Verurteilungen in Guatemala: 40 Jahre Haft für Militär-Schergen
Erstmals wurden in Guatemala ehemalige Polizisten verurteilt – auf Basis von lange geheim gehaltenen Akten. Es ist ein Urteil mit weitreichenden Folgen für das Land.
SAN SALVADOR taz | Beweise aus dem lange geheim gehaltenen Archiv der Nationalpolizei von Guatemala haben erstmals zu einer Verurteilung geführt. In Guatemala-Stadt wurden zwei ehemalige Polizisten zu je 40 Jahren Haft verurteilt, weil sie 1984 daran beteiligt waren, den Gewerkschafter Fernando García verschwinden zu lassen.
García war der Ehemann der heutigen linken Parlamentsabgeordneten Nineth Montenegro, die sich als Menschenrechtsaktivistin vor allem für die Rechte der Familienangehörigen der rund 45.000 Verschwundenen des von 1960 bis 1996 andauernden Bürgerkriegs einsetzt. Garcías Leiche wurde bis heute nicht gefunden. Montenegro hat in den vergangenen Monaten mehrfach Todesdrohungen erhalten.
"Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung", sagte Gustavo Meoño, der Leiter des Polizeiarchivs: "Der Prozess stützte sich fast ausschließlich auf Beweismittel aus dem Archiv." Unter anderen hatten Meoños Rechercheure eine Anweisung gefunden, nach der die beiden jetzt verurteilten Expolizisten Hector Roderico Ramírez und Abraham Lancerio Gómez für das Verschwindenlassen von García und seinem Mitgewerkschafter Danilo Chinchilla mit einem Orden ausgezeichnet werden sollten.
Die Existenz des Archivs der Nationalpolizei war nach dem Ende des Bürgerkriegs von der damaligen Regierung geleugnet worden. 2005 wurde es entdeckt und unter die Obhut des staatlichen Menschenrechts-Ombudsmanns gestellt. Die dort gestapelten und zum Teil von Ungeziefer angefressenen 80 Millionen Dokumente werden noch immer restauriert und geordnet.
Die Verurteilten stritten ihre Beteiligung an dem Verbrechen ab. Nach ihren Informationen lebe García unter anderem Namen in Kanada, behaupteten sie. Das Gericht ordnete an, die Befehlskette, über die das Verschwindenlassen von García und Chinchilla angeordnet wurde, bis zum damaligen Chef des militärischen Geheimdienstes Byron Lima Oliva zu untersuchen. Dieser sitzt eine 20-jährige Haftstrafe wegen des Mordes an dem Weihbischof und Menschenrechtler Juan Gerardi 1998 ab.
Für Montenegro ist der Fall erst abgeschlossen, wenn die Leiche ihres Mannes gefunden ist und die intellektuellen Täter bestraft werden. "Die damaligen Täter leben noch immer", sagte sie. "Sie sind heute die Köpfe des organisierten Verbrechens."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!