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Verhinderte Meisterschüler

Eine Prüfung ist eine Prüfung! Die Berliner Hochschule der Künste nimmt erstmals nicht jeden als Meisterschüler. Nun fragen die Abgewiesenen, was gerecht ist  ■ Von Christian Füller

Berlin (taz) – Ja, sie ist fast ein wenig empört. Sie, nennen wir sie die Malerin, hat studiert an der Hochschule der Künste. Und nun wird sie keine Meisterschülerin. „Das ist nicht gerecht“, sie traut sich diesen Satz nicht laut sagen. Aber er schwingt mit. Denn wenn sie Meisterschülerin würde, dann hätte sie jetzt noch ein Jahr des Studiums an der Akademie. Sie bekäme ein Atelier und trüge den Titel, der mehr zählt als das, was sie jetzt als Zertifikat mitnimmt von ihren Jahren an der Hochschule: Absolventin, bestanden. Nicht mehr, nicht weniger. Auf jeden Fall: nicht genug.

Meisterschüler gibt es an jeder Kunsthochschule. Es sind, auf den ersten Blick, die Besonderen. Sie erlangen den begehrten Status, ein persönlicher Zögling von Baselitz zu sein oder von Immendorf oder wie die Koryphäen heißen mögen. Gut sind sie auf jeden Fall. Aber Meisterschüler wird eben nicht jeder. Meint man. Aber so einfach ist es nicht. Weil die Kriterien ganz unterschiedliche sind. In Düsseldorf entscheidet ganz allein der Meister selbst, wer sein Schüler oder seine Schülerin wird. „Der kann dann um ein Jahr verlängern“, erläutert Hubert Neuerburg von der berühmten Kunstakademie, an der Beuys lehrte. Anders ist es in Frankfurt an der Städlschule. Auch da wählt der Professor aus, die Hochschule bekommt das aber nochmal vorgelegt, „der Form halber“. In Düsseldorf und Frankfurt gibt es viele Meisterschüler. Aber nicht alle werden's.

An der Berliner Hochschule der Künste ist das auch so. Neuerdings. Und genau das findet die Malerin ungerecht. Ungerecht? Ja, weil es bisher immer anders war. Eine Begutachtung der Werke der Absolventen fand statt – und alle bestanden „mit besonderem künstlerischen Erfolg“. Und hatten das Recht, Meisterschüler zu werden. Diesmal waren sieben von 28 Geprüften die Leidgeprüften. Sie bestanden – ohne Prädikat: Sie werden keine Meisterschüler.

Nun brodelt es in der HdK. Es ist ungerecht, schimpfen die einen, „weil die das vorher nicht gesagt haben, daß sie wirklich prüfen“. Auch diesen Satz sagt die Malerin nicht wirklich, aber er ist herauszuhören aus all dem, was sie vorbringt: Die Kommission habe sich nur zwei Minuten Zeit für sie genommen, aus ihrer Fachrichtung sei kein Professor dabeigewesen. Ja, sie hätten gar nicht richtig geprüft, klagt die Malerin sogar, obwohl sie ihnen doch genau das Gegenteil vorwirft: daß sie richtig geprüft, jedenfalls folgenreich geprüft haben, daß sie Leute hinauskomplimentiert haben.

„Die Praxis war lax“, erläutert eine Sprecherin den Sinneswandel. Das lasse das allgemeine hochschulpolitische Klima nicht mehr zu. „Wir müssen den Zugang zum Meisterstudium künftig limitieren.“ Alles, alles sehr plausibel und durchaus passend zu dem, was der oberste deutsche Rektor, Klaus Landfried, „die Elite stärken“ nennt. Aber hat die HdK ihren Studenten das entscheidend Neue angekündigt: daß eine Prüfung tatsächlich eine Prüfung ist?

„Ich gehe davon aus“, antwortet Sprecherin Astrid Stalmann und übersendet ausgerechnet eine Studienordnung zum Beweis, die die Studierenden schon immer bekamen. Einen eigenen Hinweis auf scharfes Prüfen kann sie nicht vorweisen. Und wenn es denn anders wäre, schiebt sie nach, dann prüfen wir das.

So wie immer. Oder richtig?

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