■ Mit dem Naturschutzgesetz auf du und du: Versuch versucht
Berlin (taz) – Eineinhalb Jahre wartete Umweltministerin Angela Merkel, bis sie die mittlerweile dritte Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes auf den Tisch legte. Schon ihr Vorgänger Klaus Töpfer hatte zweimal versucht, das Gesetz durch Bundestag und -rat zu schleusen. Er scheiterte jedesmal. Letzte Woche schickte Merkel nun den Fachressorts anderer Ministerien ihren Vorschlag zu. Bis zur Sommerpause sollen sich auch die Kabinettskollegen damit befassen.
Die Referenten dürfen sich auf eine harmlose Novelle freuen. So sieht Merkel vor, daß Bauern, Förster oder Fischer nur dann als Schädiger der Natur gelten sollen, wenn sie nicht nach „der guten fachlichen Praxis“ handeln. „Das bedeutet, daß sie weiterhin soviel rausholen, wie irgend geht“, befürchtet Michael Schrören, Sprecher des Naturschutzbunds (NABU). Landwirte seien nach wie vor die „Hauptverursacher des Artensterbens“ und sollten dennoch einen Freibrief aus dem Umweltministerium bekommen.
Merkel will die Bauern gar noch belohnen. Wenn die Landwirte sich umweltfreundlich verhalten – hier eine Hecke pflanzen, dort weniger Gülle verspritzen als erlaubt –, dann bekommen sie aus Bonn Geld dafür. Diesen seit Jahren bestehenden Vertragsnaturschutz will Merkel „mit der Novelle stärken“. Seit Jahren wettern ökologisch produzierende Landwirte gegen die schon in den Verwaltungsvorschriften der Länder festgeschriebene Regelung: Ökobauern werden indirekt dafür bestraft, daß sie von vornherein naturverträglich und nachhaltig wirtschaften.
Bislang hat Merkel die Novelle lediglich in Hintergrundgesprächen veröffentlicht. Es ist jedoch zu befürchten, daß die Vorlage auch die Ausgleichsflächen bei Neubauvorhaben betrifft. Die bei Neubauten versiegelten Flächen müssen demnach an anderer Stelle wieder freigelegt werden. Noch sind die Umweltministerien der Länder dafür zuständig. Bauminister Klaus Töpfer will jedoch, daß in Zukunft die Bauressorts für die ökologischen Ausgleichsflächen verantwortlich sind.
„Das wäre fatal“, sagt Anke Herold, Referentin der Grünen Bundestagsfraktion. Sie und ihr Kollege vom NABU ärgert vor allem, daß auch in der dritten Novelle die Verbandsklage nicht aufgenommen wurde. Naturschutzverbände können damit auch in Zukunft nur in den einzelnen Bundesländern klagen. Gegen länderübergreifende Umweltsauereien sollen sie weiter machtlos bleiben. Die Bonner Regierung hatte die geforderte Verbandsklage in den vergangenen Jahren bereits abgelehnt. ufo
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