Verfassungsreferendum in Ägypten: „Mein 'Nein' soll zu den Ersten zählen“
Früh haben sich bei der zweiten Runde der Abstimmung über eine neue Verfassung lange Schlangen vor den Wahllokalen gebildet. Beobachter erwarten, dass Mursis Plan gebilligt wird.
KAIRO dpa/dapd | Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Samstagmorgen in Ägypten die zweite und letzte Runde der Volksabstimmung über eine neue Verfassung begonnen. Das ägyptische Staatsfernsehen zeigte – wie schon zum Auftakt vor einer Woche – Warteschlangen vor den Wahllokalen.
Der Streit um den von Muslimbrüdern und Salafisten erarbeiteten Entwurf hat Ägypten tief gespalten. Die regierenden Islamisten um Präsident Mohammed Mursi haben die Menschen aufgefordert, für den Verfassungsentwurf zu stimmen. Die liberale Opposition ist dagegen. Sie sieht in dem Regelwerk den ersten Schritt in Richtung islamischen Gottesstaat.
„Ich bin früh gekommen, um sicher zu gehen, dass mein 'Nein' zu den ersten von Millionen heute zählt“, sagte der Wähler Mahmud Abdel Asis vor einem Wahllokal im Bezirk Dokki nahe Kairo. „Ich bin hier, um 'Nein' zu Mursi und seiner Muslimbruderschaft zu sagen.“ Die dreifache Mutter Sahar Mohamed Sakaria war anderer Meinung. Sie wolle Stabilität im Land und werde daher mit 'Ja' stimmen, sagte sie.
25 Millioen Wähler
In 10 der 27 ägyptischen Provinzen ist bereits abgestimmt worden. Nun sind die rund 25 Millionen Wähler in den restlichen Provinzen an der Reihe. Nach inoffiziellen Ergebnissen stimmten in der ersten Runde 56 Prozent für die Verfassung. Die Opposition beklagt allerdings, die Muslimbrüder hätten Wahlzettel gefälscht und Wähler bedrängt.
Erst am Freitag hatte es wieder gewalttätige Proteste gegen die Islamisten gegeben. Dabei waren in der Hafenstadt Alexandria Dutzende Menschen verletzt worden.
Beobachter erwarten, dass die Wähler den Verfassungsentwurf am Samstag billigen. Mit vorläufigen Ergebnissen der zweiten Runde des Verfassungsreferendums wird frühestens am späten Abend gerechnet. Vergangenen Samstag hatte bereits eine Hälfte des Landes abgestimmt, darunter auch die größten Provinzen Kairo und Alexandria. Vorläufigen Ergebnissen zufolge hatten sich dabei 56 Prozent für die Verfassung ausgesprochen.
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