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Verzögerte Genehmigung für TierversucheSenatorin quält Affenquäler

Obwohl die linke Bremer Gesundheitssenatorin Tierversuche an Affen längst hätte genehmigen müssen, verschleppt sie die Entscheidung.

Wer will diesem vorwurfsvollen Blick standhalten? Berberaffen in einem Affenfreigehege in Salem Foto: Felix Kästle/dpa

Bremen taz | Ein niedliches Äffchen, dass mit seinen großen Augen einen mitleiderregenden Appell an alle Betrachter formuliert: „Schluss mit der Affenqual in Bremen!“ Mit diesen Plakaten, die kürzlich in Bremen zu sehen waren, forderten Tierschutzvereine, dass der Neurobiologe Andreas Kreiter seine Forschung an Makaken an der Universität Bremen aufgibt.

Aktuell flackert der Rechtsstreit um die Genehmigung neu auf. Denn über den Verlängerungsantrag, den Kreiter bereits im Juli stellte, hat die Gesundheitsbehörde bis heute nicht entschieden, obwohl Kreiters Genehmigung am 30. November auslief.

Aus ihrer persönlichen Ablehnung gegen Tierversuche macht die Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) keinen Hehl. Grund für die Verzögerung sei aber die veränderte Rechtslage, die eine erneute Prüfung erfordere. Diese Veränderung der Rechtslage bezweifelt wiederum die Universität. Streitpunkt ist dabei auch, ob das Tierschutzgesetz in seiner neuen Fassung vom 26. Juni anzuwenden ist, trotz der bestehenden Übergangsregelung. Die neue Fassung enthält die Ergänzung, dass eine Genehmigung „nach Prüfung durch die zuständige Behörde“ zu erteilen ist.

Die Makaken repräsentieren einen alten Streit, der nun neu entbrannt ist. Denn gegen die Tierversuche sind nicht nur die Tierschützer:innen, sondern auch die Bremer Politik. Das ist nicht unbedingt verwunderlich, denn in der Öffentlichkeit sind Tierversuche nicht populär. Schon 2007 hatte die Bremische Bürgerschaft damals einstimmig das baldige Ende der Forschung am Makakenhirn beschlossen.

Schon 2007 hatte die Bürgerschaft das Ende der Forschung am Makaken beschlossen

Allerdings: Das wäre ein Eingriff in das Grundrecht auf Forschungsfreiheit. Ein Versuch der zuständigen Behörde, die Experimente zu beenden, war 2012 vor dem Oberverwaltungsgericht letztinstanzlich gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen das Urteil als unbegründet zurück. Es stellte obendrein fest, dass es „der Bremischen Bürgerschaft an der Kompetenz“ fehle, „die Zulässigkeit von Tierversuchen jenseits dessen zu regeln, was ihr im Gesetz zugestanden ist“. Und das Gesetz räume der Behörde eben keinen Prüfungsspielraum ein.

Klar ist die Rechtslage hingegen in einem Punkt: Laut Tierschutzverordnung hätte Gesundheitssenatorin Bernhard innerhalb von 40 Tagen über Kreiters Antrag entscheiden müssen. So heißt es im Beschluss des Bremer Verwaltungsgerichts. An das wendete sich Kreiter mit einem Eilantrag auf Rechtsschutz, denn er kann seine Forschung nicht einfach längerfristig pausieren. Das „führe zu irreparablen Schäden“, urteilte das Gericht. Mit­ar­bei­te­r:in­nen würden abwandern, Finanzierung wegfallen, mehrjährige Projekte müssten ohne Ergebnis abgebrochen werden und auch die Versorgung der Tiere wäre gefährdet. Vorläufig darf Kreiter also die Versuche fortsetzen.

Die Nachteile davon wiegen allerdings schwer, räumt das Gericht ein. Sie lägen in der Beeinträchtigung des Tierschutzes, dem in Artikel 20a des Grundgesetzes Verfassungsrang eingeräumt worden ist. „Bei der Durchführung der beantragten Versuche würden Versuchstieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt“, so die Richter:innen.

Der Beschluss wirft kein gutes Licht auf die Gesundheitssenatorin. Sie sei verantwortlich dafür, dass das Gericht „die aufgeworfenen Rechts-, Tatsachen- und Bewertungsfragen“ nicht bis zur Frist am 30. November beantworten konnte. Warum sie nicht über den Antrag entschied, habe sie bisher nicht dargelegt. Sie habe Kreiter auch nicht aufgefordert, seinen Antrag zu ergänzen und ihre Bedenken erst im gerichtlichen Verfahren ausführlich geäußert. Eine knapp 1.000-seitige Behördenakte sei „dem Gericht zunächst unvollständig und erst auf ausdrückliche Nachfrage am 16. November überlassen worden“.

Dass die Genehmigung eindeutig abzulehnen sei, gehe aus der Akte nicht hervor, schreiben die Richter:innen. „Bei Gericht ist nach Sichtung der Akte vielmehr der Eindruck entstanden, dass von Seiten der Antragsgegnerin die Bescheidung des Antrags bewusst verzögert wird“, heißt es gegen Ende des Beschlusses.

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