Verleumdungen zum Stimmenklau lanciert: Hamburgs SPD versinkt in Intrigen
Hamburgs SPD hat aufgrund des Mediendrucks die parteiinterne Untersuchung über die Stimmenklau-Affäre 2007 veröffentlicht. Zuvor waren Verleumdungen lanciert worden.
HAMBURG taz Es war eine Kehrtwende: Am Dienstagabend verteilte Hamburgs SPD-Chef Ingo Egloff ein Papier, das er fast zwei Jahre lang im Safe verwahrt hielt: die parteiinterne Untersuchung über die "Stimmenklau-Affäre" in der Hamburger SPD-Zentrale.
Dort waren im Februar 2007 tausend Stimmzettel einer Mitgliederbefragung, womit der SPD-Bürgermeisterkandidat gekürt werden sollte, spurlos verschwunden. Der Diebstahl kostete den damaligen SPD-Chef Mathias Petersen die Chance, Ole von Beust (CDU) herauszufordern. Die Befragung wurde nicht gewertet und Zeit-Mitherausgeber Michael Naumann zum Spitzenkandidaten gekürt.
Nun holt die Vergangenheit die Elb-SPD ein. Vorige Woche eröffneten Spiegel und Bild eine Kampagne gegen den Hamburger SPD-Sprecher Bülent Ciftlik. Mit aus dem Zusammenhang gerissenen Details aus der SPD-Untersuchung und den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde gegen den 37-Jährigen ein Tatverdacht konstruiert, obwohl weder Staatsanwälte noch SPD-Ermittler Verdachtsmomente gegen Ciftlik erkennen konnten. So enthält der jetzt aufgrund des Mediendrucks veröffentlichte SPD-Bericht nur die lapidare Feststellung, dass 25 Personen als Täter infrage kämen.
Doch der Kampagnenzeitpunkt war gut gewählt: Da zeitgleich die Staatsanwaltschaft gegen Ciftlik wegen des Anfangsverdachts ermittelte, er habe eine Scheinehe angebahnt, war der angeschlagene SPD-Sprecher nicht mehr zu halten. Dienstag bestätigte der SPD-Landesvorstand seine Beurlaubung.
"Wir schlagen den Ciftlik und treffen den Egloff", benennt der SPD-Parteichef das Ziel der Kampagne. Denn in der Parteizentrale verdichten sich die Hinweise, dass Spiegel und Bild aus dem Umfeld Petersens munitioniert wurden - mit dem Ziel, die Parteiführung in eine Krise zu stoßen und den lange zu Ciftlik stehenden Egloff zu demontieren. Denn Petersen hat sich mit seiner Niederlage nie abgefunden - und träumt von einer zweiten Chance. Die aber hat der in der SPD-Führung isolierte Allgemeinmediziner nur, wenn die Krise der SPD sich weiter zuspitzt und er als mutmaßlicher Heilsbringer wie der Phoenix aus der Asche steigen kann. MARCO CARINI
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