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Versammlungsrecht in BayernFDP klagt gegen CSU-Demogesetz

Die Liberalen halten - gemeinsam mit SPD, Grünen und Linken - die Verschärfung des Versammlungsrechts in Bayern für verfassungswidrig. Heute tritt das Gesetz in Kraft.

Ziel des neuen bayerischen Versammlungsgesetzes war es, extremistische Versammlungen leichter verbieten zu können. Bild: dpa

FREIBURG taz Als die CSU in Bayern noch allein regierte, beschloss der Landtag ein bayerisches Versammlungsgesetz, das am Mittwoch in Kraft tritt. Kurz vor der Landtagswahl haben 13 bayerische Organisationen gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt. Zu den Klägern gehört auch die FDP, die vielleicht bald schon mit der CSU zusammen die Regierung stellt.

Die Kläger, zu denen auch die SPD, die Grünen, die Linke und der DGB zählen, halten das Gesetz für "nichtig". Es hebele die im Grundgesetz gewährte Versammlungsfreiheit aus. Um zu verhindern, dass das Gesetz heute in Kraft tritt, haben die Kläger beim Bundesverfassungsgericht einen Eilbeschluss beantragt. Bisher ist in Karlsruhe aber noch nicht abzusehen, wann über den Antrag entschieden wird.

Bisher war das Versammlungsrecht bundesweit einheitlich geregelt. Bayern ist das erste Land, das die Föderalismusreform von 2006 nutzt und ein eigenes Landes-Versammlungsgesetz beschließt. Ziel war es, so Innenminister Joachim Herrmann (CSU), extremistische Versammlungen leichter verbieten zu können. Schnell fand sich ein breites linkes Bündnis zusammen, das gegen die geplante Verschärfung protestierte und nun auch nach Karlsruhe zieht.

Vor allem drei Punkte werden als einschüchternd gerügt. So soll die Polizei eine Demonstration nicht nur bei konkreten Gefahren filmen dürfen, sondern auch zur taktischen Steuerung und Auswertung des Polizeieinsatzes. Aus den Aufzeichnungen dürfen ein Jahr lang konkrete Gesichter von vermeintlichen Straftätern identifiziert werden.

Zweitens führt das Landesgesetz bei Versammlungen ein relativ vages Militanzverbot ein. Die Vorschrift richtet sich vor allem gegen die "schwarzen Blöcke" der Autonomen und verbietet die Demo-Teilnahme in einer Aufmachung, die Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch einschüchternd wirkt.

Zudem kann der Staat von Demo-Anmeldern verlangen, dass persönliche Daten vom Versammlungsleiter und allen Ordnern übermittelt werden. Die Behörden können dann "ungeeignete" Personen ablehnen.

Eine weitere heikle Passage des Gesetzes nehmen die Kläger bei ihrer Klage ausdrücklich aus, weil sie nur rechtsextreme Versammlungen berührt. So soll eine Versammlung schon verboten werden, wenn sie das NS-Regime "verharmlost". Im Bund ist seit 2005 nur die Billigung, Rechtfertigung und Verherrlichung der NS-Zeit verboten.

Die Kläger wollten mit ihrem Schritt nicht warten, bis erste Anwendungsfälle des Gesetzes vorliegen und sie dann durch die Instanzen ziehen können. Die direkte Klage in Karlsruhe sei erforderlich, so Rechtsanwalt Hartmut Wächtler, weil Karlsruhe nicht nur die fragwürdigen Einzelvorschriften, sondern die Gesamtwirkung des bayerischen Gesetzes prüfen soll. Außerdem habe der Streit "allgemeine Bedeutung", da andere Länder dem bayerischen Vorbild folgen wollen. So hat Baden-Württembergs CDU-Innenminister Heribert Rech im Juli bereits einen ähnlichen Gesetzentwurf vorgelegt.

CHRISTIAN RATH

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15 Kommentare

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  • P
    petertbg

    Guten Tag,

     

    was von dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu halten ist, wurde bei dem Versuch

    von „Pro Köln“ in Köln, am Wochenende 19-21.September, dieses Recht wahrzunehmen, deutlich.

    Eine weitere Einschränkung ist also nicht nötig.

     

    Gruss

    Peter

  • L
    Lars

    Ist doch sowieso egal. Die Bayern haben nur das legalisiert was bundesweit seit Jahren an der Tagesordnung ist. Ob nun legal oder illegal, getan wird es sowieso und zwar in beiden Fällen ohne Konsequenzen.

  • TK
    Torsten K.

    Guten Tag und Hallo Emil,

     

    zunächst möchte ich sagen, dass ich der Meinung bin, jede Tat verfolgt einen oft unmittelbaren Selbstzweck. Natürlich schrecken Gewalt und die damit zu Tage tretende geistige Ohnmacht der Täter Außenstehende ab und bewirken oft das genaue Gegenteil des vermeindlich gewünschten Demonstrationszieles. Das Problem besteht wohl auch darin, dass es zig verschiedene Typen von Demonstrierenden gibt. Es ist ohne Verletzung der Verfassung schlicht nicht möglich ein Raster für "gute" und "schlechte" Demonstranten zu entwickeln. Also muss man zum Leid der Freunde der schnellen Lösung wohl doch wieder an die gesellschaftlichen Wurzeln des Problems der Eskalation. Wobei wir wieder bei der Ohnmacht wären. Insofern kann eine Mögliche Lösung dieses Grundkonflikts nicht darin liegen, die Fesseln noch enger zu ziehen. Aber wenn man mich fragt, gibt es für diese Probleme keine veritable Lösung.

    Die Spannungen auf der gesellschaftlichen Oberfläche sind nur ein Spiegel der Spannungen in jedem von uns. Als bekennender Hippie gibt es für mich nur ein Problem, zu wenig Liebe und Verständnis. In diesem Sinne. Einen wunderschönen Tag

  • HV
    halbbruder von emil

    "So soll die Polizei eine Demonstration nicht nur bei konkreten Gefahren filmen dürfen, sondern auch zur taktischen Steuerung und Auswertung des Polizeieinsatzes."

     

    hehehe

     

    Beim Sraßenfest der Italiener in Stuttgart(auf der B27) bei der WM hat die Polizei Video-Aufnahmen gemacht(von einem extra Ü-Wagen) - ohne irgend ein CSU-Demogesetz.

    Bestand dabei eine konkrete Gefahr? War das ein Einsatz gegen die Mafia? Oder war das keine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes?

    Wahrscheinlich war es zum Schutz der Feiernden (z.B. vor Verkehrsunfällen).(die Straße war gesperrt und es wäre eh kein Auto durchgekommen)

    Oder die Polizisten haben die Überwachungskameras vom Rotebühlplatz Gassi geführt.

  • E
    emil

    ich finde die versammlungsfreiheit auch enorm wichtig, z. b. für streiks oder feldbefreiungen.

     

    andererseits halte ich die meisten herkömmlichen demos tatsächlich für wenig wirksam, denn meinungen außenstehender zu ändern, passiert doch auf ganz andere weise. oft schrecken demos sogar andere leute mehr ab, als sie zum nachdenken und umdenken anzuregen (und für sich selbst zu demonstrieren wäre ja ziemlich selbstfixiert - obwohl es auch im linken spektrum, zu dem ich mich auch selbst zähle, einige solche leute gibt).

  • P
    petertbg

    Guten Tag,

     

    was von dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu halten ist, wurde bei dem Versuch

    von „Pro Köln“ in Köln, am Wochenende 19-21.September, dieses Recht wahrzunehmen, deutlich.

    Eine weitere Einschränkung ist also nicht nötig.

     

    Gruss

    Peter

  • L
    Lars

    Ist doch sowieso egal. Die Bayern haben nur das legalisiert was bundesweit seit Jahren an der Tagesordnung ist. Ob nun legal oder illegal, getan wird es sowieso und zwar in beiden Fällen ohne Konsequenzen.

  • TK
    Torsten K.

    Guten Tag und Hallo Emil,

     

    zunächst möchte ich sagen, dass ich der Meinung bin, jede Tat verfolgt einen oft unmittelbaren Selbstzweck. Natürlich schrecken Gewalt und die damit zu Tage tretende geistige Ohnmacht der Täter Außenstehende ab und bewirken oft das genaue Gegenteil des vermeindlich gewünschten Demonstrationszieles. Das Problem besteht wohl auch darin, dass es zig verschiedene Typen von Demonstrierenden gibt. Es ist ohne Verletzung der Verfassung schlicht nicht möglich ein Raster für "gute" und "schlechte" Demonstranten zu entwickeln. Also muss man zum Leid der Freunde der schnellen Lösung wohl doch wieder an die gesellschaftlichen Wurzeln des Problems der Eskalation. Wobei wir wieder bei der Ohnmacht wären. Insofern kann eine Mögliche Lösung dieses Grundkonflikts nicht darin liegen, die Fesseln noch enger zu ziehen. Aber wenn man mich fragt, gibt es für diese Probleme keine veritable Lösung.

    Die Spannungen auf der gesellschaftlichen Oberfläche sind nur ein Spiegel der Spannungen in jedem von uns. Als bekennender Hippie gibt es für mich nur ein Problem, zu wenig Liebe und Verständnis. In diesem Sinne. Einen wunderschönen Tag

  • HV
    halbbruder von emil

    "So soll die Polizei eine Demonstration nicht nur bei konkreten Gefahren filmen dürfen, sondern auch zur taktischen Steuerung und Auswertung des Polizeieinsatzes."

