piwik no script img

Verletzte syrische Kämpfer im LibanonZerschmettert, aber nicht gebrochen

Sie haben nur den Wunsch, bald weiter kämpfen zu können. Ein Besuch bei Kriegsversehrten der „Freien Syrischen Armee“ im Libanon.

Noch können verletzte Kämpfer der syrischen Rebellen im Libanon auf medizinische Versorgung hoffen. Bild: dapd

TRIPOLIS taz | Auf dem Berg wehen syrische und libanesische Flaggen nebeneinander. An Häusern und in ärmlichen Geschäften hängen Plakate der syrischen Herrscherfamilie al-Assad in voller militärischer Montur. Fast alle Häuser weisen Einschusslöcher auf. Der Weg zu einem der libanesischen Krankenhäuser, in dem Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) behandelt werden, führt durch die ärmsten Gegenden des Landes. Regelmäßig kommt es hier zu Schusswechseln zwischen Assad-treuen Alawiten und ihren sunnitischen Nachbarn.

Viele Armee-Checkpoints müssen passiert werden, bevor das staatliche Krankenhaus hinter dem Berg auftaucht – so soll verhindert werden, dass die verwundeten FSA-Kämpfer von Alawiten oder dem syrischen Geheimdienst aufgespürt, entführt und sogar getötet werden. Regelmäßig berichten libanesische Medien von solchen Fällen. Viele nach Libanon geflohene Syrer wollen sich daher nicht beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR registrieren lassen – obwohl ihnen so medizinische Hilfe, Nahrungsgutscheine und Obdach versagt bleiben.

Den Kämpfern im Krankenhaus sind die Strapazen anzusehen. Viele sind erst Mitte zwanzig, wirken aber zwanzig Jahre älter. Sie sind ausgemergelt, haben tiefe Ringe unter den Augen, dicke schwarze Bärte und zerschossene Gliedmaßen.

Mahmoud, der seinen richtigen Namen nicht genannt sehen will, ist 28. Er kommt wie die meisten anderen Patienten aus dem syrischen Homs, rund 200 Kilometer entfernt. Vor dem Krieg arbeitete er in einem Supermarkt. Eine Waffe hatte er zum letzten Mal Anfang zwanzig in der Hand, während seiner Grundausbildung bei der Armee.

Eine Bombe der regimetreuen Shabiha-Miliz jagte ihm Splitter in Hand und Bein. Nun trägt Mahmoud seine rechte Hand in einer mächtigen Orthese, ein Exo-Skelett, um die Knochen wieder zu richten. Sein linkes Bein wurde hingegen nach der Operation vor zwei Monaten nicht wieder gerade. „Ein normaler Ärztefehler, der bald wieder behoben wird“, sagt er tapfer.

Kein Geld für ärztliche Versorgung

Doch wo sollen die rund 1.000 US-Dollar, die die Behandlung kostet, herkommen? Bis Juli übernahm der libanesische Staat die Behandlung der verwundeten syrischen Aufständischen, dann machte er den Geldhahn dicht. Mohammed, ein unverwundeter sunnitischer Syrer, der für eine islamische Stiftung die medizinischen Behandlungen der Rebellen koordiniert, meint, die mit Syriens Regime verbündete libanesische schiitische Hisbollah-Miliz könnte dem Staat gedroht haben.

Mahmouds Zimmernachbar Hamed ist 18, sein Oberlippenflaum sprießt erst zaghaft. Er verlor seine rechte Hand durch einen Einschuss, alle Knochen wurden zerschmettert. Die groben Stiche der Amputation wachsen jetzt als wulstige Narben über seinen Stumpf. Er ging mit 17 in den Kampf, ohne Training an der Waffe. Er berichtet von seiner Flucht nach Libanon mit der zerschossenen Hand, auf einem Motorrad, das sein Freund fuhr. Sie fuhren auf eine Mine, kurz vor der Grenze. Sein Freund starb, er schleppte sich über die Grenze, wo der Rote Halbmond Flüchtlinge empfängt.

Jeden Moment wirkt der Junge den Tränen nahe. Er hofft auf eine Prothese, eine elektronische. Damit könnte er, wie auch Mahmoud es wünscht, wieder in den Befreiungskrieg ziehen.

