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VerbraucherschutzSchufa muss Geheimdaten rausrücken

Ab Donnerstag darf jeder Verbraucher Daten über sich abrufen, die von Auskunfteien wie Schufa oder Creditreform gespeichert worden sind. Das soll mehr Licht ins dunkle Scoring-System bringen.

Weiß, wo du wohnst, was du kaufst und wem du wie viel schuldest: die Schufa. Bild: dpa

BERLIN apn | Ab 1. April soll Schluss sein mit der jahrelangen Geheimniskrämerei von Auskunfteien wie Schufa, Creditreform, Infoscore und anderen. Verbraucher haben jetzt das Recht, einmal pro Jahr gratis alle über sich gespeicherten Daten abzurufen - und damit zu erfahren, warum etwa ein Handy-Vertrag aus heiterem Himmel abgelehnt wurde, obwohl man gar keine Schulden hat.

Die Neuregelung des Bundesdatenschutzgesetzes zwingt Unternehmen wie die Schufa, erstmals auch Licht ins Dunkel des streng gehüteten und heftig umstrittenen Scoring-Systems zu bringen. Diese Geheimdaten entscheiden darüber mit, inwieweit Millionen Bürger kreditwürdig sind."Leute, nutzt die neue Auskunftsmöglichkeit und ruft die eigenen Daten präventiv ab", ermuntert Sylvia Beckerle, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, zum Handeln.

Erfahrungsgemäß seien viele der gesammelten Einzeldaten nicht korrekt. Mögliche Folge: Ein Verbraucher rutscht in einen schlechten Score, also in ein schlechteres Licht, wenn es um die Vergabe von Bankkrediten, um Leasingverträge und anderes geht. Darlehen können dann empfindlich teurer werden. Oder das Versandhaus liefert nur noch per Nachnahme.

Wer falsche Einträge über sich findet, kann Korrektur verlangen und bestenfalls auch Einfluss auf eine bessere Einstufung nehmen, wie Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) erläutert.

Die bekannteste Auskunftei in Deutschland ist die Schufa, die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, in Wiesbaden. Allein dieses Unternehmen sammelt und verwaltet Daten über die Zahlungskraft von rund 65 Millionen Bürgern. Kaum jemand, der nicht erfasst ist. Jede Girokonto-Eröffnung wird an die Schufa gemeldet, kein Geld- oder Warenkredit bleibt unbemerkt. Über www.meineschufa.de soll man Einsicht in diese Daten erhalten.

Die Schufa weiß, ob Kunden eine EC- oder Kreditkarte haben, einen Telefonvertrag, Raten- oder Immobilienkredite. Sie weiß, wie hoch die Schulden sind, ob sie ordentlich abbezahlt werden, ob Mahnverfahren laufen, eine Privatinsolvenz oder gar ein Haftbefehl ansteht. Aus den über 370 Millionen Einzeldaten der Bürger werden seit 1996 Punktwerte errechnet, die Scores. Je besser der Wert von 1 bis 1.000, desto kreditwürdiger der Kunde. Sowohl die gesammelten Daten als auch die statistisch berechneten Score-Punkte werden dann weiterverkauft. Abnehmer sind Unternehmen, die die Zahlungskraft ihrer Kundschaft einschätzen wollen und bei Geschäften in Vorleistung gehen. Dazu gehören neben Kreditinstituten Mobilfunkfirmen, Autovermieter, Onlinehändler, Versand- oder Einzelhändler.

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20 Kommentare

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  • HL
    Herr leopold

    Aber es interessiert anscheinend den Bürger extrem weil www.schufa.de zur Zeit nicht erreichbar ist, oder die haben einfach die Seite deaktiviert...

  • J
    joph

    Jeder sollte seine eigenen Daten jederzeit selbst abrufen können. Unentgeltlich.

    Eine Entschädigung für fehlerhafte Daten wäre angebracht. Die können ja dann die Tilgung des nächsten Kredits übernehmen.

     

     

    MfG Jens/joph

  • T
    Tomate

    @ Gero: tausend Dank für die beiden Links!

     

    Habe mir von dort gleich

     

    - alle 6 Vordrucke des Bundesamtes an die wichtigen Auskunfteien runtergeladen,

    - die Formularfelder in einem der Vordrucke mit PDF-XChange Viewer (Freeware) ausgefüllt (Funktion: Textfeld-Werkzeug) und jeweils auf die anderen 5 rüberkopiert,

    - die 6 Anschreiben ausgedruckt und

    - die Umschläge beschriftet.

