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Verstoß gegen MenschenrechtskonventionÖsterreich verschärft Ausländerrecht

In Österreich haben sich die Volksparteien auf eine Verschärfung des Ausländerrechts geeinigt. Amnesty sieht darin Verstöße gegen die Menschenrechtskonvention.

Österreichische Anti-Abschiebungsdemo im Jahr 2007. Bild: dpa

WIEN taz | Die österreichischen Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP wollen das Fremdenrecht erneut verschärfen. Wie bei vorherigen Änderungen geht es auch diesmal um schnellere Abschiebung, weniger Rechte für Flüchtlinge und mehr Abschiebhaft. Symptomatisch für den scharfen Kurs ist der Tod eines indischen Abschiebehäftlings, der kurz bevor Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) mit ihren Plänen vor die Presse trat, bekannt wurde.

Flüchtlinge, die über Drittstaaten eingereist sind, sogenannte Dublin-Fälle, sollen künftig automatisch in Schubhaft genommen werden. Abgeschoben wird dann auch, wenn das Berufungsverfahren noch läuft oder nach negativem Asylbescheid ein Folgeantrag gestellt wurde. Asylwerber, die sich als minderjährig ausgeben, sollen per Handwurzelröntgen entlarvt werden, was Mediziner für wenig zuverlässig und ethisch bedenklich halten.

Das auf 29 eng beschriebenen Seiten ausformulierte Paket scheint koalitionsintern kaum Diskussionen ausgelöst zu haben. Die ÖVP versucht schon lange die rechte Flanke abzudecken, und auch die SPÖ fürchtet um Wählerstimmen, wenn sie in Ausländerfragen als zu liberal wahrgenommen wird. SPÖ-Verhandler Norbert Darabos erklärte, er stehe voll hinter der Novelle, die im Januar 2010 in Kraft treten soll.

Von den fünf Parlamentsparteien versuchen einzig die Grünen auf die Europäische Menschenrechtskonvention hinzuweisen und schließen sich der Kritik von Amnesty International an. Auch Werner Binnenstein-Bachstein, Caritas-Geschäftsführer der Erzdiözese Wien findet den Umgang mit Flüchtlingen empörend: "Mindestens fünf Innenminister haben eine grundlegende Reform der Schubhaft zugesagt, passiert ist bisher wenig bis nichts." Schubhäftlinge würden schlechter behandelt als verurteilte Straftäter: "Dies betrifft insbesondere medizinische Versorgung, Besuchszeiten, Bewegungsfreiheit und soziale Dienste."

Für die Caritas darf Schubhaft immer nur die letzte Möglichkeit sein. Ein Menschenrechtsbeirat, der vor zehn Jahren nach dem Erstickungstod des zwecks Abschiebung geknebelten Nigerianers Marcus Omofuma eingerichtet wurde, hat im Laufe der Zeit 69 Empfehlungen zum Schubhaftvollzug abgegeben. Letztes Jahr musste er feststellen, dass davon die allerwenigsten umgesetzt wurden.

Laut Innenministerium verweigern zwischen Januar und August von knapp 4.000 Schubhäftlingen 1.223 die Nahrungsaufnahme. So auch der 32-jährige Inder Gagendeep Singh, der am Montag in seiner Schubhaftzelle tot zusammenbrach. Der Haftarzt will keinen besorgniserregenden Gewichtsverlust festgestellt haben.

Die Ergebnisse einer Obduktion stehen noch aus. Singh, der seit 2006 in Wien lebte, war nach negativem Asylbescheid abgetaucht und hatte zuletzt als Pizzazusteller seine Familie in Indien unterstützt und das Studium seiner Schwester finanziert.

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13 Kommentare

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  • KB
    karin bryant

    wer glaubt dass die Probleme in der 3.Welt durch die Einwanderung von weiss ich wie vielen Millionen Afrikanern nach Europa geloesst werden kann der ist naiv. Auf jeden Fall wird es die europaeischen Sozial-Systeme voellig ueberfordern und am Ende ist ueberall 3.Welt.

  • MK
    Michael Klein

    @Marie!

     

    Außer populistischen Gelabere liefern Sie aber keine Fakten Marie, und das ist eindeutig zu wenig, um sich an einer Diskussion zu beteiligen. WAs ich gesagt habe, sind Fakten die der Wahrheit entsprechen. Nur wollen die Wahrheit aber nur wenige hören, das ist nun mal eine Tatsache. Es gehört eine gehörige Portion Dummheit und Ignoranz, das nicht zu begreifen!

  • Z
    Zakzak

    "ich" schriebt: "Bin auch der Meinung, dass sämtliche Ausländer-Restriktionen abgeschafft gehören. Die in 3.-Welt-Ländern lebenden 3 oder 4 Milliarden Menschen könnten von den westeuropäischen Staaten doch problemlos aufgenommen werden."

