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Verbrauchertäuschung bei FerreroNutellas "illegale" Etiketten

Viele Vitamine und wenig Zucker. Wegen irreführender Nährwerttabellen auf Nutellagläsern ist Ferrero verurteilt worden. Tatsächlich liegt der Zuckeranteil bei 55 Prozent.

Lecker und gehaltvoll: Nutella. Bild: dpa

BERLIN taz | Zum wiederholten Mal fällt die Lebensmittelindustrie durch Verbrauchertäuschung bei der Nährwertkennzeichnung auf: Der Hersteller Ferrero habe die Tabellen auf seiner Nuss-Nougat-Creme Nutella irreführend gestaltet, urteilte nun das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. Sie könnten beim Durchschnittsverbraucher den falschen Eindruck erwecken, das Lebensmittel "enthalte nur wenig Fett und Zucker, jedoch viel Vitamine und Mineralstoffe", so die Richter.

Auch wenn das Etikett der Verordnung zur Nährwertkennzeichnung entspreche, sei es "irreführend" und damit illegal. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Die Debatte hat auch gesundheitspolitische Relevanz, weil viele Wissenschaftler den übermäßigen Konsum von Fett für Übergewicht verantwortlich machen. Zucker kann Zahnschäden verursachen. Wohl deshalb versucht Ferrero, herunterzuspielen, dass Nutella zu 55 Prozent aus Zucker und zu 31 Prozent aus Fett besteht.

Ferrero will in Revision gehen

Diesen Effekt haben jedenfalls dem Gericht zufolge die Tabellen auf den Etiketten. Sie geben unter anderem an, wie viel Prozent der empfohlenen Tagesmenge von Nährstoffen Nutella enthält. Für Fett und Zucker macht Ferrero die Angabe auf eine 15 Gramm schwere Portion bezogen.

Demnach liefert so eine Ration Nutella nur 7 Prozent der empfohlenen Tagesmenge Fett. Für Vitamine, Calcium, Magnesium und Eisen dagegen weist Ferrero die Daten auf 100 Gramm Nutella aus. Ergebnis: Diese Menge Nutella liefert zum Beispiel satte 78 Prozent des Vitamin-E-Bedarfs.

Ferrero kündigte an, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Ab Ende des Jahres werde die Firma aber alle Nährwertdaten "sowohl in 100 Gramm als auch pro Portion" angeben.

Auch andere Hersteller tricksen. So werden auf Keksen für Kinder die Richtwerte nicht auf Kinder bezogen, sondern auf Erwachsene. Bei der niedrigen Kilokalorien-Angabe auf einer 1-Liter-Limonadenflasche steht nur in winziger Schrift, dass sich die Zahl lediglich auf 100 Milliliter bezieht.

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14 Kommentare

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  • I
    ilmtalkelly

    Obwohl ich meinen Kindern seit eh und je nur das schon erwähnte Konkurrenzprodukt mit 45% Haseln. von A. rationiert auftische, nennen sie es Nutella. Das stimmt mich nachdenklich. Zu Besuch bei Schulfreunden gab´s auch schon den " Markenführer", den sie glatt tadelten. Das beruhigt wieder. Die Süsse von Nutella ist gefühlt doppelt so hoch.

    Was das Fett betrifft, so entstammt das schon bei einem guten Produkt zum großen Teil den Haselnüssen.

    Die Frage ist nicht ob, sondern wieviel, verehrte Zuckerphobiker und Kinderanesthesisten.

  • F
    Felix

    Nutella leistet einen wichtigen Beitrag zur Evolution unter den Menschen.

     

    Undisziplinierte Dumpfbacken, die jeden Müll in sich reinstopfen und Kinder von Eltern, die dumpf alles kaufen, was die Werbung ihnen sagt werden über lange Sicht von der Evolution durch schlechtere Reproduktionschancen und ernährungsbedingten Krankheiten aussortiert.

  • AF
    Andrea Fuchs

    @ der Nussige:

    als Mutter kann ich ca. 15 Minuten nach Verzehr genau sagen, ob in einem Produkt Zucker drin war: dann nämlich drehen meine Kinder total auf. Das mit dem Aufputschen ist also mehr als wahr. Funktioniert übrigens auch mit Trockenfrüchten etc., auch bio (und auch mit dem Konkurrenzprodukt mit 45% Haselnüssen, das bei uns im Schrank steht). Logische Schlußfolgerung: das ist kein Grundnahrunsmittel, sondern ein Genußmittel, das ich das für meine Kinder rationiere . Dazu braucht man kein Studium, das merkt man, und wenn man nicht total verblödet ist, füttert man seine Brut nicht im Unmaß mit dem Zeug.

