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Vertrauen und Dollars

■ John R. Dahls „Kill me again“

Unter allen Gaunern ist der Privatdetektiv der hinterlistigste. Er repräsentiert das Gesetz und arbeitet zugleich außerhalb desselben. Der Detektiv zeigt, daß man alles durchschauen kann, aber nicht die ganze Wahrheit mitteilen muß. So kann er mit der Moral hausieren gehen und selbst doch zutiefst unmoralisch sein. Am Ende zählt nur, wieviel Bargeld bei der Erledigung des Falls - schon der Begriff sagt aus, worum es ihm geht - rausspringen wird.

Wo die Grenzen zwischen Verbrechen und Aufklärung nahezu verschwimmen, ist scheinbar Absurdes möglich. Jack Andrews, eine mißlungene Mischung aus Philipp Marlowe und Don Johnson, bekommt, nachdem ihm ein Kredithai das Büro neu gestylt hat, ungewöhnlichen Besuch. Eine Frau tritt ein und verlangt Unmögliches. „Ich möchte, daß sie mich töten“, sagt Fay Forrester und packt 5.000 Riesen auf den Tisch - der Rest folgt nach Erfüllung des Auftrages. Jake sagt zu. Der Privatdetektiv liebt es dramatisch: ein Liebesnest im Motel, blutverklebte Laken und ein Auto im See, das leider nicht so recht absaufen will.

Alle sind zufrieden, vor allem Fay, die den getürkten Mord an ihr regelrecht genießt und anschließend mit einer neuen Identität wiederaufersteht, um mit einem mysteriösen Koffer voller Banknoten untertauchen zu können. Aus dem Spiel mit dem Mord wird für Jake allerdings tödlicher Ernst, weil die Tat allzu glaubwürdig inszeniert ist; schon bald hat er die Polizei, die Mafia und den amoklaufenden Freund von Fay auf den Fersen...

Ein Thriller, eine Liebesgeschichte und der Kampf um einen Schatz, der Vertrauen heißt, aber in Dollars buchstabiert wird. Der Amerikaner John R. Dahl versucht mit seinem Spielfilm-Debüt Kill me again zu beweisen, daß ein zeitgemäßer Krimi nicht ohne ein halbes Dutzend überraschender Wendungen auskommt. Dabei findet der Film erst jenseits der Plots zu seinen Bildern. Denn spannend wird es dann, wenn Jake die Rolle des Gejagten abschüttelt und versucht, selbst an das Geld zu kommen. Jake entdeckt nun jenen Zug an sich, der scheinbar nur in seinen Gegenspielern steckt - die Gier nach Geld. Mit dem Wechsel der Perspektive verschieben sich auch die Fronten. Sind es wirklich die Ganoven, die durchtrieben sind - oder ist der Detektiv der Gerissenere?

Der Film glaubt, die Antwort nach konventionellem Muster geben zu müssen und hat Schwierigkeiten damit. Beim Zuschauer mag keine rechte Freude darüber entstehen, daß Jake ungeschoren davonkommt und allein zurückbleibt - mit der Tasche voller Geld. Geld macht nicht glücklich. Vor allem nicht beim Happy-End.

Christof Boy

John R. Dahl: Kill Me Again, mit Val Kilmer, Joanne Whalley -Kilmer, USA 1989, 94 Min.

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