     

    Genau! Allein Pakistan produziert jedes Jahr einen Geburtenüberschuss von drei bis vier Millionen Menschen, da könnte doch Deutschland jedes Jahr eine Million Pakistaner aufnehmen.

     

    So könnten wir zeigen wie leistungsfähig unsere Sozialsysteme sind!

     

    Außerdem könnte man den Rechten eine Lektion in praktizierter Toleranz verpassen.

     

    Wenn in Deutschland erst ein paar dutzend Millionen Muslime leben, wird den Islamophobikern schon das Maul gestopft werden.

  • A
    asd

    durch unsere wirtschafts systeme-, praxisen und wertvorstellungen, die wir der restlichen welt aufzwingen und dessen unangefochtener führer unsere westliche welt ist, sind wir direkt dafür verantwortlich das menschen in anderen ländern nicht mehr leben wollen, können und deshalb zu uns fliehen müssen!!

     

    gerade bei den FLÜCHTLINGEN aus afrika sollten wir uns sehr verantwortlich fühlen!

     

    und die eu ist gerade sehr motiviert dabei sich einzumauern! sogut wie jeden tag ertrinken afrikanische flüchtliche weil sie hier nicht mehr rein kommen! wir haben berlusconni und seine rchten vervahren, abschiebe abkommen mit gadaffi und in afrika selbst eine art grenzzone errichtet um die flüchtlingsströmungen direkter kontrollieren zu können, das alles ist von grundauf menschenrechtsverletzend!

  • M
    Marie

    @Michael Klein: Wenn einem die Meinung eines Mitkommentatoren nicht gefällt, dann wird sein Beitrag gewendet und gedreht, bis er wieder in das eigene Weltbild passt.

    Beiträge, über die 'bösen' Deutschen, die die 'armen' Ausländer nicht mögen, gefallen Ihnen besser, hm?

    Das passt dann. Welch aufgeklärte Weltoffenheit (scheinbar).

  • MK
    Michael Klein

    @Hkay!

     

    Habe Ihren Kommentar mir mehre Male durchgelesen und komme zu dem Ergebnis, dass Sie zur Kathegorie assimilierter Migrannten türkischer Abstammung, oder um es deutlicher auszudrücken, zur Kathegorie der Vorzeigetürken gehören!

    Niemand wird bestreiten, dass es Migrannten gibt, die unser Sozialsystem Mißbrauchen, aber das tun auch Deutsche Mitbürger und nicht wenige, was aber andererseits auch nachzuvollziehbar ist (wohlgemerkt nachvollziehbar, was nicht mit Gutheissen zu verwechseln ist), unsere Volksvertreter und Konzernmanager machen es ihnen ja auch vor! Außerdem: Der Mensch hat das Rad entdeckt und das Feuer erfunden, wollen Sie ihm vorwerfen, dass beides gelegentlich mißbraucht wurde um Brände zu legen und Kinder zu überfahren?

     

    Außerdem würde der überwiegende Teil der Migrannten mit unsicherem Status gerne arbeiten, aber sie dürfen ja nun mal nicht, da sie keine Arbeitserlaubnis erhalten. Also sind sie gezwungen von Transferleistungen zu leben!

    DAss Ihr Vater gerade mal soviel Geld ausgezahlt bekommt wie jemand der nicht arbeitet, dann ist das sicher ungerecht, aber mitnichten die Schuld der hier lebenden arbeitslosen Migrannten!

     

    Im Grunde genommen ist der mörderische Kapitalismus die Wurzel allen Ursprungs für unser jetziges marodes System! Und im Kapitalismus lässt sich ja auch so gut einer gegen den anderen ausspielen! Ihr Kommentar Hkay ist das beste Beispiel dafür!

  • H
    Hkay

    Meiner Meinung nach muss das ganze Thema etwas differenziert betrachtet. Man sollte weder die Amnesty Brille aufsetzen noch die Rechte Schiene fahren.

    Ich selbst bin türk. Abstammung, wurde in Deutschland geboren und studiere hier.

    Etliche Asylbewerber, Ausländer und auch Deutsche nutzen das deutsche System aus. Begehen zig Straftaten und kommen immer glimpflich davon. Mein Verständnis vom Rechtsstaat ist definitiv nicht so wie es die Bundesrepublik praktiziert. Es werden immer nur die Täter statt die Opfer geschützt. Das ist auf keinen Fall rechtens.

     

    Es muss die Möglichkeit bestehen extrem auffällige bzw. Wiederholungstäter schneller abschieben zu können. Außerdem dürfte man nicht so vielen Asylanträgen die Zustimmung erteilen.

     

    Wenn ich manchmal sehe wieviel die Menschen vom Arbeitsamt bekommen, ohne je mal den Finger gekrümmt zu haben bekomme ich das Kotzen.

    Mein Vater arbeitet seit fast 30 Jahren unter Tage unter menschenunwürdigen Bedingungen und bekommt grad mal soviel wie andere ohne Arbeit bekommen.

    Ist das fair?

