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Verhandlung in Baden-WürttembergOrdenstracht ja, Kopftuch nein?

In Stuttgart soll eine muslimische Lehrerin ihr Kopftuch ablegen - während drei Nonnen in Baden-Baden weiter im Ornat unterrichten dürfen.

Soll ihr Kopftuch ablegen: die Stuttgarter Lehrerin Doris Graber. Bild: dpa

MANNHEIM taz Baden-Württemberg will weiter Nonnen im Ornat unterrichten lassen und gleichzeitig gegen kopftuchtragende muslimische Lehrerinnen vorgehen. Dies wurde gestern vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim deutlich. Verhandelt wurde über eine Weisung des Landes an die Lehrerin Doris Graber, sie solle künftig ohne Kopftuch unterrichten.

Graber arbeitet an einer Hauptschule in Stuttgart-Bad Canstatt. Die katholisch aufgewachsene Frau konvertierte 1994 zum Islam und trägt seitdem in der Schule eine Kopfbedeckung. Probleme gab es erst, als Baden-Württemberg die Ablehnung von Kopftüchern zum politischen Programm erhob.

Das Land beruft sich auf einen Passus im Schulgesetz, der Lehrern religiöse Bekundungen verbietet, die die Neutralität des Landes oder den Schulfrieden gefährden könnten. Das Gesetz war 2003 eingeführt worden. Im Sommer 2006 erzielte Doris Graber beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Teilerfolg. Das Land kann von ihr so lange nicht das Ablegen ihres Kopftuchs verlangen, wie es duldet, dass an einer Schule in Lichtental bei Baden-Baden drei Nonnen in Ordenskleidung unterrichten. Hiergegen ging das Land in Berufung, über die gestern verhandelt wurde.

Die Nonnen von Lichtental hatten schon im Landtag eine Rolle gespielt. Der Union war es wichtig, nicht gegen sie vorgehen zu müssen. Im Gesetz wurde deshalb eine Klausel eingefügt, dass die Darstellung christlicher Kulturwerte und Traditionen nicht dem Schulgesetz widerspricht.

Doch schon ein Jahr später stellte das Bundesverwaltungsgericht klar, dass die Ordenstracht keine bloße Tradition sei, sondern wie das Kopftuch eine Glaubensbekundung.

Gestern nun argumentierte das Land, es könne nicht gegen die Nonnen vorgehen, weil man vertraglich gebunden sei. Als die Klosterschule von Lichtental in staatliche Regie überging, habe man zugesagt, dass Lehrkräfte aus dem Orden weiter unterrichten können. "Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten", sagte Winfried Kluth, der Vertreter des Landes.

Der VGH scheint das Argument akzeptieren zu wollen. "Aus diesem Sonderfall kann man wohl kein systematisch gleichheitswidriges Vorgehen schließen", erklärte Georg Schefzik, der Vorsitzende Richter.

Überraschend brachte Schefzik nun aber die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung für Doris Graber ins Spiel, da die 58-Jährige über 30 Jahre "beanstandungsfrei" unterrichtet habe. "Das ist schon ein extremer Fall", so Schefzik.

Grabers Anwalt Knut Schnabel begrüßte den Vorschlag, der Landesvertreter warnte jedoch vor Rechtsunsicherheit. Das Urteil wird am kommenden Dienstag verkündet.

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3 Kommentare

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  • RM
    Reiner Moysich

    Verfassungswidriges Kopftuchverbot-Urteil

     

    Der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof bezieht sich bei seinem Urteil auf das Neutralitätsgebot. Neutralität bedeutet jedoch, dass bei religiösen Bekundungen keine Religion bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Aber genau dies macht das baden-württembergische Schulgesetz, da es einseitig den Islam benachteiligt, indem es gläubigen Lehrerinnen, die ihr Kopftuch allein aus religiösen Gründen tragen, verbietet, dieses für sie unentbehrliche Kopftuch zu tragen - andererseits jedoch z.B. christlichen Nonnen gestattet, mit ihrer viel auffälligeren Tracht zu unterrichten.

     

    Ich hoffe, die sehr kompetente und beliebte muslimische Lehrerin wird sich mit ihrem Rechtsanwalt an das Bundesverfassungsgericht (BVG) wenden, nachdem sie wahrscheinlich mit ihrer noch möglichen Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich Revision keinen Erfolg haben wird. Denn Ungleichbehandlung - egal welcher Art - ist ein typischer Fall für das BVG, besonders wenn es sich um einen so krassen Fall wie hier handelt.

     

    Für mich ist dieses Urteil einer fremden Religion gegenüber fremdenfeindlich. Das BVG sollte endlich die religionsfremdenfeindlichen Schulgesetze einiger Bundesländer verbieten und jegliche Ungleichbehandlung im Weltanschauungsbereich strikt untersagen.

