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Verhandlungen beendet - Probleme ungelöst

■ Nach Abschluß der Expertengespräche zum Staatsvertrag DDR-BRD wurden Zusatzvereinbarungen zur strittigen Eigentums- und Agrarfrage angekündigt

Bonn (afp/dpa/taz) - Die Expertengespräche über den Staatsvertrag zur Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts und Sozialunion sind gestern in Bonn abgeschlossen worden. Rätselraten herrschte bei Redaktionsschluß noch über die erzielten Kompromisse. Die Nachrichtenagentur 'dpa‘ meldete, die DDR-Seite habe „offenbar eingesehen“, daß man privaten westlichen Investoren den Erwerb von Grund und Boden ermöglichen müsse. Demgegenüber verbreitete 'afp‘, die strittige Frage des Grunderwerbs sei vorerst ausgeklammert worden und solle in einem Zusatzabkommen geregelt werden. Laut dem Bonner Regierungssprecher Vogel harren auch die Agrarfinanzierung und die Kosten der wirtschaftlichen Umstrukturierung einer Zusatzvereinbarung. DDR -Wirtschaftsminister Pohl hatte am Wochenende für die ungelösten Fragen gar einen „zweiten Staatsvertrag“ gefordert.

Bei der Strukturanpassung des DDR-Gewerbes wird noch im Rahmen der Finanzierungsüberlegungen zu entscheiden sein, in wieweit zusätzliche Darlehen und Zinssubventionen aus bundesdeutschen Kredittöpfen für den Mittelstand in Frage kommen. Die Teilnehmer waren sich dem Vernehmen nach einig, daß besondere Leistungen auch für die hart betroffenen DDR -Bauern erbracht werden müssen. Nach dem jetzigen Verhandlungsstand wird zudem überlegt, in welchem Umfang die landwirtschaftlichen Betriebe gegen Einfuhren geschützt werden können.

Grundsätzlich bleibt es bei den Ausgleichsleistungen wegen sozialer Härten für Rentner und Studenten.

Nach Angaben von Teilnehmerkreisen soll es allein Sache der DDR-Regierung sein, mit entsprechenden zurückliegenden Stichtagen Mißbräuchen bei der Währungsumstellung und erheblichen Vorteilen für angehäufte Vermögen ehemaliger SED - und Stasileute entgegenzuwirken. Dazu verlangte SPD-Chef Hans-Jochen Vogel am Samstag, dieses Vermögen dürfe nicht umgetauscht werden.

Bundesfinanzminister Theo Waigel will heute bei seinem Berliner Amtskollegen Romberg eine Bestandsaufnahme der DDR -Finanzen einholen. Auf dieser Grundlage will Bonn entscheiden, welcher Finanzbedarf für den DDR-Etat erforderlich wird. Die Kosten für die zweite Jahreshälfte betragen laut bisheriger Schätzung 15 bis 20 Milliarden DM.

Ebenfalls heute wollen die Parteien über den Staatsvertragsentwurf beraten. Die SPD in Ost-Berlin drängt weiter auf Verbesserungen vor allem für die Rentner. Demgegenüber sandte Waigel bereits unmißverständliche Signale nach Berlin: Die Bundesrepublik sei kein Selbstbedienungsladen, den man zur Beseitigung 40jähriger Mißwirtschaft heranziehen könne.

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