: Versöhnung für die große Koalition
■ DSU und SPD legen Wahlkampfstreit bei / SPD-Chef Markus Meckel nennt Regierungsbeteiligung „völlig offen“
Berlin (taz/dpa/ap) - Die SPD der DDR und die rechtskonservative DSU haben in der Nacht zum Freitag bei einem zweistündigen Spitzengespräch ihren Wahlkampfstreit beigelegt. Während damit ein weiterer Stein auf dem Weg zur großen Koalition weggeräumt wurde, kritisierte der amtierende SPD-Chef Markus Meckel gestern erneut die „Positionslosigkeit“ der Allianzparteien und dämpfte zugleich die Erwartungen allzu reibungsloser Koalitionsgespräche. Entgegen dem Eindruck harmonischer Verhandlungen in den letzten Tagen erklärte er, eine Regierungsbeteiligung der SPD sei nach wie vor „völlig offen“.
Unterdessen wurden gestern die Gespräche zur Regierungsbildung zwischen Allianzparteien, SPD und Liberalen fortgesetzt. In Ost-Berlin konstituierten sich fünf Arbeitsgruppen, in denen zentrale Themen der künftigen Regierungspolitik ausgehandelt werden sollen. Dabei geht es um die Bereiche Außenpolitik, Wirtschaft, Soziales, Justiz, Länderreform sowie Wissenschaft und Bildung. Heute treffen die Gesprächspartner erneut zur großen Koalitionsrunde zusammen. Die Regierung kann möglicherweise schon auf der Volkskammersitzung am Donnerstag gewählt werden.
Seine Partei, so Meckel, gehe mit ausgearbeiteten Papieren in die Verhandlungen. Demgegenüber vermisse die SPD die inhaltliche Vorarbeit der anderen Seite. Deshalb könne die Regierungsbildung noch „sehr schwierig werden“.
Der Konflikt zwischen SPD und DSU, der lange Zeit als Haupthindernis der großen Koalition angesehen wurde, war in einem sogenannten Versöhnungsgespräch beigelegt worden, an dem sowohl Meckel als auch DSU-Chef Hans-Wilhelm Ebeling teilnahmen. Ebeling bescheinigte der SPD, eine demokratische Partei zu sein und konterkarierte damit die Wahlkampkampagne der DSU, in der die Vereinigung der SPD mit der KPD 1946 als freiwilliger Akt dargestellt worden war. Umgekehrt distanzierte sich Meckel von der im Wahlkampf gebrauchten Einschätzung, die DSU sei eine rechtsextreme Partei. Unklar sei allerdings nach wie vor, ob die Politik der DSU in Leipzig oder in München gemacht werde. Dennoch habe er den Eindruck gewonnen, es gebe zwischen beiden Parteien keine unüberwindlichen Gegensätze - weder in Verfassungsfragen noch über den Weg zur deutschen Einheit. Auch die DSU strebe an, daß am Ende eines Einigungsprozesses eine neue Verfassung auf der Grundlage des Grundgesetzes stehe.
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