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Vergabe von SpenderorganenGrüne sehen Private bevorzugt

Kriegen Privatpatienten leichter ein Spenderorgan? Das glauben die Grünen, die Daten der Stiftung Eurotransplant genauer untersucht haben.

Krisengeschüttelt: Organspende in Deutschland. Bild: dpa

BERLIN taz | Werden privatversicherte Patienten bei der Vergabe von lebensrettenden Organen bevorzugt? Der Verdacht ist ungeheuerlich; jetzt deuten Zahlen darauf hin, dass er möglicherweise mehr sein könnte als eine Mutmaßung. Nach Berechnungen des grünen Bundestagsabgeordneten Harald Terpe lag der Anteil der Privatversicherten an allen Transplantationen zuletzt höher als ihr Anteil auf der Warteliste - „eine aufklärungsbedürftige Auffälligkeit“, so Terpe.

Terpe stützt seine Berechnungen auf Zahlen der Stiftung Eurotransplant. Diese verantwortet die Organvergabe in sieben europäischen Ländern. Laut Terpes Auswertung waren zuletzt 9,7 Prozent der Patienten, die auf eine Leber warteten, privat versichert. Der Anteil der Privatversicherten, die dann aber tatsächlich auch eine Leber erhielten, lag im Jahr 2011 mit 13,1 Prozent sehr viel höher. Ähnliche Unterschiede gab es bei den Herzen (9,5 Prozent Warteliste, 11 Prozent aller Transplantationen), den Lungen (6,9 zu 9,5 Prozent) und den Bauchspeicheldrüsen (2,6 zu 4 Prozent).

Auch bei den beschleunigten Verfahren, bei denen die Transplantationszentren ohne Beachtung der Warteliste entscheiden, welche Patienten sie transplantieren, waren Privatversicherte überrepräsentiert.

Mangelnde Datenlage

Das Problem an Terpes Auswertung: Sie ist wissenschaftlich unsauber. Eurotransplant nämlich hatte die Anteile von privat und gesetzlich Versicherten auf der Warteliste lediglich für den Monat August 2012 aufgelistet, und dies auch nur vom 1. bis zum 22. August. Für das Jahr 2011 fehlen entsprechende Daten. Die Momentaufnahme aus dem August 2012 verglich Terpe nun mit der Gesamtzahl aller tatsächlich an Privatpatienten vermittelten Organe - im Jahr 2011.

„Ein solcher Vergleich ist völlig aussagelos“, sagte der Gesundheitsökonom Friedrich Breyer der taz. Rückschlüsse auf etwaige Bevorteilungen könnten nur gezogen werden, wenn bekannt sei, wie viele Privatpatienten im Jahr 2011 offiziell auf ein Organ gewartet hätten, und wie viele Privatpatienten 2011 tatsächlich ein Organ bekommen hätten.

Der Medizinische Direktor von Eurotransplant, Axel Rahmel, war bisher für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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15 Kommentare

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  • F
    Friederike

    Wo ist mein Beitrag?

  • R
    rustdevil

    Schon vor 5 Jahren fielen Unstimmigkeiten bei der Vergabepraxis auf, die TAZ berichtete:

     

    http://taz.de/Ungerechtigkeit-bei-Organspenden/!9499/

     

    http://taz.de/Transplantationen-fuer-Privatpatienten/!9933/

     

    damals wie heute gab es eine unvollständige Datenbasis. Was bei mir den Verdacht aufkommen lässt, das bewusst Zahlen unter den Tisch "fallen".

     

    Bitte dranbleiben am Thema!

  • F
    Friederike

    Da braucht man doch die Grünen nicht für. Es ist schon ewig lange klar, das Privatpatienten bevorzugt werden, auch bei Krebsbehandlungen. In Deutschland endet alles nur noch in Schweinereien.

    Ich spende meine Organe nicht- und will auch keine fremden Organe. ( diese Option fehlt auch auf dem Ausweis, was bedeutet, wie unfähig die Macher sind )

    Schon allein- wie sie drauf lauern- sollte jedem zu denken geben und die Menschen sollten wieder lernen, dass das Leben nun einmal endlich ist.

  • C
    Copieur

    Hat man auch versucht herauszufinden, ob unter Spendern die Privatversicherte überrepresentiert sind? Wäre auch interessant. Die Spendenorganen werden eigentlich aus Halbtoten ("gehirntoten") genommen, z.B. Verkehrsunfallopfer die noch warm ins Krankenhaus geliefert werden. Die künstliche Belebung ist vielleicht bei besser getuchten Patienten wahrscheinlicher als bei Kassenversicherten. Oder vielleicht sterben sie gesunder [sic]? Das sind nur Hypothesen.

     

    Übrigens, was sind die Fehlergrenzen von den berichteten Zahlen? Ohne diese sind die Aussagen sehr vorsichtig zu interpretieren.

  • IP
    invertierter Peristaltik

    Die humane Verwurstung fing schon damals 1985 unter Seehofer, eigentlich seit dem die christliche Zentrumsbande das Land namens Deutschland betrat, umfangreich an. Die Klosterbrüder und ihr mittels Voodoo verabreichte Medizin.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Medizinger%C3%A4teverordnung

    Der im Wiki genannte Hintergrund ist nur ein Bruchteil der ganzen Wahrheit.

    Es wurden universitäre und normale Krankenhäuser inhaltlich gleich geschaltet.

    D.h. Organfledderei auch in normalen Krankenhäusern, Patienten wurden unwissentlich als Probanden der Pharmariesen benutzt etc.

    Sie wichen in die EU aus, wie z.B. Portugal und seine geheimen Kinderversuche deren Veröffentlichung durch Whistelblower Alfredo Pequito beinnahe mit seinem Leben bezahlte.

    Aktuell sterben für unsere Gesundheit in Indien hunderte Probanden.

    Weitere Fakten dank der guten Arbeit von und bei CBG z.B. Bayergate.

     

    Billige massenhafte selbstfinanzierte (Bafög - KfW)Ausbildung von unfähigen Ärzten die sich letztlich von der Industrie abhängig machen, dennoch GKV Gelder erhalten, kommt dazu. Dentisten besonders.

    Doppelt abkassieren macht immer Spaß, vor allem wenn man wie ein Igel zusammen gerollt Stacheln hat.

    Der lachende Dritte sind nicht die Banken, sie dürfen kein Kredit für die Person geben, die durch Basel-II(Eigenkapitalquote) fällt, demzufolge geraten Jungärzte in die Fänge von äußerst dubiosen Kreditgebern, Konsortien, meist durch ausländische Despoten, Diktatoren. Der kurze Weg über die Pharmariesen ist ebenso vorstellbar. Outgesourctes Personal namens billige Pillendreher, der moderne Klosterbruder.

    Ob diese Diktatoren an allen Formalien vorbei, Lebendorgane für deutsche Ärzte besorgen? Mehr Leichen aus dem Krankenhaus, als in diesem verstorben?

     

    Selbst in einer millionen Stadt gibt es maximal nur drei, vier Ärzte-Cliquen. Das stellen selbst die Gerichte fest, die verzweifelt unabhängige med. Gutachter ausserhalb der med. Mafia suchen.

     

    Das verkaufte Gesundheitssystem.

    Auch die DDR hatte Probleme mit Fachpersonal, der Mauerfall kam bisschen später. Das Spielchen wiederholt sich seit dem römisch dekadenten Reich und deren unfähigen pseudo Elite.

     

    Alle Politiker, egal welcher Partei aber auch Gewerkschaften und Medien haben das Desaster zu verantworten.

    Die Demokratie wurde großteils privatisiert und externalisiert, sie hat sich fast selbst enthauptet.

     

    Es ist eine Frechheit und Verachtung sondergleichen, wenn bestimmte Medien, Politiker von "Wutbürgern" schreiben und sprechen.

  • Y
    Yves

    Wenigstens ein kleiner Vorteil für mich Selbstständigen der sich privat versichern muss. Anderseits, manchmal denke es wäre besser früher zu sterben. Was würde mir das bringen mit neuen Organen länger zu leben? Mit dem bisschen Geld was ich habe kann man doch kaum leben...

  • Y
    Yorken

    Und wieder etwas was total unerwartet und übernaschend ist, Privat Patienten werden besser behandelt, die Rente ist im Eimer, und unter der Woche ist immer besseres Wetter als am Wochenende. Wer hätte das gedacht.

  • DB
    Dietmar Brach

    Wer ernsthaft glaubt, dass die kapitalistische Strukturen ausgerechnet bei einem solchen lukrativen Geschäft wie der Organspende außer Kraft gesetzt werden könnten, ist, um es milde auszudrücken, naiv. Alle Kontrollmechanismen, auch die künftigen, werden nicht verhindern, dass finanziell Starke hier bevorzugt werden. Es würde auch gar nicht zu unserem Land passen, bei dem Politiker selbst für das Existenzminimum eine Gegenleistung erwarten.

