piwik no script img

Verurteilung in AlgerienGeneral Hassan hart bestraft

Ein Militärgericht fällt ein beispielloses Urteil gegen Abdelkader Ait-Ouarabi. Algeriens langjähriger Anti-Terror-Chef muss für fünf Jahre in Haft.

Unterstützerinnen und Unterstützer von Staatspräsident Bouteflika. Foto: ap

Oran AFP | In einem beispiellosen Urteil ist der langjährige algerische Anti-Terror-Chef Abdelkader Ait-Ouarabi, besser bekannt als General Hassan, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das teilte sein Verteidiger Khaled Bourayou am Donnerstag mit.

Der Anwalt kritisierte den Urteilsspruch eines Militärgerichts im nordwestalgerischen Oran als „Vergeltung“, bei der mildernde Umstände wie etwas das Alter und der Gesundheitszustand seines Mandanten sowie dessen Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus nicht berücksichtigt worden seien.

Bourayou kündigte an, gegen das Urteil vor das Kassationsgericht zu ziehen, da die Militärjustiz in Algerien keine Berufung zulässt. General Hassan wurde den Angaben zufolge wegen „Zerstörung von Dokumenten“ und „Verstoß gegen militärische Weisungen“ verurteilt.

Der Prozess war auf Antrag der Staatsanwalt hinter verschlossenen Türen zu Ende gegangen, Journalisten wurden während der gesamten Verhandlung nicht in den Gerichtssaal gelassen. Auch Einzelheiten des Urteils des Richtergremiums aus einem zivilen und zwei Militärrichtern wurden nicht veröffentlicht.

Ein Militärrichter ordnete Ende 2013 an, General Hassan zwangsweise in den Ruhestand zu versetzen und unter Aufsicht zu stellen.

General Hassan hatte den Anti-Terror-Kampf der algerischen Armee gegen islamistische Gruppen fast 20 Jahre lang angeführt. Dabei war er auch wichtiger Ansprechpartner für ausländische Geheimdienste. Ein Militärrichter ordnete Ende 2013 an, General Hassan zwangsweise in den Ruhestand zu versetzen und unter Aufsicht zu stellen.

Beobachter werteten dies als Versuch von Staatschef Abdelaziz Bouteflika, seine Kontrolle über die Geheimdienste zu festigen, die in Algerien als „Parallelstaat“ betrachtet werden. Im September setzte Bouteflika auch General Mohamed Mediene ab, bekannt als General Toufik, der ein Vierteljahrhundert an der Spitze des mächtigen Geheimdienstes DRS gestanden hatte.

In einer von algerischen Zeitungen abgedruckten Stellungnahme erklärten General Hassans Anwälte am Donnerstag, ihr Mandant sei ein „Kollateral-Opfer des erbitterten Krieges zwischen den Clans, der auf hoher Ebene der Politik geführt“ werde. Generals Hassan habe „das Land vor den Gefahren des Terrorismus bewahrt“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Beobachter werteten dies als Versuch von Staatschef Abdelaziz Bouteflika, seine Kontrolle über die Geheimdienste zu festigen, die in Algerien als „Parallelstaat“ betrachtet werden." - Das erinnert (u.a.) an Pakistan, wo die Geheimdienste ebenfalls ein Eigenleben führen und radikale Islamisten ebenso zu fördern, wie zu bekämpfen scheinen. Offensichtlich braucht man sie, um das eigene verbrecherische Gewerbe aufrecht zu erhalten. - Ich hoffe, daß sich hier noch Algerien-Kenner melden, zu denen ich nicht gehöre, um nähere Einzelheiten mitzuteilen. - Soviel aber weiß ich, daß Indizien dafür sprechen, daß die rezente Abspaltung der ehemaligen islamistischen Terrorgruppen in Algerien (GIA), genannt "Al Quaeda im Islamischen Maghreb", ein Geschöpf der algerischen Dienste unter interessierter Mitwirkung der CIA ist. (Vgl. Thomas Roithner: Krieg im Abseits, Wien 2011, S. 133.) Es ist dieses verbrecherische Doppelspiel vermeintlicher "Sicherheitsbehörden" (die alles andere, als die Sicherheit der Bevölkerung im Sinn haben), gegen das Bouteflika möglicherweise versucht vorzugehen. Ob dahinter bloß ein Machtkampf einflußreicher Clans, oder tatsächlich eine demokratische Absicht steckt, vermag ich freilich nicht zu beurteilen. - Ich würde es aber ausgezeichnet finden, wenn die TAZ nicht bloß Pressemeldungen in ihrer ganzen - hilflosen oder beabsichtigten - Undurchsichtigkeit abdruckte, sondern sich bemühte, den Hintergrund aufzuklären. Und der ist allemal bedeutsam, wenn Geheimdienstgeneräle verurteilt bzw. geschasst werden.