     

    hehehe

     

    Beim Sraßenfest der Italiener in Stuttgart(auf der B27) bei der WM hat die Polizei Video-Aufnahmen gemacht(von einem extra Ü-Wagen) - ohne irgend ein CSU-Demogesetz.

    Bestand dabei eine konkrete Gefahr? War das ein Einsatz gegen die Mafia? Oder war das keine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes?

    Wahrscheinlich war es zum Schutz der Feiernden (z.B. vor Verkehrsunfällen).(die Straße war gesperrt und es wäre eh kein Auto durchgekommen)

    Oder die Polizisten haben die Überwachungskameras vom Rotebühlplatz Gassi geführt.

  • E
    emil

    ich finde die versammlungsfreiheit auch enorm wichtig, z. b. für streiks oder feldbefreiungen.

     

    andererseits halte ich die meisten herkömmlichen demos tatsächlich für wenig wirksam, denn meinungen außenstehender zu ändern, passiert doch auf ganz andere weise. oft schrecken demos sogar andere leute mehr ab, als sie zum nachdenken und umdenken anzuregen (und für sich selbst zu demonstrieren wäre ja ziemlich selbstfixiert - obwohl es auch im linken spektrum, zu dem ich mich auch selbst zähle, einige solche leute gibt).

  • P
    petertbg

    Guten Tag,

     

    was von dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu halten ist, wurde bei dem Versuch

    von „Pro Köln“ in Köln, am Wochenende 19-21.September, dieses Recht wahrzunehmen, deutlich.

    Eine weitere Einschränkung ist also nicht nötig.

     

    Gruss

    Peter

  • L
    Lars

    Ist doch sowieso egal. Die Bayern haben nur das legalisiert was bundesweit seit Jahren an der Tagesordnung ist. Ob nun legal oder illegal, getan wird es sowieso und zwar in beiden Fällen ohne Konsequenzen.

  • TK
    Torsten K.

    Guten Tag und Hallo Emil,

     

    zunächst möchte ich sagen, dass ich der Meinung bin, jede Tat verfolgt einen oft unmittelbaren Selbstzweck. Natürlich schrecken Gewalt und die damit zu Tage tretende geistige Ohnmacht der Täter Außenstehende ab und bewirken oft das genaue Gegenteil des vermeindlich gewünschten Demonstrationszieles. Das Problem besteht wohl auch darin, dass es zig verschiedene Typen von Demonstrierenden gibt. Es ist ohne Verletzung der Verfassung schlicht nicht möglich ein Raster für "gute" und "schlechte" Demonstranten zu entwickeln. Also muss man zum Leid der Freunde der schnellen Lösung wohl doch wieder an die gesellschaftlichen Wurzeln des Problems der Eskalation. Wobei wir wieder bei der Ohnmacht wären. Insofern kann eine Mögliche Lösung dieses Grundkonflikts nicht darin liegen, die Fesseln noch enger zu ziehen. Aber wenn man mich fragt, gibt es für diese Probleme keine veritable Lösung.

    Die Spannungen auf der gesellschaftlichen Oberfläche sind nur ein Spiegel der Spannungen in jedem von uns. Als bekennender Hippie gibt es für mich nur ein Problem, zu wenig Liebe und Verständnis. In diesem Sinne. Einen wunderschönen Tag

  • HV
    halbbruder von emil

    "So soll die Polizei eine Demonstration nicht nur bei konkreten Gefahren filmen dürfen, sondern auch zur taktischen Steuerung und Auswertung des Polizeieinsatzes."

     

    hehehe

     

    Beim Sraßenfest der Italiener in Stuttgart(auf der B27) bei der WM hat die Polizei Video-Aufnahmen gemacht(von einem extra Ü-Wagen) - ohne irgend ein CSU-Demogesetz.

    Bestand dabei eine konkrete Gefahr? War das ein Einsatz gegen die Mafia? Oder war das keine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes?

    Wahrscheinlich war es zum Schutz der Feiernden (z.B. vor Verkehrsunfällen).(die Straße war gesperrt und es wäre eh kein Auto durchgekommen)

    Oder die Polizisten haben die Überwachungskameras vom Rotebühlplatz Gassi geführt.

  • E
    emil

    ich finde die versammlungsfreiheit auch enorm wichtig, z. b. für streiks oder feldbefreiungen.

     

    andererseits halte ich die meisten herkömmlichen demos tatsächlich für wenig wirksam, denn meinungen außenstehender zu ändern, passiert doch auf ganz andere weise. oft schrecken demos sogar andere leute mehr ab, als sie zum nachdenken und umdenken anzuregen (und für sich selbst zu demonstrieren wäre ja ziemlich selbstfixiert - obwohl es auch im linken spektrum, zu dem ich mich auch selbst zähle, einige solche leute gibt).