     

    Ging ruckzuck. Morgen gehe ich dann los,

     

    - kopiere meinen Personalausweis 6mal, setze mich 10 Minuten ins Postamt und

    - schwärze mit Edding alle Angaben in den Ausweiskopien ein, die die Auskunfteien nichts angehen (laut Anweisung in den Vordrucken); und dann

    - gehen die 6 Anschreiben mit den Ausweiskopien eingetütet als Einwurfeinschreiben ab.

     

    Dies sozusagen als kleiner Ablaufplan für andere: man hat das in einer Stunde erledigt, und dann weiß man endlich, wer was über einen wissen wollte, und was er dabei erfahren konnte. Das kann bei manchem eine interessante Lektüre werden!

     

    Diesen Artikel und Geros Links werde ich ins Unterschriftenfeld meiner Foren-Accounts kopieren, damit auch andere auf den Spaß kommen :)

  • S
    Stefan

    @gretchen und co

     

    www.meineschufa.de

     

    Einfach unten auf "einmalig per Post" klicken und man kommt zu einem Antrag (als pdf), welchen man ausfüllen und mit einer Kopie des Personalausweises an die Schufa schicken kann. Habe es aber selbst noch nicht getestet.

     

    mfg

  • T
    Tomate

    Hi! Einen habe ich noch zum Nachfragen: amazon.de! Da habe ich letztens herausgefunden, dass es nicht nur Bewertungen der "market place"-Verkäufer durch die Käufer, sondern auch umgekehrt *** Käufer-Bewertungen durch die Verkäufer *** gibt. Aber die kann man als Kunde offenbar nirgendwo einsehen! Habe dann über die Hilfe-Seiten und letztlich auch mit ca. drei Anrufen bei der amazon-Hotline versucht, mir Zugang zu meiner Bewertung zu verschaffen. Zuerst hieß es an der Hotline, diese Bewertungen gebe es gar nicht -> Hinweis meinerseits auf den amazon-online-Text, wo das erwähnt wird (http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=14713351#leave). "Hm, hm, tatsächlich..." -> "Leider kann ich Ihnen nicht sagen, wo man da nachsehen kann." Ich weise darauf hin, dass sich das datenschutzrechtlich aber nicht gut machen würde, und ich das auf jeden Fall weiterverfolgen werde -> "Hm, hm ... Ich vermerke mir das, und demnächst wird sich da mal ein Kollege an Sie wenden." Trotz späteren Nachhakens meinerseits kam dann aber nichts mehr - außer einem obskuren Anruf drei Tage später von einer bayerischen Nummer, die bei Rückruf "nicht vergeben" war.

     

    Falls hier jemand schon mal Auskunft bekommen hat, würde ich mich freuen zu erfahren, wie er/sie das hingekriegt hat - dankeschön!

  • FR
    Florida Rolf

    ich muss da bei denen noch was ergänzen, wenn die eh schon alle daten haben.

    1) wie oft ornaniere ich, weil s3x mit ne anderen person ist ja aufgrund sozialen status vorbei...

    2) wann steh ich in der nacht so auf, weil tachsüber ist ja fernsehn angesagt.

    3) mein iq

     

    die solln alles wissen-weil lieber nach aktenlage fertig gemacht, als dass das der realität entspricht. denn mein geld das ich nicht hab ist mir zu teuer um es auszugeben.

  • G
    gretchen

    so, liebe taz, und WIE komme ich nun an meine daten heran? wo und bei wem? bitte kurz nachbessern!

  • G
    Gero

    Die Website des Bundesbeauftragten für Datenschutz enthält eine Pressemitteilung samt Links zu Abfrageformularen für die gängigsten Auskunfteien:

     

    http://www.bfdi.bund.de/cln_136/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2010/15_NovelleAuskunfteien.html

     

    Details zu den neuen Regelungen:

    http://www.bfdi.bund.de/cln_136/DE/Themen/WirtschaftUndFinanzen/VerbrSchutzAuskunfteien/Artikel/AuskunfteienNeueReglungen.html?nn=408908

  • KO
    Kalt Othmar

    Hätte gerne erfahren wer alles in die Schufa von fremden Personen reinschauen darf.

    Nach meinem Kenntnisstand: Banken, Anwälte, Gerichte, Polizei.

     

    Hätte mir einen Mietnomaden und 6000,- Euro Schaden

    sparen können, wenn die Medien früher von der Möglichkeit der Schufa-Abfrage / Selbstauskunft mal berichtet hätten.

    Für die GEZ Gebühren erhält man auch nur noch Trash wie "Feuchtgebiete". Ich Informationsportale wie WISO etc. bieten nicht wirklich gute Informationen.

  • NN
    @ Nico

    Die Auskunft kann auch häufiger verlangt werden. So man denn weiß, wer die Daten speichert. Bei der Unentgeltlichkeit waren unsere Lobbyisten-Politiker über alle Parteiengrenzen hinweg wieder mal zu feige und haben eine Einschränkung gesetzlich verankert:

     

    § 34 Abs. 5 BDSG "Die Auskunft ist unentgeltlich. Werden die personenbezogenen Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung gespeichert, kann jedoch ein Entgelt verlangt werden, wenn der Betroffene die Auskunft gegenüber Dritten zu wirtschaftlichen Zwecken nutzen kann."

     

    Die Betonuntg liegt hier auf "kann". Da dies auf fast alle Auskünfte zutrifft, verlangt die Schufa auch immer Geld.

     

    Da schweigt übrigens auch unser Bundesdatenschutzbeauftragter, der sonst zu jedem Müll seinen Senf dazugibt. Das wird schon seinen Grund haben.

  • C
    Christian

    Klingt nach Aprilscherz - zu schön um wahr zu sein.

  • T
    Tom

    Es ist schon erstaunlich, dass man in der BRD dazu ein Gesetz benötigt, um über seine "Finanz-Vita" Auskunft zu erhalten.

     

    Dies sind eigentlich Ansprüche eines Bürgers, die aus sich heraus durchsetzbar sein müssten.

     

    Leider sind auch Richter in der BRD obrigkeitsstaatlich sozialisiert und nicht bürgerlich.

     

    Wann wird die BRD auch in anderen Bereichen eine demokratische Gesellschaft ?

     

    Noch einmal über 50 Jahre warten bis sich etwas ändert.

     

    Richter müssen vermehrt Rechte aus dem GG herausarbeiten und diesen unsäglichen Art. 33 GG beschränken.

  • RD
    Richard Detzer

    Ich habe auch mal Geld überwiesen für eine Auskunft. Nie etwas gehört. Meines Wissens existiert die Firma nicht. Wahrscheinlich eine Briefkastenfirma, die falsche Daten erhebt und lediglich Geld einstreicht. Das ist meine Erfahrung. Ich glaube, das gehört weg.

  • N
    Nico

    Warum darf ich meine Daten nur einmal jährlich kostenlos erfragen? Hier hätte gleich richtig nachgebessert werden müssen. Es muss dem Betroffenen jederzeit möglich sein die über ihn erfassten Daten unentgeltlich zu erfragen.

  • S
    Stefan

    Also bei mir wird das Score nicht in Punkten sondern in Prozent angezeigt.

  • JG
    Jürgen Gross

    Den Artikel finde ich gut, aber ich finde es unerträglich, dass es keine Artikel mehr gibt, die die Mickey-Maus Sprache nicht verwenden. Dadurch wird der Artikel weder intelligenter noch jugendlicher. Im Grunde genommen zeugt es von einem Autor, der sich wie ein ferngesteuerter Lemming verhält. Weil alle das tun muss ich auch in dieselbe Kerbe schlagen. Wortkonstruktionen, die nur eins zum Ziel haben, indirekt Eigenschaften Personen oder Dinge zu zuschreiben, die diese nicht besitzen.

  • HK
    Hollkott Klaus

    Es wäre doch ganz nützlich in so einem Bericht auch etwas über das Procedere zu erfahren wo? und wie?

    man an seine Daten gelangen kann.

    Vielleicht läßt sich dies ja noch in einem gesonderten Artikel nochholen.

  • T
    Tomate

    Sehr interessant zu wissen, auch angesichts des zitierten guten Ratschlags. Aber wie? Auch der Modus dieser Auskunftsberechtigung ist doch ein wichtiger Teil der ganzen Änderung. Liebe taz, bitte um einen kurzen Hinweis!

  • D
    Danke

    Eine Anleitung / Linksammlung, wo man sich hin wenden muss oder ähnliches, wäre als Ergänzung zum Artikel sehr gut gewesen.

  • S
    schlegel

    Mit der neuen Regelung werden die Verbraucher nur für dumm verkauft. Was fehlt sind:

     

    1. Sanktionen, wenn die Schufa Daten falsch abspeichert. Das ist nämlich das Hauptproblem. So kann die Schufa rumpfuschen und braucht nichts zu fürchten. Der Verbraucher muss dankbar sein, wenn die Fehler korrigiert werden.

     

    2. Eine bessere Kontrolle wer abfragt. Im Augenblick machen auch zweifelhafte Unternehmen davon Gebrauch (wie z.B. Inkassobüros), ohne dass die datenschutzrechtlichen Erfordernisse vorliegen. Sanktionsmöglichkeiten? Keine!

     

    Wer glaubt, die datenschutzrechtliche Gefahr liegt beim Staat, der irrt. Nur an die Schufa traut sich keiner ran - auch nicht Grüne und Linke.