  • A
    Anita

    @ der Nussige

     

    S*-N* von A*? Meine Lieblingszuckerbraunepampe!

  • Q
    quatsch

    Also wirklich, wer schaut sich denn die Tabelle im Ernst an und haelt sich an die Werte? Wer wirklich glaubt, dass Schokolade "gesund" und nahrhaft ist und das somit jeden Morgen mit Wonne in sich reinschaufelt, dem kann nicht mehr geholfen werden. Seinem Kind die Snack-Variante mit auf den Weg zu geben ist schon richtig schmerzhaft! Aber Zahnaerzte freuen sich immer ueber Patienten und so Loecher zahlen sich aus!!

  • W
    wilko

    55 ProzentZucker und 31 Prozent Fett... und dazu passend und konsequent die bilderunterschrift im artikel...

  • D
    dgds

    au na klar wer nutella ist ist warscheinlich so doof nicht zu merken das das zeugs babsüß ist. da brauch ich doch keine tabelle umzu merken das da tonnen an zucker drin sind.

  • K
    klömpi

    Seltsam - ausgerechnet unter einem Artikel zu schokoladigem Brotaufstrich muss ich die besten, witzigsten, bissigsten und objektivsten Leserkommentare seit Urzeiten lesen!

  • DN
    der Nussige

    Weißer Zucker schädigt nicht nur (definitiv) die Zähne, sondern hat in seiner dickmachenden Wirkung, zumindest in den USA, die des Fettes abgehängt. In Deutschland zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Im Schnitt hat raffinierter Zucker einen Anteil von ~50% an der gesamten Kalerienaufnahme. Noch vor ca. 100 Jahren waren dieses kurzkettigen Kohlenhydrate für unseren Darm nahezu unbekannt. Der Deutsche aß im Durchschnitt >1kg Kartoffeln am Tag (heute ~200g), also längerkettige und bei weitem langsamer verdauliche Kohlenhydrate mit viel höherem Ballaststoffanteil. Zudem legte er am Tag ~14km zurück (heute

  • JJ
    Jared J. Myers

    Kleine Glosse, passend zum Thema:

     

    http://www.dooyoo.de/brotaufstriche/nutella/381086/)

     

    Vorteile: Hoher Brennwert...

     

    Nachteile: ... in Gestalt von Zucker und Fett

     

     

    Neulich beklagte sich beim Frühstück mein elfjähriger Sprößling über meinen normalerweise gut sortierten Küchenschrank-Inhalt:"Was ist'n das für'n Haushalt, du hast ja noch nicht mal Nutella da!" - Ich entsann mich dunkel, vor dreißig Jahren selbst öfters darauf bestanden zu haben, bräunliche Klebe auf meinen Toasts vorzufinden. Später hatte ich mir den Konsum fester Nahrung zum Frühstück vollkommen zugunsten größerer Mengen tiefschwarzen Kaffees abgewöhnt, und dieser Gewohnheit fiel auch jede Form süßen Brotaufstrichs zum Opfer.

     

    Mein Sohn brachte mich also dazu, ein "Jubiläums-Glas 40 g extra" braunen Schmadder zu erwerben. Ausgestattet mit einem Stempel "Qualitätskontrolle" des renommierten Fresenius-Instituts und einem Etikettaufdruck, der geeignet ist, Winzer vom Schlage eines Monsieur de Rothschild vor Neid erblassen zu lassen: "Sonnengereifte Hochland-Haselnüsse ... vollaromatischer Kakao ... einzigartigen Geschmack ... besondere Qualität ... dankeschön".

     

    Das einzigartige Geschmackserlebnis, das mich beim ersten Verkosten dieses Grand Cru de Noisette-Nougat überkam: Klebrig-süß. Aroma: Süßlich. Bouquet: Zähneziehend süß. Nachgeschmack: Wie eine Mischung aus Saccharose, Distearinsäure-Palmitinsäure-Glycerintriester (Fett) und 2,4-Dimethyl-5-venylthiazol (Nuß-Aroma) sowie 2-Hydroxy-5-aldyl-phenylmethyläther (Vanillin, künstl.). Ein fettig-leimig-süßlicher Dunst mit einer entfernt an Persipan erinnernden Komponente kriecht nach dem Hinunterschlucken aus dem Speiseröhrenansatz zurück in den Nasen-Rachenraum und paralysiert sämtliche Papillen in Reichweite.

