Vergewaltigungsfall in Freiburg: CDU-Landesinnenminister unter Druck
Thomas Strobl wollte sich zur Wahl als Bundesvizechef der CDU empfehlen. Sein Handeln im Vergewaltigungsfall macht das unwahrscheinlich.
Kretschmanns trockene Bemerkung bringt das unglückliche Bild, das sein Innenminister Thomas Strobl derzeit abgibt, ganz gut auf den Punkt. Der Innenminister muss sich dafür rechtfertigen, dass die Polizei in Freiburg den syrischen Hauptverdächtigen bei der Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen in Freiburg nicht früher festgenommen hat, obwohl bereits Tage vor der Tat ein Haftbefehl gegen ihn vorlag.
Der Fall der jungen Frau, die in einer Diskothek offenbar von einem Mann mit Drogen wehrlos gemacht wurde, und der sie danach in einem Wäldchen zusammen mit anderen über Stunden vergewaltigt haben soll, hat bundesweit für Aufsehen gesorgt.
Strobls Innenministerium rechtfertigte die verzögerte Festnahme zunächst mit „ermittlungstaktischen Gründen“. Bei einer Pressekonferenz erklärte die Polizei dann am Freitag, gegen den Mann sei wegen Drogen und eines weiteren möglichen Sexualdelikts verdeckt bereits ermittelt worden. Eine Festnahme mit Spezialkräften sei für den 23. Oktober geplant gewesen. „Dann haben uns die Ereignisse überholt“, sagte ein Ermittler vor der Presse.
Egal, ob man es für gerechtfertigt hält, der Polizei vorzuwerfen, dass sie die Gefährlichkeit des syrischen mutmaßlichen Haupttäters nicht vorher gesehen hat, oder nicht – Thomas Strobl ist in der Defensive. Die SPD-Generalsekretärin Luisa Boos sprach vom Innenminister als „Sicherheitsrisiko“. Und der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, forderte gar seinen Rücktritt. Denn die Behauptung, der Täter sei für die Polizei nicht anzutreffen gewesen, habe sich als „glatte Lüge“ herausgestellt.
Strobl muss für Klarheit sorgen
Auch der grüne Landesvorsitzende Oliver Hillenbrand kritisiert Strobl. Der Innenminister setze die falschen Prioritäten. Einerseits fordere er immer schärfere Gesetze, andererseits seien derzeit fast 20.000 Haftbefehle im Lande nicht vollstreckt. Darunter seien vor allem Haftbefehle von Ladendiebstählen und Schwarzfahrern, rechtfertigte sich der Innenminister.
Doch ein Widerspruch bleibt. Denn gleichzeitig macht sich das Land in Arbeitsgruppen Gedanken, wie man gegen auffällige Flüchtlinge vorgehen könne, die in einigen Kommunen für Unsicherheit sorgen. Nicht wenige unter ihnen dürften wohl zu den 20.000 Kleinkriminellen und Schwarzfahrern zählen, deren Haftbefehl nicht ausgeführt wird.
So wie Strobl in dem Freiburger Fall laviert, festigt er nicht gerade seine Position als entschlossener Innenpolitiker. Weder als Merkel-Vize in der Bundespartei, noch im Land, wo sich langsam seine innerparteilichen Konkurrenten für die Spitzenkandidatur in zweieinhalb Jahren warm laufen.
Dabei hatte Thomas Strobl das offenbar ganz anders geplant. Passend vor dem CDU-Bundesparteitag im Dezember wollte er sich mit einer weiteren Verschärfung des baden-württembergischen Polizeigesetzes für seine Wiederwahl als Bundesvizechef der CDU empfehlen. Seine Gesetzesnovelle sieht unter anderem die präventive Onlinedurchsuchung vor. Dabei war das Gesetz erst vor knapp einem Jahr angepasst worden – schon damals nur unter Schmerzen des grünen Koalitionspartners.
Doch jetzt muss der Innenminister erst einmal für Klarheit im Freiburger Fall sorgen. Er könne zur Stunde nicht erkennen, dass Fehler gemacht worden seien, sagte Strobl am Dienstag vor Journalisten. Aber die Vorgänge würden derzeit vom obersten Kriminalbeamten des Landes überprüft.
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