Video der Woche: Wie nach 20 Jahren Ehe
Ein Disput zwischen Gregor Gysi und Werner Schulz auf Gysis Pressekonferenz. Sie duzen sich. Zwei traurige, voneinander enttäuschte Männer. Wie ein Streit nach über 20 Jahren Ehe, von '89 bis 2010.
Rot-rot-grün am Ende. Neuer Tiefpunkt in den Beziehungen von SPD, Linkspartei und Grünen. So schreiben es alle, so schreibt es auch die taz. Grund: Die Linken leisteten sich einen kleinen Super-Gauck und wollten den von Sigmar Gabriel und Jürgen Trittin aufgestellten Ersatzmonarchen nicht mitwählen. Und dieses Video illustriert nun nach Meinung der Journalisten die Malaise.
Dabei ist dieses Video das erste Zeichen für Rot-rot-grün auf Bundesebene. Aber dazu später mehr.
Während Gregor Gysi, offiziell Fraktionsvorsitzender, eigentlich aber Chef für alles der Linken, auf einer Pressekonferenz (auf seiner Pressekonferenz, wie er zu betonen sich genötigt sieht) erklärt, dass die linken Abgesandten in der Bundesversammlung sich im dritten Wahlgang enthalten werden, hält es Werner Schulz (Abgeordneter der Grünen im Europaparlament, war lange nicht Chef für irgendwas) nicht mehr aus. "Das ist ein Beispiel für nachhaltige Politik, mein Lieber" stichelt Schulz in Gysis Richtung und sieht dabei unheimlich traurig aus. Hört sich auch so an. Mit einem gehörig Maß an unterdrückter Wut natürlich.
Der sonst so schlagfertige Gysi entgegnet, dass sei im Gegenteil ein Beispiel dafür, dass die Grünen und die SPD die Linke auch einmal anrufen könnten. Dabei klingt auch er ziemlich traurig.
Zwei traurige, voneinander enttäuschte Männer also, die sich, während sie sich Vorhaltungen machen, mit Du ansprechen. Es hat etwas von einem resignierten Streit nach 20 Jahren Ehe (1989 bis jetzt). Und Gregor Gysi ruft offenbar kein Schwein an.
Ob die Grünen auf Knien rutschen sollten, fragt Werner Schulz und erhebt dann Anklage: "Ihr hättet über Euren SED-Schatten springen können."
Danach darf er dann noch in irgendein Mikrofon etwas Quatschiges über die Wichtigkeit eines Amtes sagen, dessen Träger nix zu melden hat. Enttäuscht natürlich wiederum. Weil wir ja jetzt einen Bundes-Chrissi haben, mit Bellevue-Achim wurde es ja nix. Trotzdem die Bürger...und die Wichtigkeit dieses Ereignisses....la la la
Und warum ist das jetzt ein Zeichen für Rot-rot-grün (Steile These jetzt, damit das hier auch jemand liest):
Erstens: Nach zwanzig Jahren Ehe trennt man sich nicht mehr so leicht. Wenn der Werner den Gregor öfter mal von unterwegs anruft, renkt sich das schon wieder ein.
Zweitens: Solch tiefe Enttäuschung voneinander heißt: Es gibt Erwartungen aneinander. Das ist ja schon mal mehr, als man vor dieser Wahl geglaubt hätte.
Drittens: Die ganze Zeit seit Hartz-IV haben die Linken Grüne und SPD vor sich hergetrieben. Hat ihnen selbst viel gebracht, nutzte politisch aber eher den Konservativen. Jetzt ist es einmal umgekehrt gelaufen – mit dem gleichen Ergebnis. Nun darf die Erkenntnis auf beiden Seiten reifen, dass es künftig eventuell auch mal zusammen funktionieren könnte.
Falls nicht. Bitte Gregor Gysi anrufen.
Irgendjemand muss es ja machen.
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