Video der Woche: Blut auf der Bluse
Handfeste Kämpfe im viktorianischen Zeitalter: Statt Stolz und Vorurteil liefern sich die Damen des 19. Jahrhunderts einen Schlagabtausch à la Brad Pitt.
Nichts als einwandfreies Aussehen. In einer perfekten Kulisse. Nur eins fehlt: Leidenschaft. Stattdessen: Lethargie. Ausdruckslose Gesichter hinter prächtiger viktorianischer Tracht, taube Finger auf klanglosen Klaviertasten und obligatorisches Kaffeetrinken auf einer blütenweißen Veranda.
Ein Ausliefern an Regel und Anstand, so die sanfte Stimme aus dem Off. Bis man die Nerven verliert. Und da gibt es nur einen Ausweg: Schlag mich! Lizzy verlangt danach und stellt sofort die erste Regel für den Damen-Kampf auf: Verliere kein Wort über den Fight Club.
„We were no longer good society“, so betitelt der You-Tube-Kanal „TwoTurntablesNMic“ den Fake-Trailer, der unter der Regie von Emily Janice Card und Keith Paugh von Jeff Dickson produziert wurde. Binnen einer Woche erreichte das Video fast eine Millionen Klicks und eroberte mit rasender Geschwindigkeit Blogs, Foren und Facebookseiten.
Das Erfolgsrezept? Zwei völlig konträre Welten perfekt kombiniert und als Sketch aufgeführt. So erscheinen die feinen englischen Damen denn mit blutigen Blusen beim nachmittäglichen Tee, verstecken gierige Blicke nicht mehr länger hinter einer höflichen Fassade und liefern sich blutige Duelle als Fanny, Emma und Lizzy. Letztere, ehemals Elizabeth genannt, ist die Protagonistin in "Stolz und Voruteil". Der Roman Jane Austens erschien zu Beginn des 19. Jahrhunderts, avancierte zum erfolgreichsten Werk der englischen Schriftstellerin und wurde mehrfach verfilmt, zuletzt mit Keira Knigthley in der Hauptrolle.
Gemäß dem Titel lassen Stolz und Vorurteil hier die strikte Einhaltung der Regeln der gehobenen Gesellschaft und das pure Prestigedenken den Menschen verkennen und ihn lediglich nach seinem sozialem Status beurteilen. Bei "Jane Austens Fight Club" gibt es deshalb Rebellion, zumindest im Kleinen. Während Tyler, gespielt von Brad Pitt in der Verfilmung von Chuck Palahniuks "Fight Club" ein Netzwerk auf die Beine stellt, um landesweit Anschläge auf die bestehende Ordnung zu verüben, mutet Lizzy beim Kaffeetassen aus der Hand Schlagen beinahe niedlich an.
Empfohlener externer Inhalt
Jane Austen's Fight Club
Die Botschaft ist trotzdem klar: Am Ende des Trailers sieht man keine leblosen Gesichter mehr, sondern Leidenschaft. Nur eins weiß man noch nicht: In den Vorlagen siegt am Ende die Liebe, natürlich. Und in "Jane Austens Fight Club"? Wer weiß, vielleicht steigt die Klickwut bis ins Unermessliche und der Trailer wird doch noch zum Film.
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