: Verschuldungs-Trends
OECD: Rückgang der Finanzhilfen gestoppt / Banken ziehen sich weiter zurück / Gesamtschulden stagniert ■ Mit MILLIARDEN auf Du und Du
Paris (dpa) - Die Verschuldungskrise der Dritten Welt ist nach einer Analyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in eine neue Phase getreten. Der drastische Rückgang der Finanzhilfen sei 1987/88 gestoppt worden, schreibt die OECD in ihrem jüngsten Schuldenbericht. Gleichzeitig habe sich der Rhythmus des Schuldenanstiegs verlangsamt, und die Geberstaaten hätten die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerländer in den Mittelpunkt gerückt. Besonders wichtig war 1989 die Anerkennung der „Existenz einer Überschuldung“ durch die USA. Dies habe dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank den Weg zur offiziellen Unterstützung eines Abbaus der Bankschulden eröffnet.
Das Schuldenproblem konzentrierte sich 1988 zunehmend auf die armen schwarzafrikanischen Staaten und einige Schwellenländer Lateinamerikas. Dank guter Konjunktur, so die OECD, hatte Asien (außer den Philippinen) keine größeren Probleme bei der Schuldentilgung.
Der Nettokapitalzufluß in die Dritte Welt stieg 1988 um sechs Milliarden auf 103 Milliarden Dollar. Der - erneut höhere - Anteil der Staatshilfe erreichte zwei Drittel. Die Banken verringerten - von Taiwan abgesehen - dagegen ihre Nettokreditzusagen auf fünf Milliarden Dollar. Nettozuflüsse an Indien und China von sieben Milliarden Dollar standen dabei Tilgungen im Pazifikraum gegenüber.
Die gute Weltkonjunktur und wachsendes Vertrauen spiegelten sich 1987 und 1988 in einer Zunahme der Direktinvestitionen (jährlich rund 20 Milliarden Dollar) in Asien und Lateinamerika wider. Nominal ging die Verschuldung 1988 wechselkursbedingt um 36 Milliarden Dollar auf 1.240 Milliarden Dollar zurück. Der Schuldendienst stieg wegen höherer Zinsen und Wechselkursänderungen auf knapp 180 Milliarden Dollar (rd. 351 Mrd. DM). Zu konstanten Wechselkursen gerechnet verharrte er jedoch 1988 auf dem Niveau von 1985.
Die gesamte Weltschuldenkrise trat laut OECD 1988 in eine neue Phase. Die Anfangsphase 1982 bis 1985 war noch vom Bemühen geprägt, das Weltbankensystem vor drohenden Staatsbankrotten zu schützen. Von 1985 bis 1988 ging es darum, das Wachstum in den hochverschuldeten Staaten mit neuen Darlehen zu stützen. Seit 1988 stehen die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit der Staaten und die Förderung ihrer Konjunktur über einen Schuldenabbau im Mittelpunkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen