piwik no script img

Verschmutzte BadestellenKeimbecken Unterhavel

Laut einem Bericht der EU-Umweltagentur ist die Wasserqualität an der Spandauer Unterhavel schlecht. Eine Klärmethode könne schuld sein.

Das sollten Sie sich an der Spandauer Unterhavel vielleicht besser verkneifen. Bild: dpa

Eigentlich ist Badezeit – und alle Seen und Flüsse Berlins locken mit hervorragender Wasserqualität. Wirklich alle? Leider nein: Nach einem aktuellem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) sollte man an der Spandauer Unterhavel höchstens den großen Zeh ins Wasser strecken. Hier liegen die drei Abweichler unter den 38 offiziellen Badestellen Berlins, denen die Europäer kein „ausgezeichnet“ gegeben haben. Der „Kleinen Badewiese“ in Gatow hat die EU sogar die Note „mangelhaft“ erteilt. Auch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) rät dort vom Baden ab.

Anlass für Bedenken

Schuld daran könnte nach Auffassung des LAGeSo auch das Klärwerk Ruhleben sein: Es behandelt seit dem vergangenen Jahr einen Teil des Wassers mit einer neuen Methode. Für Wissenschaftler des Amts ist das ein Anlass für Bedenken: „Manche glauben, dass die Bakterien und Keime, die im Wasser zurückbleiben, durchaus eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten“, so LAGeSo-Sprecherin Silvia Kostner zur taz. Die Senatsumweltverwaltung sieht das anders. „Es ist bekannt, dass die Wassersituation an der Unterhavel schwieriger ist. Es ist aber falsch, den Zusammenhang mit dem Klärwerk Ruhleben zu ziehen“, so Sprecherin Daniela Augenstein. Was dort an Bakterien im Wasser lande, sei auf Mischwasserabflüsse zurückzuführen, die bei Starkregen überliefen – nicht auf eine fehlerhafte Filterung.

Bei der neuen Klärmethode in Ruhleben wird ein Fünftel des anfallenden Abwasservolumens mit UV-Licht desinfiziert. Kein anderes Berliner Klärwerk arbeitet nach diesem neuen Prinzip. Die Anlage wurde von den Wasserbetrieben für 2,5 Millionen Euro gebaut und ist seit April 2011 im regulären Betrieb. Grund für das veränderte Verfahren ist, dass das gereinigte Wasser nicht mehr zum Versickern auf die Rieselfelder Karolinenhöhe geleitet werden kann – die Genehmigung dazu lief 2011 aus. Das Problem jedoch: Nicht alle Schadstoffe können mit der neuen Methode aus dem Wasser eliminiert werden, sondern nur rund 96 Prozent. Laut Stephan Natz, dem Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, ist das aber kein Sonderfall: „Ruhleben reinigt wie alle anderen Klärwerke auch.“ Wenn man auch die vier verbleibenden Prozent eliminieren wolle, müsste „neben jedem Klärwerk ein Atomkraftwerk“ zur Energieerzeugung stehen, so Natz.

Laut LAGeSo-Sprecherin Kostner sind nun noch differenziertere Wasseruntersuchungen in der Unterhavel vorgesehen. Eine Entwarnung werde es in diesem Jahr aber auch bei guten Ergebnissen nicht geben. Und sollte sich die gemessene Qualität auch bis zum kommenden Jahr nicht verbessern, werde die „Kleine Badewiese“ gemäß den EU-Richtlinien als offizielle Badestelle geschlossen.

Daniela Augenstein von der Umweltverwaltung gibt sich auch hier ganz entspannt: „Was das Klärwerk macht, ist in Ordnung. Die UV-Desinfektion wurde vom LAGeSo mitgetragen, und wir befinden uns im regelmäßigen Austausch.“ Es werde jedoch darüber hinaus ein Verfahren erprobt, bei dem das Wasser durch Ameisensäure zusätzlich entkeimt wird. Auf etwaige aktuelle Gesundheitsrisiken etwa für Badegäste angesprochen, reagiert die Sprecherin ausweichend: „Dafür ist das LAGeSo zuständig – aber auch wir führen Proben durch. Sollte es zu Problemen kommen, würden wir Alarm schlagen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!