hin zu Einbrüchen der Bildrate und fehlerhaften Animationen. Das ist nicht unbedingt ein singuläres Problem von „Star Wars Outlaws“, sondern vielmehr das alltägliche Übel der Gaming-Branche. Aber durch die frühzeitige Veröffentlichung von unvollendeten Spielen zugunsten von Quartalszahlen haben sich inzwischen einige Publisher ihre Fanbase vergrault.
Doch das neue „Star Wars“-Spiel hat auch durchaus starke Momente und kann neben den Syndikaten auch mit einer dichten Atmosphäre überzeugen. Auf mehreren Planeten kann sich Kay in Gesprächen verlieren, sympathische Charaktere kennenlernen oder sich mit ihrem kleinen Begleiter Nix den Bauch vollschlagen. Doch das mittelmäßige Gameplay trübt die solide Atmosphäre. Missionen lassen sich meist durch die klassischen drei Optionen in Spielen lösen: überreden, schleichen und – die meist simpelste Option – schießen.
Diese Trinität ist allerdings spielerisch so anspruchslos gehalten, dass Spieler:innen sich von Beginn an unterfordert fühlen. Weder die minimalen Kletterpassagen noch die monotonen Schießereien bieten eine Herausforderung. Statt qualitativen Inhalts bekommt man nur Füllmaterial. Immerhin kann Kay mit ihrem kleinen Nix Wachen ablenken oder Alarmanlagen sabotieren und Explosionen auslösen. Das ist zwar hilfreich, vertieft das Spielerische aber nur minimal.
Neben dem Gameplay ist auch die weitläufige Welt des Spiels kaum von Relevanz. Zwar ist „Star Wars Outlaws“ das erste Spiel der Marke mit einer offenen Welt, doch gleicht sie mehr einer Ödnis. Nach ein paar Fahrten durch die teils malerischen, aber oft leeren Landschaften hat sich der Anblick erschöpft.
Die Stärken von „Outlaws“ liegen nicht in der offenen Welt, sondern im Kleinen, in den Unterwelten großer Städte und der dichten Atmosphäre, die in Bars und auf Marktplätzen herrscht. Um die Banditin Kay versammeln sich stets Figuren in allen Formen und Farben, Größen und Kulturen, von den verschiedensten Planeten, Religionen und Gesellschaften. Die unterschiedlichen Kulturen können zumindest in der weit entfernten Galaxie von „Outlaws“ gut miteinander leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“