     

    Sachgerecht und fair wäre allein die von vielen Experten geforderte Einzelfallentscheidung, bei der die Träger aller(!) Weltanschauungssymbole überprüft werden können, ob sie z.B. einer verfassungswidrigen Organisation angehören oder nicht (wer z.B. ein Kreuz trägt, kann Mitglied von "Scientology" oder "Ku Klux Klan" sein!). Nur die Einzelfallüberprüfung wird beiden Seiten gerecht: dem Recht auf Religions- (richtiger: Weltanschauungs-) Freiheit auf der einen und dem Recht auf möglichst ungefährdetes schulisches Unterrichten.

     

    Bezüglich Kopftuch sollte man sich an den zweifellos richtigen Spruch des früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, erinnern: "Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern nur, was in diesem Kopf vor sich geht?"

  • RM
    Reiner Moysich

    Verfassungswidriges Kopftuchverbot-Urteil

     

    Der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof bezieht sich bei seinem Urteil auf das Neutralitätsgebot. Neutralität bedeutet jedoch, dass bei religiösen Bekundungen keine Religion bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Aber genau dies macht das baden-württembergische Schulgesetz, da es einseitig den Islam benachteiligt, indem es gläubigen Lehrerinnen, die ihr Kopftuch allein aus religiösen Gründen tragen, verbietet, dieses für sie unentbehrliche Kopftuch zu tragen - andererseits jedoch z.B. christlichen Nonnen gestattet, mit ihrer viel auffälligeren Tracht zu unterrichten.

     

    Ich hoffe, die sehr kompetente und beliebte muslimische Lehrerin wird sich mit ihrem Rechtsanwalt an das Bundesverfassungsgericht (BVG) wenden, nachdem sie wahrscheinlich mit ihrer noch möglichen Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich Revision keinen Erfolg haben wird. Denn Ungleichbehandlung - egal welcher Art - ist ein typischer Fall für das BVG, besonders wenn es sich um einen so krassen Fall wie hier handelt.

     

    Für mich ist dieses Urteil einer fremden Religion gegenüber fremdenfeindlich. Das BVG sollte endlich die religionsfremdenfeindlichen Schulgesetze einiger Bundesländer verbieten und jegliche Ungleichbehandlung im Weltanschauungsbereich strikt untersagen.

     

    Sachgerecht und fair wäre allein die von vielen Experten geforderte Einzelfallentscheidung, bei der die Träger aller(!) Weltanschauungssymbole überprüft werden können, ob sie z.B. einer verfassungswidrigen Organisation angehören oder nicht (wer z.B. ein Kreuz trägt, kann Mitglied von "Scientology" oder "Ku Klux Klan" sein!). Nur die Einzelfallüberprüfung wird beiden Seiten gerecht: dem Recht auf Religions- (richtiger: Weltanschauungs-) Freiheit auf der einen und dem Recht auf möglichst ungefährdetes schulisches Unterrichten.

     

    Bezüglich Kopftuch sollte man sich an den zweifellos richtigen Spruch des früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, erinnern: "Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern nur, was in diesem Kopf vor sich geht?"

  • RM
    Reiner Moysich

    Verfassungswidriges Kopftuchverbot-Urteil

     

    Der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof bezieht sich bei seinem Urteil auf das Neutralitätsgebot. Neutralität bedeutet jedoch, dass bei religiösen Bekundungen keine Religion bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Aber genau dies macht das baden-württembergische Schulgesetz, da es einseitig den Islam benachteiligt, indem es gläubigen Lehrerinnen, die ihr Kopftuch allein aus religiösen Gründen tragen, verbietet, dieses für sie unentbehrliche Kopftuch zu tragen - andererseits jedoch z.B. christlichen Nonnen gestattet, mit ihrer viel auffälligeren Tracht zu unterrichten.

     

    Ich hoffe, die sehr kompetente und beliebte muslimische Lehrerin wird sich mit ihrem Rechtsanwalt an das Bundesverfassungsgericht (BVG) wenden, nachdem sie wahrscheinlich mit ihrer noch möglichen Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich Revision keinen Erfolg haben wird. Denn Ungleichbehandlung - egal welcher Art - ist ein typischer Fall für das BVG, besonders wenn es sich um einen so krassen Fall wie hier handelt.

     

    Für mich ist dieses Urteil einer fremden Religion gegenüber fremdenfeindlich. Das BVG sollte endlich die religionsfremdenfeindlichen Schulgesetze einiger Bundesländer verbieten und jegliche Ungleichbehandlung im Weltanschauungsbereich strikt untersagen.

     

    Sachgerecht und fair wäre allein die von vielen Experten geforderte Einzelfallentscheidung, bei der die Träger aller(!) Weltanschauungssymbole überprüft werden können, ob sie z.B. einer verfassungswidrigen Organisation angehören oder nicht (wer z.B. ein Kreuz trägt, kann Mitglied von "Scientology" oder "Ku Klux Klan" sein!). Nur die Einzelfallüberprüfung wird beiden Seiten gerecht: dem Recht auf Religions- (richtiger: Weltanschauungs-) Freiheit auf der einen und dem Recht auf möglichst ungefährdetes schulisches Unterrichten.

     

    Bezüglich Kopftuch sollte man sich an den zweifellos richtigen Spruch des früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, erinnern: "Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern nur, was in diesem Kopf vor sich geht?"