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Verkehrssicherheit in BerlinDie Opfer sind keine Bagatelle

Der Verkehrsausschuss im Abgeordnetenhaus diskutiert emotional über schwere Unfälle und ihre Prävention.

Will sich nicht vorwerfen lassen, sie sehe nur Zahlen: Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU), hier kürzlich bei einer Pressekonferenz Foto: IMAGO / Sven Simon

Berlin taz | Politische Themen, bei denen auch menschliche Schicksale mitverhandelt werden, lassen oft die Emotionen hochkochen. So auch im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses, wo am Mittwoch auf Antrag der Grünen und Linken das Unfallgeschehen in Berlin besprochen wurde. Natürlich stand dabei die Zahl von 55 Verkehrstoten und rund 15.000 Verletzten im Jahr 2024 im Mittelpunkt – ein trauriger Rekord, wenn man den Betrachtungszeitraum nicht zu weit in die Vergangenheit ausdehnt.

„Wenn Sie im Freundes- und Bekanntenkreis herumfragen, werden sie von fast allen hören, dass sie Menschen kennen, die bei einem Verkehrsunfall getötet oder schwer verletzt wurden“, sagte Antje Kapek von den Grünen. Auch sie habe vor Kurzem erfahren, dass eine ihr bekannte Person 2024 bei einem Unfall starb. Immer gebe es „ein Gesicht, eine Geschichte, ein Schicksal hinter den Zahlen“, das sei „keine Bagatelle, kein Kollateralschaden“.

Worte, die Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) auf sich bezog, um eine solch unempathische Denkart weit von sich zu weisen: Kapek habe Äußerungen von ihr „missverstanden oder missverstehen wollen“. Das gelte genauso für die Andeutung der Grünen-Politikerin, sie – Bonde – habe empfohlen, dass Kinder, die es nicht schaffen, in einer Grünphase über die Ampel zu kommen, eben rennen sollen. Auch Poller zur Verkehrsberuhigung lehne sie nicht ab, diese seien nur „gefährlich, wenn durch sie Menschenleben gefährdet werden“. Damit bezog sie sich auf die immer wieder erhobene Kritik, einzelne Poller erschwerten das Durchkommen von Rettungsfahrzeugen.

Eigentlich wäre die Sitzung eine gute Gelegenheit gewesen, über das am Dienstag vom Senat beschlossene „Verkehrssicherheitsprogramm 2030“ zu sprechen. Allein, niemand der Anwesenden außer Bonde und ihren MitarbeiterInnen hat es bislang gesehen – es soll erst demnächst veröffentlicht werden. Laut Bonde ist es zumindest „kein Schriftstück, das in der Schublade verschwindet. Wir bringen es durch ständiges Monitoring zum Leben und haben Umsetzungszeiten hinterlegt.“

„Unterschiedliche Sprachen“

Kristian Ronneburg von der Linken begrüßte, dass es das lange angekündigte Programm nun gebe, warf dem Senat aber vor, in seinen Absichtserklärungen und seinem Handeln „unterschiedliche Sprachen“ zu sprechen – so bei der Ankündigung, Tempo-30-Strecken, die einst zur Luftreinhaltung angeordnet wurden, wieder aufzuheben. Auch wenn die verbesserte Luftqualität das rechtlich nicht mehr hergebe, wirke der Eifer „befremdlich“. Es gebe „viele Anhaltspunkte“, dass dort auch aus Sicherheitsgründen Tempo 30 bleiben könne.

Auch hier blieb Bonde kategorisch: „Wir handeln einfach regelkonform.“ Alternative Begründungen für Tempo 30 habe man geprüft, aber nicht gefunden. „Es ist ganz klar“, sagte die Senatorin: „Die Regelgeschwindigkeit liegt innerorts in Deutschland bei 50 Stundenkilometern.“

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