     

    Einem Großteil der in dieser Rubrik publizierten Meinungen ist zu entnehmen, daß der für Laien wie mich unappetitlich aussehende Absud zu allem Überdruß auch noch Sucht erzeugt. Nun läßt sich über Geschmäcker nicht streiten, erst recht nicht mit psychisch abhängigen Nutellisten, wenn man vermeiden will, einem Kalorienbombenanschlag zum Opfer z

    u fallen. Im Folgenden deshalb Fakten, Fakten, Fakten...

     

    Gemäß dem Motto, daß nur das draufsteht, was drin ist - hier ein Blick auf die Zutatenliste:

    "Zucker, pflanzliches Öl, Haselnüsse, fettarmer Kakao, 7,5% Magermilchpulver, Emulgator Lecithin, Vanillin."

    Also eine brennwertreduzierte Paste aus "fettarmem Kakao" und "MAGERmilchpulver"? - Mitnichten. Wer hundert Gramm ißt, verputzt dreißig Gramm reines FETT. Weitere 54 Gramm entfallen auf "Kohlenhydrate" - hier findet sich der Hauptbestandteil ZUCKER wieder sowie ein bißchen Stärke aus zu Schlamm zerquetschten Haselnüssen. Die Restmasse von 16 Gramm besteht tatsächlich aus 7 Gramm Eiweiß (ist in Nüssen und im Milchpulver) sowie etwas Wasser und Lecithin (ein den Fetten sehr ähnlicher Phosphorsäureester, der dazu dient, die Bildung von Ölpfützen an der Oberfläche der Schmiere so lange wie eben möglich zu vermeiden).

     

    Läppische 100 g (weniger als ¼ des 440 g leichten Extra-Jubiläums-Glas-Inhalts) bringen es auf 2.147 kJ bzw. 514 kcal Brennwert. Der Energieinhalt eines Jubiläumsglases reicht aus, um einen mittelgroßen Afrikanischen Elefantenbullen (6t Lebendgewicht) bei Windstille von Meereshöhe auf einen 160,5 m hohen Berg zu befördern oder ein Nutella-Jubiläums-Glas in einen 1500 km hohen Orbit um einen atmosphärelosen Planeten von Erdschwere zu schießen. Leider läßt sich die dem Nutella innewohnende Energie nicht schnell genug mobilisieren, um das Glas auf die hierfür nötige Fluchtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Eher vergrößert der schwerverdauliche Fettanteil den Ballast des Konsumentenkörpers, sofern dieser nicht regelmäßig Elefanten durch die Gegend schleppt.

     

    Ein Tip für den Hersteller: Zumindest eins Ihrer Produkte bieten Sie zur Schonung der Gesundheit Ihrer Kunden nicht das ganze Jahr über an. Es handelt sich um in einer harttalgähnlichen Fett-Zucker-Mischung gekapselte klebrig-harzige, in tranigem Fusel schwimmende Klümpchen organis

    cher Substanz angeblich pflanzlichen Ursprungs mit dem Namen "Mein Teuerster". Da böte sich doch für den Zuckerfettkleister namens "Nutella" folgende Lösung an:

    "Liebe treue Kundschaft! Aus Gründen der Qualitätssicherung geht unser betagtes "nutella" ab heute in die endgültige und wohlverdiente Ganzjahrespause. Die freiwerdende Produktionskapazität wird zur Herstellung der allseits beliebten Megajoule-Granaten 'Rocher' und 'Raffaello' genutzt. Ihre Ferrero AG, Frankfurt".

     

    Dann hätten wir was zum Knuspern!

  • K
    Kommentator

    Gut zu wissen.

     

    Dann schaufele ich künftig abends vor der Glotze nach dem antibiotika- und hormongesättigten Masthühnchen besser Honig in mich rein.

    Soll auch wenig Fett haben.

     

    Man lernt nie aus...

  • P
    Pommesgabel

    Und als wäre diese Verbrauchertäuschung nicht schon schlimm genug, lässt Ferrero auch noch Kinder für die Herstellung der Rohstoffe arbeiten (insbesondere Schoko und Haselnüsse). Zu sehen unter anderem hier: http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=8047810

  • B
    BiBo

    Zitat: "Die Debatte hat auch gesundheitspolitische Relevanz, weil der übermäßige Konsum von Fett von vielen Wissenschaftlern für Übergewicht verantwortlich gemacht wird. Zucker kann Zahnschäden verursachen"

     

    Oh gott! Scheiße.

     

    Wo ist denn eigentlich der gesunde Menschenverstand geblieben? Die oben dargestellten Probleme gesundheitspolitischer Natur lernt man schon bei Mama, beim Zahnarzt oder auch im Kindergarten.

  • R
    redlin

    Deswegen gibt es ja auch keine Ampel, und so unterstützt Frau Aigner diesen organisierten Betrug. Das ganze heisst dann Verbraucherschutz.