Verpasste Schadstoffbegrenzung: Quecksilberstreifen am Horizont

Die Bundesregierung verzichtet darauf, Kraftwerke beim Ausstoß von Quecksilber zu überwachen, obwohl sie die Vorschriften momentan überarbeitet.

Fabriken müssen sich auch in Zukunft nicht zu viele Sorgen um ihren Quecksilberausstoß machen. Bild: dpa

BERLIN taz | Relativ geräuschlos hat das Umweltministerium in den vergangenen Jahren ein wahres Mammutwerk aus Brüssel in deutsches Gesetz gegossen: die Richtlinie über Industrieemissionen. Sie regelt unter anderem, wie Müllverbrennungsanlagen und Kraftwerke, die neben fossilen Energieträgern auch Abfall verbrennen, überwacht werden.

Früher waren diese Anlagen eine der Hauptursachen von Umweltverschmutzungen mit Dioxin oder Schwermetallen. Inzwischen sind die Emissionen durch die Verordnungen stark zurückgegangen.

Die Richtlinien sind relativ streng, lassen aber ein Schlupfloch für unerkannte Verschmutzungen: Falls nachgewiesen werden kann, dass der Ausstoß nur 20 Prozent der erlaubten Grenzwerte ausmacht, müssen Kraftwerke bislang nicht dauerhaft überwacht werden, sondern nur stichprobenartig.

„Abfall ist dadurch charakterisiert, dass er Überraschungen bergen kann“

Das Umweltbundesamt wollte die Überarbeitung der Verordnung nun dazu nutzen, eine dauerhafte Emissionsmessung vorzuschreiben. „In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass sich größere Mengen Quecksilber anhäufen, ohne dass der Betreiber sagen könnte, woher sie kommen“, sagt Volker Weiss vom Umweltbundesamt. Von stichprobenartigen Messungen würden diese einzelnen „Spitzen“ im Ausstoß des leicht flüchtigen Schwermetalls nicht erfasst.

„Abfall ist dadurch charakterisiert, dass er inhomogen ist und Überraschungen bergen kann“, warnt Christian Tebert von der Hamburger Beratungsfirma Ökopol, der sich intensiv mit Emissionsschutz befasst. Tebert nennt als Beispiel das Zementwerk Wotan in Üxheim/Ahütte in der Eifel, das über die im Gesetz vorgesehene Ausnahmegenehmigung verfügt. „Hier werden Quecksilber-Spitzenemissionen gar nicht erkannt“, so Tebert. Das Beispiel zeige, dass die Behörden solche Genehmigungen durchaus aussprächen, „und das birgt Risiken“, so Tebert.

Die zuständige Behörde rechtfertigt die unbefristete Ausnahmegenehmigung damit, dass das Unternehmen stets weit unter den vorgegebenen Grenzwerten liege. Zwar dürfe es bis zu 25 Prozent seiner Energierohstoffe durch Abfall ersetzen, allerdings nur durch bestimmten: etwa Altreifen, Kunststoffspäne oder Holz. Auch im Umweltministerium hält man die stichprobenartige Messung für ausreichend. Derzeit bereitet das Kabinett die Endfassung der neuen Verordnung vor, Anfang März soll sie dann endgültig verabschiedet werden.

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