  • B
    Bastler4711

    Natürlich kommen zuerst die Politschmarotzer, dann die Spitzenbeamten und anschliessend der beamtete Kleinadel. Und wenn noch was da ist, vielleicht auch mal ein Staatsinsasse. Offensichtlich haben aber zuviel Staatsinsassen was abbekommen, sonst würde man nicht nach 'politischer Kontrolle' rufen.

  • M
    Max

    Mich würde auch interessieren, wie die Verhältnisse bei den Spendern sind, zwischen privat und gesetzlich Versicherten? Nicht das die gesetzlich Versicherten häufiger für tot erklärt werden, und bei den Privaten wird noch mal was Geld gemacht!

  • S
    SyStö

    Mich erstaunt immer wieder die Überraschung, die Dinge auslösen, die eigentlich jeder weiß oder zumindest ahnt. Privatpatienten werden bevorzugt. Punkt.

    In diesem Falle sehe ich das Problem nicht bei der Transplantationspraxis, sondern ganz allgemein in unserem Gesundheitssystem, wo man für mehr Geld mehr bekommt. Das wird sich erst ändern wenn wir ein faires Gesundheitssystem schaffen, in dem jeder Versicherte gleiche Leistungen für gleiches Honorar in Anspruch nimmt.

  • AC
    Andy C

    Die Bevorzugung von Privatpatienten findet sich täglich und ist von den Blockparteien gewollt.

     

    Beispiel:

     

    Letztes Jahr erklärten mir Mitarbeiter der Radiologie Starnberger See in der Oswaldstraße 1 im Kreiskrankenhaus Starnberg, dass Privatpatienten selbstverständlich hinsichtlich einer Terminvergabe gegenüber Kassenpatienten bevorzugt behandelt werden. Schließlich bezahlen diese ja auch dreimal so viel wie ich! Wenn mir dies nicht passt, könne ich ja woanders hingehen, denn bei uns gibt es ja - Gott sei Dank - freie Arztwahl. Der Inhaber der Praxis verteidigte diese Handhabung damit, dass diese Gepflogenheit überall anzutreffen sei und ich mich dem zu fügen hätte.

     

    Alle von mir angeschriebenen Stellen, ob Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Kassenärztliche Vereinigung oder AOK beurteilten das Vorgehen der Radiologie als "rechtens"! Von den im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien antwortete die CSU ausführlich mit Bedauern aber im Tenor wie oben. Die FDP schwafelte rum. SPD und Grüne blieben eine Antwort schuldig.

  • G
    Grünschnabel

    Tja, wat Wunder - die Klientelpartei FDP sorgt schon für Ihre Schäfchen ich hoffe, der Wähler" honoriert" das bei der nächsten Wahl.

    Warum soll auch ein normaler Steuerzahler länger leben, wo für ihn doch das Diktat de s sozialverträglichen Frühablebens besteht.

    Was hier und woanders weiter hilft ist ein

    GENERALSTREIK

  • EO
    Ein Organ

    Ich will einen neuen Wirt mit guter Prognose.

    Kann man es mir, dem Organ, verübeln, wenn ich nicht in

    so einen dahergelaufenen GK-Patienten transplantiert werden möchte?

    Die haben, seien wir mal ehrlich, auch nur eine begrenzte Lebenserwartung im Vergleich.

    Das weiß doch jedes Kind.

    Wohingegen es mir doch mit eine Privatpatienten weitaus besser geht.

    Die Ärzte, man muss die Tatsachen zur Abwechslung auch mal richtig herum darstellen, sind die einzigen die sich um den wirklich Geschädigten kümmern. Mich.

    Wer wird denn hier seiner gewohnten umgebung entrissen und in ein neues Habitat verpflanzt?

    Richtig, ich!

     

    Und dann wollt ihr Moralapostel dafür sorgen, dass ich anstatt eines Palastes eine Hütte bekomme.

     

    Ihr habt kein Herz für die Spende.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Ab sofort bin ich aus der Liste möglicher Organspender gestrichen. Eine andere Antwort gibt es nicht. Meine Organe sollen lieber zu Asche werden, als dass ich so ein betrügerisches System unterstütze.