: Veronika, der Nepp ist da!
Die Kunden des Energieversorgers Eon müssen für Strom aus Wasserkraft tiefer in die Tasche greifen. Doch die Mehreinnahmen kommen nicht der Umwelt zugute, wie die Werbung verspricht. Die Vorsilbe „Öko“ verdient das Angebot daher nicht
von JENS UEHLECKE
Wenn Veronica Ferres das wüsste: Das Ökostromangebot „Aquapower“ des Münchner Energieversorgers Eon, für das die TV-Schöne Reklame macht, ist ein Schlag ins Wasser. Zwar wird „ihr Eon“, wie in der Werbung versprochen, in Wasserkraftwerken erzeugt. Die Bezeichnung Ökostrom verdient es laut Verbraucherschützern aber nicht.
Der Hintergrund: Wer sich für den „Aquapower“-Strom entscheidet, zahlt pro Jahr zwar mindestens 92 Mark mehr als andere Kunden. Der Umwelt jedoch nützt das nichts. Denn Eon investiert den Mehrbetrag weder in neue Wasserkraftwerke noch in andere Projekte zur Förderung regenerativer Energien.
Ganz im Gegenteil: Das Unternehmen lässt sich für etwas bezahlen, das es schon lange gibt. Bereits vor sechs Jahren betrieb es genauso viele Wasserkraftwerke wie heute. Bis im letzten Jahr, als die Energieversorger Viag und Veba zu Eon fusionierten, liefen diese allerdings noch unter dem Label der Viag-Tochter Bayernwerk.
Vor der Liberalisierung des Strommarktes 1998 unterschied Bayernwerk aber noch nicht zwischen verschiedenen Stromsorten. Der Konzern verkaufte seinen Energiemix – immerhin mit 20 Prozent Wasserkraftanteil – zum einheitlichen Tarif. Nach der Liberalisierung dachte sich die Marketingabteilung jedoch einen Trick aus: Aus dem Einheitsstrom wurde Normalstrom und Wasserkraftstrom. Ein kluger Schachzug, lässt sich der vermeintliche Ökostrom umweltbewussten Kunden doch viel besser verkaufen.
Das hat sich bei Eon nicht geändert: Wie sein Vorgänger vermarktet der Konzern weiterhin fleißig „Aquapower“. „Eine der praktischsten Möglichkeiten, etwas für die Umwelt zu tun“, verspricht die Werbung. Und wer das möchte, soll gefälligst auch tiefer in die Tasche greifen. Statt 119,40 Mark jährlichem Grundpreis und 26,5 Pfennig pro genutzte Kilowattstunde (KWh) im „Power“-Privattarif, werden bei „Aquapower“ 611,40 Mark im Jahr inklusive Grundpreis und 1.500 KWh fällig. Jede weitere Kilowattstunde kostet 30 Pfennig. Wer genau 1.500 Kilowattstunden verbraucht, zahlt demnach 94,50 Mark mehr. Verbraucht man mehr oder weniger, ist die Differenz sogar noch höher. Auch im Familientarif mit 4.000 KWh sieht es kaum besser aus: Hier beträgt das vermeintliche Plus für die Umwelt mindestens 92 Mark.
„Ein typischer Fall von Greenwashing“, sagt Heinz Laing vom Eon-Konkurrenten Greenpeace Energy in Hamburg. Das Eon-Angebot sei „schlicht unsolide“. Durch „Aquapower“ werde weder weniger Kohlendioxid produziert noch eine Alternative zur Atomkraft geschaffen. Ähnlich sieht das Martin Steinestel, Energie-Referent der Verbraucherzentrale NRW: „Von Ökostrom kann nur gesprochen werden, wenn die Mehreinnahmen in neue Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien fließen.“ Er rät Verbrauchern deshalb bei der Suche nach einem Ökostromanbieter auf Gütesiegel wie etwa „Grünstrom“ vom Energievisionen e.V. zu achten.
Eon beruft sich dagegen darauf, sein Produkt sachlich richtig zu bewerben. Ein Sprecher erklärte, der Strom stamme aus 100 Prozent Wasserkraft, das sei sogar vom TÜV beglaubigt. Der Konzern scheint seinem Angebot aber offenbar selbst nicht zu trauen: Zumindest bietet er seit kurzem zusätzlich den wesentlich teureren „Naturpower“-Tarif an, der der Bezeichnung Ökostrom eher gerecht wird: 20 Prozent des Reinerlöses sollen laut Prospekt in erneuerbare Energien fließen.
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