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Verfall der Bremer WollkämmereiFotos einer Anklage

Die Ausstellung „Verlassene Räume“ in Blumenthal zeigt eindrucksvoll, worum sich Politik und Wirtschaftsförderer seit Jahren kaum kümmern.

Denkmal, Ruine, Ort der Erinnerung: Die Bremer Wollkämmerei Foto: Urban Explorer

BREMEN taz | Diese Ausstellung ist eine faszinierende Inszenierung von Niedergang und Verfall der Bremer Wollkämmerei. Und natürlich eine Dokumentation dessen, was von Blumenthals besseren Zeiten übrig geblieben ist. Vor allem aber ist die Ausstellung „Verlassene Räume“ eine Anklage gegen die Bremer Politik.

Einst war die Bremer Wollkämmerei ein Weltunternehmen der Textilbranche mit 5.000 MitarbeiterInnen und einem Gelände, größer als der Vatikan. 2009 machte die Firma endgültig dicht, zwei Jahre später kauften die Bremer Wirtschaftsförderer (WFB) das inzwischen weitgehend denkmalgeschützte Ensemble aus der Gründerzeit für drei Millionen Euro. Die Industriebrache hat ein „hohes Entwicklungspotenzial“, sagt die WFB, die immer noch auf Investoren – und Jobs – aus Industrie, Handwerk und Gewerbe hofft.

Manchmal trifft sich die hier Tuning-Szene

Entwickelt hat sich in den letzten Jahren hier vor allem der Verfall. Weiter hinten ist eine Tischlerei eingezogen, in zentraler Lage hat eine Lackiererei einen praktischen, aber hässlichen Neubau zwischen die alten Backsteinbauten gesetzt. Sogar Wollhandel gibt es hier immer noch. Und neben dem Heizkraftwerk arbeitet seit Längerem ein Müllentsorger. Ansonsten stehen die meisten Immobilien entlang der gut gepflegten historischen Achse noch immer leer. Am Wochenende trifft sich hier manchmal die Tuning-Szene und fährt Autorennen.

Acht Wochen lang durften Mattias Kleinekathöfer und Volker Scholz vom Team „Urban Explorer“ aus Bremen-Nord hier fotografieren, vor allem in all den leerstehende Gebäuden. Sie bleiben der Öffentlichkeit sonst verschlossen – weil alles andere zu gefährlich wäre. Eingeladen hat die beiden Fotografen Detlef Gorn, der hier mit einem Förderverein seit Jahren für ein Wollkämmerei-Museum kämpft. Bislang vergebens. Immerhin: Einen Audioguide gibt es schon, man kann ihn unter 089/210 833 421 106 anrufen und zuhören.

Einfach an die Wand gepinnt

Insgesamt 130 großformatige Fotos stellen Mattias Kleinekathöfer und Volker Scholz in Blumenthals Alter Bücherei aus, dicht an dicht hängen sie da, ohne Rahmen, einfach an die Wand gepinnt. Dabei inszenieren sie doch vielfach gerade die schiere Größe und Weite, der Fliegerhalle etwa, oder der ehemaligen Sortiererei und lassen sie ein bisschen wie leere Kathedralen erscheinen. Andere wiederum wirken, als sei der Mitarbeiter gerade erst aus dem Raum gegangen und käme gleich wieder.

„Die Räume sind nur scheinbar leer“, sagt Gorn, „denn sobald Leute davor stehen, die da gearbeitet haben, werden sie wieder mit Leben gefüllt.“ Er hat deshalb Egbert Baudis und Alfred Mühlberger eingeladen, zwei ehemalige Mitarbeiter der Wollkämmerei, die während der Öffnungszeiten vor Ort sind und Fragen der BesucherInnen beantworten. Außerdem kann man auf einem „Grabbeltisch“, wie Gorn ihn nennt, in historischen Fotos wühlen.

Fahler Beigeschmack

Sie zeigen dieselben Orte, als sie noch lebten. „Hier haben Leute gearbeitet, um ihre Familien zu ernähren“, sagt Gorn fast andächtig, und dass er keinen kenne, der sagt: „Das war ein Scheißjob.“ Und anders als auf dem Bremer Vulkan war es hier sogar im Winter warm, selbst während des Krieges.

Dass die Ausstellung in der alten Bücherei stattfindet, hat einen fahlen Beigeschmack. Die ehrenamtlich betriebene Stadtteilbibliothek muss nämlich aus ihrem Domizil in der Schule Lüder-Clüver-Straße ausziehen und darf auch nicht wieder hierhin zurück. Warum? Das wäre „sehr teuer“, findet die Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD). Es geht um 150.000 Euro, sagt Gorn. Und dass er sich von der Bremer Politik „verarscht“ fühlt.

Dienstag, 23. August, 14 bis 18 Uhr und Donnerstag, 25. August, 14 bis 19 Uhr, Landrat-Christians-Str. 109, Blumenthal

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1 Kommentar

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  • mit bremen-nord wird echt nur schindluder getrieben, dabei koennte es da sehr schoen sein.