piwik no script img

Verkehr Mehr Premiumrouten für RadfahrerInnen fordert der grüne Fraktionsvorsitzende und verkehrspolitische Sprecher Ralf Saxe.„Der Zaun muss weg“

Interview Klaus Wolschner

taz: Herr Saxe, wenn man mit der Handelskammer über Fahrrad-Verkehrspolitik redet und den Namen Ralph Saxe erwähnt, dann verdrehen da einige die Augen …

Ralph Saxe: Das verstehe ich nicht. Wir haben im Verkehrsentwicklungsplan einen Konsens erzielt, auch bei der Frage, dass es für eine Stadt wie Bremen ein Vorteil ist, wenn viel für den Fahrradverkehr getan wird. Als es dann um Fahrrad-Premiumrouten ging, die die Handelskammer vor vier, fünf Jahren noch vehement abgelehnt hatte, habe ich mich gefreut, dass aus der Kammer am Ende weitere Premiumrouten vorgeschlagen wurden.

Was sind Premiumrouten und wo gibt es die?

Das sind Routen, auf denen der Fahrradverkehr schnell und bevorzugt durch die Stadt kommen soll. Realisiert ist zum Beispiel die Route von der Uni bis zum Kennedy-Platz. Geplant wird gerade eine Strecke Bremen-Nord bis Hemelingen, also längs durch Bremen. Die haben wir übrigens im Einklang mit der Handelskammer vereinbart.

Auf welcher Höhe quert sie die Innenstadt?

Die Machbarkeit des Fly-over an der AOK parallel zu den Wallanlagen als eine Möglichkeit wird meines Wissens geprüft.

Spannend wird es bei längeren Radstrecken immer, wenn es um die Frage geht, wer an Kreuzungspunkten Vorrang haben soll.

Ich bin gespannt, wie die Machbarkeitsstudie Lösungen für diese Probleme vorschlägt. Damit steht und fällt die Akzeptanz solch einer Rad-Premiumroute.

Unter der Stephanibrücke gab es schöne breite Radwege, die nun aber mit Bauzäunen halbiert sind. Was ist dabei die verkehrspolitische Logik?

Die Brücke hat ein Last-Problem. Man hat daher den LKW-Verkehr oben eingeschränkt durch ein Überholverbot und die Vorschrift, dass die LKWs 50 Meter Abstand halten sollen. Und dann hat man ausgerechnet, dass es eine Überlastung geben könnte, wenn es unten eine Demonstration gibt von mehr als 2.700 Menschen. 234 Tonnen wären die kritische Grenze und das Amt für Straßen und Verkehr hat gesagt, diesen Fall müsse man grundsätzlich durch Absperrungen ausschließen.

Fahrrad-Termine

Im Rahmen der „Europäischen Woche der Mobilität“ gibt es in Bremen ein umfangreiches Programm des Vereins „Autofreier StadTraum e. V.“, das Anstöße geben soll, die Stadt neu zu denken.

Am Sonntag um 10.30 Uhr startet die „Hochstraßen-Tour“ von der Bürgerweide zum „Fest der Mobilität“ am Leibnizplatz (ab 11 Uhr).

Am Montag um 17 Uhr wird die Ausstellung „200 Jahre Fahrrad“ im Siemens-Hochhaus eröffnet.

Am Mittwoch gibt es auch noch eine Straßenbahnfahrt mit BundestagskandidatInnen zu ihren verkehrspolitischen Zielen.

Mehr zum Programm auf www.autofreierstadtraum.de

Wann waren denn zuletzt 2.700 Menschen unter der Brücke?

Als ich die Berechnung gehört habe, habe ich mir auch die Augen gerieben, weil dieser Fall nicht eintreten wird. Selbst wenn die Hochstraßen-Tour am Sonntag um 10.30 Uhr ab der Messe Bremen überraschend unten durchfahren würde, was keinen Sinn macht, käme das Gewicht nicht zustande.

Oben fahren 100.000 Fahrzeuge am Tag, allein sechs schwere LKW bringen 234 Tonnen auf die Pfeiler.

Ich begreife nicht, wie man oben auf der Straße davon ausgeht, dass eine Beschilderung ausreicht, und unten, wo in der Regel kaum einmal mehr als zehn Menschen gleichzeitig die Brücke belasten, eine Beschilderung für den absurden Ausnahmefall nicht reichen würde, um die Vorschriften zu erfüllen. Das ist eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Verkehrsteilnehmern, die wir auch an anderer Stelle kritisieren. Es mag sein, dass man der Meinung war, so kurzfristig die Sicherheit zu gewährleisten. Dieser Zaun muss so schnell wie möglich weg.

Hat der grüne Verkehrssenator eine Meinung dazu?

Das hat er bestimmt. Sein Pressesprecher hat ja versucht, die Argumente des ASV zu klären.

Wenn die Stephanibrücke saniert und dafür gesperrt werden muss, ist das Verkehrschaos ja perfekt.

Ralph Saxe

Jahrgang 1959, ist Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bürgerschaft und ihr verkehrspolitischer Sprecher.

Im Haushalt gibt es schon Planungsgelder für die Sanierung, gebaut wird da aber vom Bund und vielleicht dann von der geplanten Autobahngesellschaft. Aber die Sanierung wird genauso wie die der Autobahnbrücke über die Weser im Bereich Arsten mit mehreren Maßnahmen realisiert. Bei der A1-Brücke ist man schon auf einem guten Weg. Man muss also den Verkehr nicht sperren. Das soll dann erst mal reichen für gut 15 Jahre. Klar sind unsere Brücken alt, auch die Eisenbahnbrücken der Deutschen Bahn haben übrigens erhebliche Probleme.

Welche Bedeutung hat das Fahrrad-Modell-Quartier Alte Neustadt?

Wir knüpfen da an eine Tradition an, die es in Bremen schon einmal gab, nämlich mit Innovationen bundesweit Zeichen zu setzen. Bremen war mal bekannt für die roten Fahrradwege, die Herbststraße in Findorff war bundesweit die erste Fahrradstraße, in Bremen gab es zuerst die Aufhebung der Einbahnstraßen-Regelung für Fahrräder. In der Neustadt soll nun der Fahrradverkehr in einer ganzen Zone der Stadt Vorrang haben. Wir bekommen dafür 2,4 Millionen Euro an Bundesmitteln, die durch eine erfolgreiche Beteiligung an einem Bundeswettbewerb durch die Hochschule Bremen und die Stadt eingeworben wurden.

Eine Engstelle für den Fahrradverkehr besteht auf dem Deich an der Kleinen Weser zwischen Piepe und Friedrich-Ebert-Brücke.

Das wird im Rahmen der Deicharbeiten für den Hochwasserschutz erheblich breiter neu gestaltet. Dies wird die Bedingungen dort für den Fuß- und Radverkehr deutlich verbessern. Zudem soll es ja eine Fahrradbrücke von der Innenstadt in die Neustadt unter anderem auch zu dem neuen Wohnquartier auf dem Stadtwerder geben. Das hat sich übrigens die Handelskammer sehr gewünscht. Die zehn Millionen dafür hat Bremen aber nur, wenn es erheblich Bundeszuschüsse gibt. Das kann bis zu 90 Prozent der Baukosten betragen und wäre dann sehr attraktiv für Bremen als Fahrradhauptstadt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen