piwik no script img

Verteilungsdebatten im MännerfußballSuperreichtum ist irgendwie ärgerlich

Alle Jahre wieder gibt es Streit um die Verteilung der TV-Erlöse im deutschen Männerfußball. Warum bewirkt Opposition so wenig?

Wir reden gern über die, die die Marktwerttabelle Lügen strafen: Mainz 05 zum Beispiel Foto: Uwe Anspach/dpa

W ährend auf allen Kanälen über die Implosion des BVB gesendet wird, ist eine kleine Zahl schnell wieder vergessen. Sie lautet 14:1. So groß sei in der Männer-Bundesliga die Spanne zwischen dem Ersten und dem Letzten, wenn man die internationalen Erlöse miteinrechne, erinnerten jüngst Werder Bremen und der FC St. Pauli. Schon 2019 resümierte eine Uefa-Studie, dass kaum irgendwo in Europa die Fußball-Mediengelder so ungleich verteilt werden wie in Deutschland.

Der Kaderwert des FC Bayern ist, nebenbei gesagt, 22-mal so hoch wie der von Holstein Kiel. Schon klar, das wissen Sie längst. Es ist Ihnen ein Augenrollen, eine Schimpftirade auf die Bayern oder die DFL wert und mir eine empörte Kolumne. Und dann diskutieren wir wieder über die Überraschungen der Saison. Über Mainz 05, das so herausragend überperformt (7 Plätze über Marktwertrang). Oder den BVB und warum er seit Jahren underperformt (derzeit 7 Plätze unter Marktwertrang).

Wir reden gern über Klubs, die die Marktwerttabelle Lügen strafen. Das können vor allem kleinere, schlank organisierte Klubs besser als die schwerfälligen Publikumsmagneten. Nicht so gern reden wir über das große Ganze. Die Marktwerttabelle ist auch aktuell wieder verdammt ähnlich der Punktetabelle. Und die Schere zwischen den Klubs öffnet sich stetig weiter.

Sollte uns das nicht mehr erschrecken, mehr empören? In den letzten Jahren gab es durchaus Versuche, die Verhältnisse aufzurütteln. Die Kleinen haben sich besser organisiert, sie sind lauter geworden. Fans brachten Vorschläge. Meist erfolglos. Nur die populären Klubs könnten Erfolg haben mit ihrer (anderswo längst üblichen) kapitalverträglichen Forderung, Popularität statt Hoffenheim und Elversberg zu belohnen. Eine Befragung von 2024 weiß, dass 82 Prozent der deutschen Fußballfans eine gleichere Verteilung der Medienerlöse wollen. Warum aber reichen diese Mehrheiten nicht?

Erpressungsmacht und Eigennutz

Die Erpressungsmacht der Ultrareichen ist nicht der einzige Grund. Denn immer noch wollen die Vielen vor allem ihre eigene Position im Rattenrennen stärken. Und vielleicht verhält es sich ähnlich wie mit dieser Zahl: Laut Oxfam-Studie hat Deutschland die viertmeisten Mil­li­ar­dä­r:in­nen der Welt. Haben Sie es mitbekommen? Vielleicht schon. Wie lange blieb es in den Schlagzeilen? Vielleicht etwa so lange wie die jüngste Debatte um TV-Gelder. Es fehlt an einem ehrlichen Zorn, an einer ehrlichen Hoffnung auf Neues. „Irgendwie doof“ reicht nicht mehr.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum und Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen und übers Reisen. Autorin mehrerer Bücher, zuletzt "Futopia - Ideen für eine bessere Fußballwelt" (2022), das auf der Shortlist zum Fußballbuch des Jahres stand.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Und dann jammern, dass der Fussball für die Polizeikosten aufkommen soll.



    Von den 4.500.000.000 Euro für TV Rechte sollte doch was übrig sein.

  • Das Geld ist das eine Problem. Aber erst die Möglichkeit, das viele Geld dann auch in sportliche Dominanz umzusetzen macht die Ungleichheit zum Spannungskiller.



    Der FC Bayern kauft Harry Kane wenn er Robert Lewandowski los ist. Es gibt keine Beschränkungen im Gehalt, keinen Draft, keine Beschränkungen bei Transfers. 80% der Qualität einer Mannschaft hängt am Spielermaterial ab, die totale Langeweile ist da zwangsläufig. Trotz des Meisters Leverkusen nach 11 Titeln in Serie der Fröttmaninger Kapitalmaschine. Es gibt immer Ausreißer nach oben und unten, Ajax Amsterdam stand plötzlich mal im Halbfinale der Champions League, Leverkusen wird Meister, Mainz 05 spielt ernsthaft um europäische Plätze mit. In einem Spiel oder auf eine gewisse Zeit sind graduelle Änderungen möglich. Aber solange die großen Vereine den Rahm abschöpfen und diesen gleich wieder in die Mannschaft stecken dürfen wird sich nichts ändern. Und TV-Gelder sind das eine, was ist mit Ausrüstersponsoring, Preisgeldern, Werbedeals, Stadionwerbung usw.? Solange die Leute noch hingehen wird sich wohl nichts grundlegend ändern. Besser machen es die USA mit ihren Profiligen, zumindest von der Spannung her.