Verurteilter Luxemburger Stürmer: Proteste gegen Gewalttäter im Nationaltrikot
Der wegen häuslicher Gewalt verurteilte Luxemburger Stürmer Gerson Rodrigues durfte auch gegen Irland im Nationalteam spielen. Vor dem Stadion wurde demonstriert.
Vor dem Freundschaftsspiel gegen Irland war es Gerson Rodrigues ein Anliegen, den Sport und seine eigenen Verdienste in den Vordergrund zu rücken. Via Instagram postete er: „Ich bin der beste Torschütze der luxemburgischen Fußballgeschichte und trage das Trikot meines Landes mit Stolz. Ich werde weiter dribbeln, Tore schießen und die Zuschauer bewegen.“ Ein Treffer erzielte er am Abend nicht. Das Spiel endete torlos. Einige Zuschauer waren allerdings durchaus bewegt. Nicht von dem, was auf dem Rasen geschah, sondern allein von der Anwesenheit Rodrigues’.
Rund 100 Demonstranten streckten schon vor Spielbeginn vor dem Stade de Luxembourg symbolisch Rote Karten in die Höhe. Auch in der Arena zeugten Protesttransparente von großem Unmut im Publikum. Bereits am Freitag bei der Heimpartie gegen Slowenien hatte es ähnliche Proteste gegeben. Vielen ist der Umgang des Luxemburgischen Fußballverbandes mit der Causa Rodrigues unverständlich. Selbst Luxemburgs Sportminister Georges Mischo sprach unlängst von „einer Katastrophe“ und kündigte Gespräche mit den Verbandsverantwortlichen an.
Anfang Mai war Rodrigues von einem Berufungsgericht wegen mehrfacher Körperverletzung zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe, Geldstrafen und Entschädigungen verurteilt worden. Die Richter bestätigten damit das erstinstanzliche Urteil vom Vorjahr und sahen es als erwiesen an, dass der 29-Jährige Ende 2022 seine damalige Partnerin, eine Influencerin und frühere Miss Luxemburg, geschlagen hatte. Des Weiteren wurde ihm zur Last gelegt, dass er bei einer Auseinandersetzung im Bahnhofsviertel von Luxemburg zwei Männern Gesichtsverletzungen zugefügt hatte.
Rodrigues streitet bis heute jene Vorwürfe ab, die nicht von Dritten bezeugt werden können – also die Vorwürfe der häuslichen Gewalt gegenüber seiner ehemaligen Partnerin. Diese habe sich die nachweislich sichtbaren Verletzungen selbst zugefügt. Er habe sie sogar daran gehindert, „das Schlimmste zu tun“. Auf den jüngsten Richterspruch hat er einen etwas eigenwilligen Blick. Er respektiere das Urteil, das bedeute aber nicht, dass dies die Wahrheit widerspiegele.
Werben um Mitgefühl
Ähnlich unbekümmert geht der Luxemburgische Fußballverband FLF bislang mit der Verurteilung seines Rekordstürmers um. Nationaltrainer Luc Holtz warb am Dienstagabend noch nach der Partie gegen Irland um Mitgefühl. „Die ganze Geschichte hat ihn sehr getroffen, auch wenn man das in der Gruppe nicht wirklich merkt. Doch ich kenne ihn schon lange. Wenn so viel auf dich einprasselt, ist es wirklich schwer, sich auf das Spiel zu konzentrieren.“ Generell stellte er Rodrigues ein gutes Zeugnis aus: „Er ist ein sehr netter Junge mit einem großen Herzen, der nicht immer seine Gefühle zeigt.“
Einem in dieser Angelegenheit kritisch berichtenden Journalisten von der Tageszeitung Le Quotidien hatte der FLF-Pressesprecher kürzlich vor einem Medientermin mitgeteilt, er sei nicht willkommen. Die nationale Vereinigung der Sportjournalisten Luxemburgs solidarisierte sich daraufhin in einer Stellungnahme mit dem ausgeladenen Kollegen. FLF-Präsident Paul Philipp zeigte sich davon unbeeindruckt und beklagte, Rodrigues würde öffentlich gelyncht, und mokierte sich über die Dauer der Berichterstattung. Weil der öffentliche Druck mittlerweile so groß ist, kündigte die FLF am Dienstag an, eine Ethikkommission zu gründen, die sich mit dem Fall Rodrigues befassen soll.
Eine Suspendierung von Rodrigues durch die FLF hat es im Übrigen schon einmal gegeben. Der Grund damals? Der Stürmer wollte nicht mit den Physiotherapeuten der FLF zusammenarbeiten. Zudem war bei der Begnadigung im Oktober 2023 noch von anderen Missverständnissen die Rede. Sein Trainer Holtz erklärte damals: „In seinem Fall gibt es eine Null-Toleranz-Grenze. Wegen seiner Vergangenheit darf er sich nichts mehr erlauben.“
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