    Soll das ein sozialer Rechtsstaat sein?

    Ich glaube nicht.

     

    In Deutschland geht es bergab. Mal gucken wann die Menschen das realisieren. Das System kann nicht mehr lange aufrecht erhalten werden.

     

    So liebe Amnesty Anhänger.

    Wenn ihr all die Sozialleistungen an die Asylbewerber zahlen wollt, könnt ihr sie ja auch bei euch wohnen lassen.

  • I
    IchAuch

    @ ich: In der EU gab es letztes Jahr übrigens Überlegungen, 20 Millionen Menschen aus Afrika und Asien zu holen. Allen Ernstes.

    Also, löst Afrika auf, Asien auch. Alle her. Oh, was machen wir dann mit den afrikanischen Diktatoren, den Gold- und Diamantausplünderern aus dem Westen, den US-Soldaten in Afghanistan und überall, den indischen Gigareichen, die ihre eigenen Menschen verhungern lassen? Alle rein? Wissense, so'n Engaggement haben viele, die hier für offenen Grenzen plädieren, für die Millionen Menschen, die in Europa, in Deutschland, arm sind, nicht. Lt. Bericht der EU-Kommission galtem 2007 in EU-Europa ca. 100 Millionen Menschen als arm. In Deutschland sind es zur Zeit ca. 11 Millionen, darunter 3 Millionen Kinder. Wo bleibt denn da die Empörung, der Aufschrei?

  • I
    ich

    Bin auch der Meinung, dass sämtliche Ausländer-Restriktionen abgeschafft gehören. Die in 3.-Welt-Ländern lebenden 3 oder 4 Milliarden Menschen könnten von den westeuropäischen Staaten doch poblemlos aufgenommen werden.

  • M
    micha

    wenn dem wirklich so ist, sollten vielleicht die grundregeln der EU überprüft werden? ich möchte keine festung europa!

     

    kein mensch ist illegal!

  • F
    Fragender

    Humanität und Menschenrechte... mit Füßen getreten. Wann steht endlich jeder gegen Ungerechtigkeiten auf? Es darf nicht nur jeweils verschiedene Interessengruppen für einzelne Personengruppen geben. Jeder Bürger eines Landes hat die Pflicht für Menschlichhkeit einzustehen!

  • D
    David

    Es ist immer wieder erschreckend, ja es kotzt mich regelrecht an, wie viele zynische, menschenverachtende Leser die TAZ hat. Nur weil die unmenschlichen Abschiebemethoden Österreichs (u.a. EU-Staaten) EU Recht sind, bedeutet es nicht das sie richtig sind und humanen Standards entsprechen. Was sind das für Menschen die Rechtsordnungen über universelle Menschenrechte stellen?! Ihr seid satt und könnt von Glück sagen in Wohlstand hinein geboren worden zu sein. Ein Großteil der Menschen dieser Erde kann das nicht von sich behaupten. Zumal ein nicht unbedeutender Anteil unseres europäischen Reichtums auf dem Elend anderer Weltregionen beruht. Mitgefühl, Menschlichkeit, internationale Solidarität sind nicht falsch, nur weil sie nicht im EU-Recht stehen!

     

    @grifter: Einfach mal die Gedanken kreisen lassen, was du in der Situation dieses indischen Menschen gemacht hättest! Du hast keine andere Wahl, brauchst die Arbeit in Europa, um deine Familie zu ernähren und deiner Schwester ein besseres LEben als deines zu ermöglichen! Na klar, wahrscheinlich hättest du vorher die EU-Verfassung gelesen, dir wäre aufgefallen "ach die wollen mich in Europa nicht!" und wärst paragraphenhörig in der Armut verreckt!

     

    Indien ist zwar ein guter billiger Arbeitsmarkt, um deutsche Dienstleistungen "outzusourcen", aber die Menschen aus Indien und anderswo sollen doch bitte da bleiben wo sie herkommen! Schöne neue EU-Welt!? Nein danke, für mich nicht. Kein Mensch ist illegal!

  • G
    grifter

    Natürlich ist wieder der Westen,in diesem fall die

    Östereicher, schuld am Tod eines freiwillig in den

    Hungerstreik getretenen Asylbewerbers. Es kann nicht

    sein, dass Menschen, die in diesem Fall noch nicht

    einmal aus den ärmsten Regionen der Welt kommen,mit

    solchen Mitteln ein Aufenthaltsrecht erpressen.

    Wenn ein Land wie Indien,welches sich seit Jahren

    in einem Wirtschaftsboom befindet, seine Bevölke-

    rung nicht versorgen kann, sich aber ein Atom &

    Weltraumprogramm leistet, dann sollte Europa hier

    nicht wieder mit einem geradezu masochistischen

    Schuldbewußtsein den Gutmenschen geben. Die Ab-

    schiebepraxis Österreichs entspricht den Grund-

    regeln der EU. Und diese sollten auch durchgeführt

    werden.