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Verschwundener Interpol-Chef in ChinaRätselraten über Meng Hongwei

Der chinesische Interpol-Chef ist offiziell zurückgetreten. Nach seinem Verschwinden erklärt die Volksrepublik, gegen ihn wegen Korruption zu ermitteln.

In China festgenommen: Interpol-Chef Meng Hongwei Foto: ap

Peking taz/rtr | Gegen den nach einer China-Reise verschwundenen Interpol-Präsidenten Meng Hongwei wird in der Volksrepublik nach Angaben der dortigen Anti-Korruptionsbehörde ermittelt. Bei dem Verfahren gegen Meng, der auch chinesischer Vize-Minister für öffentliche Sicherheit ist, gehe es um mutmaßliche Gesetzesverstöße, teilte die Behörde am Sonntag mit.

Die internationale Polizeiorganisation erklärte wenig später, ihr Präsident habe seinen Rücktritt eingereicht. Interpol hatte Chinas Regierung zuvor um Informationen zum Verbleib ihres Präsidenten Meng Hongwei gebeten. Interpol erwarte eine Antwort von Chinas Behörden, „um auf die Bedenken über das Wohlergehen des Präsidenten einzugehen“, schrieb Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock an die Führung in Peking. „Wir sind sehr besorgt um sein Befinden.“

Interpol-Chef Meng ist chinesischer Staatsbürger. Der 64-Jährige war am 25. September vom Interpol-Sitz im französischen Lyon nach Peking gereist. Seitdem hat Mengs Familie den Kontakt zu ihm verloren. Seine Frau meldete ihn bei der französischen Polizei als vermisst.

Nach Angaben der Hongkonger South China Morning Post sollen Männer in dunklen Anzügen Meng kurz nach seiner Ankunft am Pekinger Flughafen abgeführt haben. Es sei weder klar, wo er hingebracht wurde, noch weshalb er verhört werde, schreibt das Blatt. Die Männern sollen Mitglieder der Nationalen Disziplinarkommission gewesen sein, ein Organ der kommunistischen Führung.

Verschwindenlassen wieder gängige Mode

Nach dem chinesischen Gesetz sind Behörden verpflichtet, bei einer Festnahme die Familienangehörigen unverzüglich zu unterrichten. Ist die Disziplinarkommission involviert, zielen die Ermittler auf Parteimitglieder und sind berechtigt, Beschuldigte geheim und ohne richterlichen Beschluss zu inhaftieren. Die Disziplinarkommission ist seit Amtsantritt von Staats- und Parteichef Xi Jinping 2014 auf solche Weise schon gegen Zehntausende vorgegangen. Über eine Million Beamte und andere Parteimitglieder hat es getroffen.

Bevor Meng im Herbst 2016 Interpol-Präsident wurde, war er zwölf Jahre lang Vizeminister für öffentliche Sicherheit. Er galt als enger Vertrauter des einst mächtigen und gefürchteten Sicherheitschefs Zhou Yongkang, der bis 2012 über Polizei und Staatssicherheit herrschte. Es gab 2016 viel Kritik, dass ausgerechnet der Stellvertreter dieses Hardliners die internationale Polizeiorganisation leiten würde. Menschenrechtsorganisationen fürchteten, Meng könnte Interpol nutzen, um gegen Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten vorzugehen.

Zugleich galt Zhou als Widersacher von Xi Jinping. 2014 wurde er wegen Korruption, Machtmissbrauch und Geheimnisverrat zu lebenslanger Haft verurteilt. Er war Chinas bislang ranghöchster Politiker, der zu einer derart harten Strafe verurteilt wurde. Beobachter vermuten, dass sich Xi mit seiner Antikorruptionskampagne auch politischer Widersacher entledigt. Inwiefern auch Meng in diesem Machtkampf involviert war, ist nicht bekannt.

Unter Xi ist das Verschwindenlassen wieder zur gängigen Methode geworden. Prominentestes Beispiel ist die Filmdiva Fan Bingbing. Die Behörden hielten sie drei Monate lang in einem Resort wegen Steuerhinterziehung unter Arrest. Auch Wirtschaftsbosse hat es schon getroffen. Doch schlimmer trifft es Menschenrechtsaktivisten und ihre Anwälte. „Seit den Massenverhaftungen von Anwälten 2015 ist das gewaltsame Verschwinden zu einem alltäglichen Vorgang geworden“, beklagt Anwalt Teng Biao.

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2 Kommentare

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  • Sollte China demnächst mal wieder der Meinung sein, den Vorsitz einer internationalen Organisation müsse unbedingt ein Chinese übernehmen, wird man sich hoffentlich an Meng erinnern. Den meisten Organisationen ist nämlich an möglichst reibungslosen Abläufen gelegen, und da passt ein plötzliches Verschwinden des Chefs gar nicht gut ins Konzept.

    • @Ewald der Etrusker:

      PS: Es sei denn, der Chef wird wirklich nur als Grüßaugust gebraucht. In solchen Fällen könnte man nochmal drüber nachdenken.