piwik no script img

Verdoppelter Einsatz

■ Die ostdeutsche Chemieindustrie braucht weitere fünf Milliarden

Berlin (AP) – Für die noch nicht privatisierten Chemiebetriebe in Leuna, Bitterfeld und Wolfen will der Bund noch einmal fünf Milliarden Mark ausgeben. Die Treuhand-Nachfolgerin, die Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS), bestätigte gestern einen entsprechenden Bericht der Tageszeitung Die Welt. Die fünf Milliarden Mark sollen vor allem in die Infrastruktur der früheren Kombinate fließen. Hinzu kämen Mittel für Verlustausgleich und Investitionen potentieller Käufer.

Bis 1994 wurden bereits 5,4 Milliarden Mark aus dem Topf der Treuhand nach Bitterfeld, Leuna und Wolfen überwiesen. Die Treuhand hatte den Verkauf der ehemals 261 ostdeutschen Chemieunternehmen mit 180.000 Mitarbeitern bis Ende 1994 weitgehend abgeschlossen. Verantwortlich ist die BVS noch für 6.000 Arbeitnehmer in bisher unverkäuflichen Bereichen der Leuna GmbH, der Chemie GmbH Bitterfeld, der Orwo Filmfabrik Wolfen und dem Industriepark Zeitz.

Die Übernahme der in Abwicklung befindlichen Orwo durch eine Finanzgruppe um den Kronberger Kaufmann Uberoi ist offensichtlich gescheitert. Die BVS halte ihr Konzept, Röntgenfilme für den GUS-Markt zu produzieren, aufgrund schlechter Marktpreise für wirtschaftlich nicht realistisch, hieß es. Die BVS hoffe, durch Einstieg des Practica-Aufkäufers Heinrich Mandermann „die Marke Orwo zu erhalten“, sagte BVS-Vorstandsmitglied Peter Breitenstein. Auch das frühere Hydrierwerk in Zeitz mit noch 3.000 Beschäftigten ist in Gefahr.

In Bitterfeld wolle die BVS „nach vergeblichem Bemühen um eine komplexe Lösung“ Dienstleistungsbetriebe jetzt einzeln verkaufen. Für das Chlorgeschäft, dessen Erhalt jahrelang gefährdet gewesen sei, habe Breitenstein eine Garantieerklärung abgegeben. „Eine Deadline für die Privatisieriung setzen wir nicht“, sagte er. Die BVS verhandle seit 1994 mit einem malayisch-japanischen Konsortium über die Übernahme des Bereichs.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen