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VfB Stuttgart im AufwindKeine Gnade, Woltemade

Der VfB Stuttgart nähert sich in der Fußballbundesliga der guten Form aus der Vorsaison und deklassiert zu Hause einen tranigen SC Freiburg mit 4:0.

Beweglicher Schlaks: Nick Woltemade (VfB Stuttgart) zieht kräftig ab Foto: Imago

Es war so um die 85. Minute herum, als im Stuttgarter Stadion Jubelgesänge erklangen, die angesichts des Spielstands von 4:0 unfreiwillig bescheiden klangen: „Die Nummer eins im Land sind wir“, sangen Teile der Cannstatter Kurve in Richtung der bedröppelten Freiburg-Fans. Dabei sind die Ansprüche in Stuttgart doch längst wieder ganz andere, als nur der Beste von vier baden-württembergischen Erstligisten zu sein – neben den abstiegsgefährdeten Heiden- und Hoffenheimern. Und neben Freiburgern, die an diesem Nachmittag längst nicht so gut waren, wie ihr Tabellenplatz im gehobenen Mittelfeld nahegelegt hätte.

Drei Tore schoss ein bestens aufgelegter VfB schon vor der Pause gegen die merkwürdig abwesenden, nie konkurrenzfähigen Gäste. Alle drei fielen nur wenige Sekunden nach Eckbällen durch Anthony Rouault (3.) und Ermedin Demirović (17.). Nick Woltemade, dieser für seine Körpergröße erstaunlich wendige und trickreiche VfB-Stürmer, legte mit einem unberechtigten Elfmeter nach, der von Schiedsrichter Felix Zwayer ebenfalls nach einer Ecke gepfiffen wurde (45.). 4:0 stand es am Ende, weil auch noch der eingewechselte Deniz Undav traf (80.).

Wohl dem Klub, der Spieler wie Undav, Chris Führich, Maximilian Mittelstädt oder Jacob Bruun-Larsen auf die Bank setzen kann. Die Klatsche für Freiburg wäre noch demütigender ausgefallen, wenn Stuttgart sich im zweiten Durchgang nicht vernünftigerweise für das Spiel in Bratislava geschont hätte. Dort wäre am Dienstag ein Sieg schließlich wichtig bis unerlässlich, um auch in der Champions League weiterzukommen und somit weiterhin in allen drei Wettbewerben mitzutun.

Am Ende einer englischen Woche, die diesmal nur im Brot-und-Butter-Geschäft der nationalen Liga ausgespielt wurde, stehen nach Siegen gegen Freiburg, Leipzig und Augsburg neun Punkte zu Buche. Kommentiert werden solche glücklichen Fügungen, seit Sebastian Hoeneß in Stuttgart das Sagen hat, wohltuend nüchtern. Gegen eine lautsprecherische Dünkelhaftigkeit, in die Teile der VfB-Granden gerne mal abdriften, ist der Trainer zuverlässig geimpft.

SC ohne Torchance

Allerdings übertrieb es der bescheidene Coach mit dem Understatement ein wenig, als er auch noch behauptete, erst nach dem 4:0 „wirklich“ sicher gewesen zu sein, dass man dieses Spiel gegen Freiburg auch gewinnen würde. Schließlich hat in der Geschichte des Fußballs ja noch keine Mannschaft einen 0:3-Rückstand gedreht, ohne auch nur einmal den gegnerischen Keeper beschäftigt zu haben.

Dass VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth in der Interviewzone an der eigenen Wahrnehmung zweifelte und betonte, er wisse „jetzt nicht, ob Freiburg eine klare Torchance hatte, ich kann mich an keine erinnern“, war jedenfalls unnötig: Es gab wirklich keine einzige. Das im Durchschnitt auffallend junge VfB-Team nähert sich derzeit rasant der Form aus der Vorsaison. Tabellarisch ist man mit Platz vier auch schon nah dran nach diesem Spiel, das tatsächlich „ein Stück weit eine Demonstration war“, wie Wohlgemuth fand.

Die wurde von Freiburger Seite als „Derby“ bezeichnet, während die Stuttgarter Stadionregie, wohl wissend, dass die eigene Kurve auch gegen Freiburg inbrünstig den eine Liga tiefer spielenden KSC beleidigte, nur von einem „Baden-Württemberg-Duell“ sprach. So oder so, beim Verein aus Südbaden war die Liste der Defizite lang, letztlich umfasste sie alle Parameter der Sportart. Stuttgart konnte sich durchkombinieren, ohne dass es dabei zu lästigen Störversuchen gekommen wäre.

Erstaunlicherweise herrschte im eigenen Strafraum stoische Gelassenheit, wenn er von Stuttgartern bevölkert wurde. SC-Kapitän Christian Günter sprach von „Phasen, wo wir nicht hart genug waren“– diese Phase dauerte 90 Minuten. Ebenfalls bedenklich: Nach der Pause wirkte es, als ob zwischen dem ersten und zweiten Durchgang nur ein Einwurf gelegen hätte.

Der SC spielte so tranig weiter wie zuvor, derweil Bochum zeitgleich beim 3:3 gegen Leipzig zeigte, wie man nach einem 0:3-Rückstand agieren kann, wenn man noch etwas vorhat. Das Spiel stattdessen ohne Gegenwehr herzuschenken, das versicherte SC-Trainer Julian Schuster glaubwürdig, war allerdings nicht die Vorgabe gewesen, die in der Halbzeitpause verkündet worden war.

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