Die Prothese kostet aber rund 11.000 US-Dollar. Und Libanon zahlt nicht mehr. Das Geld soll jetzt aus Katar kommen, sagt Hilfskoordinator Mohammed. Er hat die Zusage. Aber angekommen ist noch nichts.

Wer Syriens Kriegsopfer unterstützen möchte, kann das hier tun: .

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • S
    SGK

    @ Seif al-Shishakli

     

    Hallo, Herr Shishakli! Ich verstehe Sie so, dass Sie behaupten, der Kampf der Rebellen gegen die Assad-Regierung würde in der islamischen Welt allgemeine Unterstützung finden und als genuiner Volksaufstand betrachtet werden.

     

    Ich bin gerne bereit, diese Behauptung auch für mich kritisch zu überprüfen. Würden Sie uns bitte Quellen für Ihre Behauptung nennen? Sie haben doch sicher mehr Belege dafür als Ihre eigene arabische Herkunft, persönliche Gespräche mit irgendwelchen Leuten oder irgendwelche Facebook-Quellen?

     

    Vielen Dank schon mal!

     

    Grüße - SGK

  • SA
    Seif al-Shishakli

    Liebe Kommentaristen, sehr interessante Einwände. Möchte natürlich auch über meine zahlreichen Gespräche mit regimetreuen Bekannten berichten. Schlage es sofort den Kollegen in Berlin vor! Im Nahen Osten gilt es als Allgemeinmeinung, das der Krieg von außen kam und kein "Freiheitskampf" des Volkes ist... Studien zeichnen darüber gute Bilder. Hoffentlich will man das dann veröffentlichen!

  • JO
    Jürgen Orlok

    Stimmungsmache für Terroristen ist ja seit dem Angriffskrieg gegen Libyen eines der Hauptgeschäfte der taz. Die zivilen Opfer von Seiten der Gegner von Assad und Unterstützer von Assad machen den Krieg aus, nicht die Lügengeschichten der Terroristen/Gotteskrieger.

     

    "Eine Bombe der regimetreuen Shabiha-Miliz ..."

    Ein offensichtliche Lüge, denn nach der Explosion wird wohl kaum auf jedem Splitterteil Shabiha eingraviert sein. Die wahrscheinlichere Variante, wenn schon Bombe, dann eine seiner Genossen Terroristen.

     

    "Die Prothese kostet aber rund 11.000 US-Dollar ..."

    Jedenfalls haben die Terroristen ein Gefühl für Luxus. Welcher normaler Deutsche bekommt eine elektronische Prothese?

     

    Fazit: Im günstigsten Fall sind die Interviewten Terroristen dümmlich und dreist.

    Die realistischen Fall spare ich mir.

     

    Von unseren so "humanitären" Terroristenfreunden habe ich immer noch keine Analyse erhalten, wie sich die zehntausende Toten und Verletzten des Angriffskrieges gegen Libyen aufteilen in NATO-Terroristen, Gaddafi-Leute und wirklichen Zivilisten.

    Wird es auch nicht geben, da nach meinem Eindruck die Zahl der durch NATO&Co ermordeten Zivilisten und Gaddafi-Leute den überwiegenden Teil der Opfer bilden.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wohnen die Genossen der TAZ alle in Katar? Wieso kommen hier nur Freischärler gegen die syrische Regierung zu Wort? Weil sie Sold ,Waffen, Munition und Kampfanleitung aus Katar und von der CIA bekommen. Es ist wieder wie in Libyen. Die TAZ ist wieder einmal Kriegspartei im Mantel der Pressefreiheit. Das ist zynisch!

  • F
    Fritz

    macht die taz jetz auch noch mit bei dem versuch der bundesregierung die medien bei dem thema gleichzuschalten.fragt doch die freie syrische armee was sie mit ihren über 1000 gefangenen regulären syrischen soldaten,polizisten und anderen beamten gemacht hat.fragt die FSA doch mal wo die spareinlagen der bürger und der städte homs und aleppo geblieben sind.plünderungen,mord und zivilisten als schutzschilde so sieht es bei der FSA aus.

    mir tun die ach so armen freiheitskämpfer für demokratie nicht leid,sie haben terroristen und islamisten tür und tor geöffnet.schon jetzt werden von afgahnischen söldnern frauen auf offener straße erschossen wenn sie keinen schleier tragen.