: Verirrte Pottwale
■ Strandung an Nordseeküste befürchtet. Experten beraten über Vertreibung
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen hat sich eine Gruppe von Pottwalen in die Nordsee verirrt. Eine Herde von fünf Pottwalen ist gestern von der Wasserschutzpolizei Büsum fünf bis sechs Kilometer westlich vor Dithmarschen gesichtet worden. Die Strandung der Tiere sei sehr wahrscheinlich, da ihr Echolotsystem in dem höchstens 15 Meter tiefen Wasser nicht mehr arbeitet, befürchtet Lothar Koch, Leiter der Umweltschutzorganisation Schutzstation Wattenmeer e.V.
Ein völliges Vertreiben der Tiere durch Boote, damit sie die Nordsee nach Norden oder durch den Ärmelkanal verlassen, sei „unmöglich“. Man könne nur versuchen, die Wale in die nordseeoffene Richtung zu treiben. Darüber werde von den Experten beraten.
„Die Tiere wechseln öfter den Kurs“, sagte Koch. Das deute auf ihre Orientierungslosigkeit hin. In dem Beobachtungsgebiet sei die Nordsee zwar für die Wale noch tief genug zum Schwimmen, doch fehle Nahrung, und ihr Orientierungssystem funktioniere nicht mehr.
Erst Anfang Dezember 1997 war eine Gruppe junger Pottwalbullen aus dem Nordatlantik kommend in die Nordsee geschwommen und an mehreren Stellen angelandet.
„Es ist kein Zufall mehr, daß Pottwale in unsere Gewässer kommen“, erklärte Koch. „Das scheint leider zur tödlichen Regel zu werden.“Die Experten gehen davon aus, daß die Wale auf ihrem Zug vom Nord- in den Südatlantik durch gestörte Magnetfeldlinien fehlgeleitet werden, an denen sie sich zu orientieren pflegen. Außerdem könnten akustische Ablenkungen duch Bohrinseln und starken Schiffsverkehr den Ortungssinn stören. Daher schwimmen die Tiere nicht westlich an Großbritannien vorbei, sondern sie geraten in die Nordsee. Diese wird dann zur Todesfalle, da sie nicht tief genug ist und unzureichend Nahrung bietet.
lno
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen