Verkleinerung des Bundestags: Abstimmung schon wieder vertagt
Damit der Bundestag schrumpfen kann, muss eine Wahlrechtsreform her – und zwar schnell. Doch die Groko lässt sich Zeit.
Dabei sind sich eigentlich alle Parteien einig, dass der Bundestag kleiner werden soll. Dank Überhang- und Ausgleichsmandaten auf 709 Abgeordnete angewachsen, liegt er derzeit weit über seiner regulären Größe von 598 Sitzen. Nach der nächsten Wahl könnte er sich sogar auf mehr als 800 vergrößern. Seit Jahren wird nun bereits darüber gestritten, mit welcher Variante eine Reduzierung erreicht werden soll – wobei Union und SPD bislang nicht gerade durch übergroßen Reformeifer aufgefallen sind.
Selbst untereinander waren sich die Schwarzen lange Zeit nicht grün. Erst am Dienstagabend verständigte sich die Unionsfraktion nach stundenlanger Debatte auf einen Vorschlag, den sie der SPD jetzt unterbreiten will: Reduzierung der Zahl der Wahlkreise von jetzt 299 auf 280 sowie Verzicht auf den Ausgleich von bis zu 7 Überhangmandaten. Letzteres würde das Zweitstimmenergebnis vor allem zugunsten der Union verzerren. Wobei die Union im Unklaren gelassen hat, ob dieses Modell bereits bei der nächsten Bundestagswahl im Oktober 2021 angewandt werden soll oder erst 2025.
Die SPD reagierte zurückhaltend. „In dieser Woche halte ich eine Entscheidung für ausgeschlossen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, am Mittwoch in Berlin. Bislang liege ihm noch nichts Schriftliches von der Union vor. „Ich bin aber zuversichtlich, dass eine Einigung in diesem Jahr noch gelingt.“ Dann allerdings wäre eine Reduzierung der Wahlkreise nicht mehr möglich.
Opposition kritisiert „Hinhaltetaktik“
Grüne, FDP und Linkspartei haben ihren Gesetzentwurf bereits im Herbst 2019 eingebracht. Er sieht einerseits eine Erhöhung der Sollgröße des Bundestags auf 630 Abgeordnete vor, andererseits sollen die Wahlkreise auf 250 reduziert werden. Nach den Vorstellungen der drei Oppositionsparteien hätte darüber am Freitag abgestimmt werden können. Doch das haben Union und SPD am Mittwoch über den Innenausschuss verhindert. Begründung: Es gäbe weiteren Beratungsbedarf.
Als „Hinhaltetaktik und Ablenkungsmanöver“ bezeichnete das der Linksparteiabgeordnete Friedrich Straetmanns. „Ich habe für diese Verweigerungshaltung keinerlei Verständnis“, sagte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus