Verschärfung des Abtreibungsrechts: Tausende auf den Straßen

In Polen haben tausende Menschen gegen das Inkrafttreten eines nahezu vollständigen Abtreibungsverbots protestiert. In mehreren Städten gab es Demos.

Menschen protestieren gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes vor dem Sitz des Verfassungsgerichts

Protest vor dem Verfassungsgericht in Polen Foto: dpa

WARSCHAU dpa/afp | In Polen sind erneut viele Menschen auf die Straße gegangen, um gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts zu protestieren. Hintergrund ist die jetzt veröffentlichte Begründung eines umstrittenen Urteils des Verfassungsgerichts. Die Richter hatten das Abtreibungsrecht noch restriktiver gemacht. In Warschau versammelten sich am Mittwochabend mehrere hundert Menschen vor dem Gerichtsgebäude, die Menge erhielt laufend Zuwachs und zog anschließend durchs Zentrum. Demonstranten trugen Plakate mit Slogans wie „Ich denke, ich fühle, ich entscheide“ und „Hölle der Frauen“. Auch in anderen Großstädten wie Lodz und Stettin (Szczecin) gab es Proteste.

Im Oktober hatte das Verfassungsgericht des EU-Landes entschieden, dass Frauen auch dann keine Abtreibung vornehmen dürfen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist. Danach gab es wochenlange Proteste. Die Entscheidung bedeutet eine Verschärfung des polnischen Abtreibungsrechts, das ohnehin zu den strengsten in Europa gehört. Bislang war ein Abbruch in Polen legal, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, Ergebnis einer Vergewaltigung ist oder wenn das Ungeborene schwere Fehlbildungen aufweist.

Letzteres ist der häufigste Grund für eine Abtreibung, wie die Statistik des Gesundheitsministeriums zeigt. So wurden von den 1110 Abtreibungen, die 2019 in polnischen Kliniken vorgenommen wurden, 1074 mit Fehlbildungen des ungeborenen Kindes begründet. Doch das soll nun laut Verfassungsgericht nicht mehr möglich sein.

Frauenrechtsorganisationen schätzen, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Frauenrechtlerinnen befürchten, dass diese Zahl noch steigt, wenn das Urteil des Obersten Gerichts nun umgesetzt wird.

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